Die Sportwissenschaftlerin und Kunstradfahrerin Sibille Abel vom AC Weinheim ist ein Multitalent. Hier ist sie bei einer Tour durch das Karwendelgebirge auf dem Rad unterwegs – ganz freizeitmäßig. Foto: privat
Von Marion Gottlob
Weinheim. Wäre das Leben in diesem Frühjahr seinen gewohnten Gang gegangen, hätte Sibille Abel wieder für ihr Team in die Pedale getreten. So wie beim Stadtradeln 2019, als sie die beste Radlerin mit wurde – mit 1057,5 Kilometern. Die Sportwissenschaftlerin des Athletik-Clubs (AC) Weinheim lächelt: "Das Radfahren mit der Bewegung an der frischen Luft wirkt sich auf Körper und Seele aus. Das ist elementar wichtig. Und ich kann mir das Auto sparen."
Sibille Abel ist eine Mehrfach-Begabung: Sie macht nicht nur selbst Sport, sondern sie kann andere Menschen für Sport begeistern und dabei anleiten. Das gilt für Hobby-Sportler genauso wie für Menschen, die nach einer Verletzung oder Erkrankung mithilfe des Sports in die Normalität zurückkehren. Sie berät aber auch Interessierte, die sich sportliche Ziele gesetzt haben. Sie sagt: "Diese Ansätze sind in anderen Ländern schon weiter verbreitet. In Deutschland sind wir auf einem guten Weg."
Sibille Abel. Foto: privatSibille Abel ist in Heidelberg geboren, aber in Weinheim aufgewachsen. Mit sechs Jahren war sie im Schwimmverein in Hohensachsen aktiv. Sie tanzte jahrelang im Ballett: "Das beeinflusst die Körperhaltung und das Körpergefühl." Mit sieben Jahren beobachtete sie bei einem Familien-Ausflug einen Wettkampf, der auf dem Kunstrad ausgetragen wurde. "Das will ich auch", sagte sie. Das Mädchen hatte Glück, denn in Weinheim gab es die Gelegenheit dazu. Sie übte, auf dem Sattel zu stehen, rückwärts zu fahren oder auf dem Hinterrad. "Das hat mich gefordert. Es war etwas, was viele nicht können."
Nach dem Abitur folgte ein Studium der Sportwissenschaft mit den Nebenfächern Rehabilitation, Prävention und Erziehungswissenschaft mit dem Magister-Abschluss an der Universität Heidelberg. Es war genau das, was sie sich gewünscht hatte: Sie konnte Sport treiben und beschäftigte sich gleichzeitig mit der Theorie. In den Semesterferien war sie als Sport-Animateurin in Ferienklubs in der Türkei, auf Fuerteventura oder in Andalusien unterwegs: "Es war anstrengend, aber ich habe viel ausprobiert und zahlreiche Erfahrungen mit Kindern gesammelt."
Das Leben von Sibille Abel ist von der sportlichen Vielfalt bestimmt: Nach dem Studium wurde sie Übungsleiterin im "Kinder- und Jugendcircus Mikado" in Leimen. Schon als Jugendliche hatte sie mitgemacht, nun betreute sie mit Gründer Marcus Kohne Projekte in Schulen. Sie sagt: "Jedes Kind hat Talent für Zirkus, man muss es nur entdecken."
Einige Kinder jonglieren gerne, andere lieben Akrobatik, wieder andere wollen Clown oder Raubtier sein. Sibille Abel betont: "Jedes Kind kann seinen Platz finden." Später war das Multitalent bei Daimler in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Anschließend baute sie mit einem Fachmann für Betriebswirtschaft ein Fitnessstudio auf. "Wir starteten mit Gruppen im Hinterhof." Aus bescheidenen Anfängen wurde ein Sportstudio mit mehreren Trainingsräumen und regem Betrieb.
Seit 2017 ist die fünffache badische Meisterin im Zweier-Kunstradfahren – die Sportler fahren dabei synchron oder manchmal auch zu zweit auf einem Rad – und Sportwissenschaftlerin beim AC Weinheim mit seinen mehreren Tausend Mitgliedern. "Ich kann meine vielfältigen Erfahrungen einbringen."
All die Zeit war sie immer mit dem Fahrrad unterwegs. Auf einem Rennrad begann sie ein gezieltes Training mit oft mehr als 100 Kilometern pro Tag. Gleichzeitig trainierte sie das Laufen. Sie lächelt, wenn sie sich an ihre erste Teilnahme an einem Altstadtlauf in Weinheim erinnert: "Ich war Grundschülerin, der erste Lauf war einen Kilometer lang."
Seit einigen Jahren bündelt sie diese Talente im Laufen, Radfahren und Schwimmen und nimmt an Triathlon-Wettbewerben teil, zum Beispiel in Viernheim und Ladenburg. "Wenn man ins Ziel einläuft, ist man zwar müde. Aber das Gefühl des Glücks, es geschafft zu haben, überwiegt die Erschöpfung." Für Juli hat sie einen Langdistanz-Triathlon mit Ironman-Distanz geplant – sofern die Lage es zulässt.
Da man noch alleine im Wald unterwegs sein darf, läuft sie fast täglich oder fährt Rad: "Ich bin es gewöhnt, alleine zu trainieren." Trotzdem freut sie sich auf die Tage, wenn das Leben wieder in Gang kommt. Sie sagt: "Eigentlich kann fast jeder bei gutem Wetter das Auto stehenlassen und manches mit dem Rad erledigen."