Weinheim

Gottesdienste wieder ab 10. Mai mit Gesangsverbot

Es wird stiller in den Gotteshäusern - Abgezählte Plätze

01.05.2020 UPDATE: 03.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Körbe für Kollekten werden in den Kirchen (hier St. Laurentius) nur am Ausgang stehen. Foto: Dorn

Von Diana Deutsch

Weinheim. Es waren acht Wochen, 56 lange Tage und das wohl stillste Osterfest aller Zeiten. Doch jetzt geht die liturgische Durststrecke zu Ende. Ab Sonntag, 10. Mai, werden in Weinheim wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte lautet: Die Gemeinden dürfen vorläufig nicht singen. Weil dadurch Tröpfchen in der Luft verteilt werden, sagen die Virologen.

Monika Lehmann-Etzelmüller, die Dekanin des Kirchenbezirks Ladenburg-Weinheim, ist über diese Auflage sehr unglücklich. "Schon Martin Luther hat gesagt: Wer singt, betet doppelt", gibt die Dekanin zu bedenken. "Für evangelische Gottesdienste ist das Gesangsverbot eine äußerst schmerzhafte Einschränkung."

Dafür herrscht keine Maskenpflicht im Kirchenraum. Masken werden lediglich empfohlen. Auch eine zahlenmäßige Obergrenze für Gottesdienstteilnehmer gibt es nicht. Weil man sie nicht braucht. Auch die größte Weinheimer Kirche wird künftig kaum mehr als 50 Gläubige fassen, wenn der Mindestabstand von 1,50 Meter in allen Richtungen eingehalten wird. Bestuhlte Kirchenräume sind da klar im Vorteil gegenüber solchen mit festen Bänken.

"Wir werden alle Plätze klar markieren und durchzählen", verspricht Monika Lehmann-Etzelmüller. In kleineren Kirchen wird man sich wohl für den Gottesdienst im Pfarrbüro anmelden müssen. "Bei größeren genügt es wahrscheinlich, wenn am Eingang jemand steht und mitzählt." Eventuell wird es sogar Platzanweiser geben. Viele neue Aufgaben für die Ältesten.

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Am Eingang steht künftig Desinfektionsmittel für die Hände, Abendmahl wird bis auf Weiteres nicht gefeiert. "Das ist theologisch auch nicht zwingend notwendig", findet die Dekanin. Gesetzlich vorgeschrieben hingegen sind getrennte Ein- und Ausgänge, damit sich die Gläubigen nicht drängeln müssen. "Wir haben das in all unseren Kirche durchprobiert", versichert Monika Lehmann-Etzelmüller.

Auch in der Markuskirche wird es getrennte Ein- und Ausgänge geben. Foto: Dorn

Selbst im kleinsten Gotteshaus könne man diese Auflage erfüllen. "Zur Not muss man eben durch die Sakristei nach Hause gehen." Erfindungsreichtum ist gefragt in den Tagen der Krise. Die Badische Landeskirche empfiehlt denn auch Freiluftgottesdienste. Weil die Ansteckungsgefahr an der frischen Luft geringer ist. Und wer weiß, vielleicht darf man draußen auch bald wieder singen.

Für die katholische Kirche ist die Feier von Gottesdiensten mit Abstand schwieriger zu organisieren. Weil sie auf die Eucharistie keinesfalls verzichten kann. Joachim Dauer, Leiter der Seelsorgeeinheit Weinheim-Hirschberg, hat derzeit noch keine Richtlinien von der Erzdiözese Freiburg erhalten, wie am 10. Mai Gottesdienst gefeiert werden soll. "Anfang kommender Woche weiß ich sicher mehr."

Allerdings gibt es bereits ein Papier der Deutschen Bischofskonferenz, an dem sich die Diözesen sicher orientieren werden. Dringend empfohlen wird, "alle Laufwege in den Kirchen als Einbahnwege zu markieren". Das bezieht sich auf den Empfang der Kommunion. Der Priester, so schlägt die Bischofskonferenz vor, desinfiziert sich vor der Gabenbereitung die Hände.

Danach fasst niemand anderes mehr die Hostienschale an. Während der Wandlung bleiben die Hostien mit einem Tuch bedeckt, um sie vor Tröpfchen zu schützen. Die Kommunion wird stumm ausgeteilt, die gewandelten Hostien entweder mit einer Zange gereicht oder mit Einweghandschuhe.

Die Körbe für die Kollekte stehen künftig in den Kirchen beider Konfessionen nur noch am Ausgang. Der Friedensgruß entfällt. Gesangbücher werden keine mehr ausgelegt.

"Bis jetzt haben wir gedacht, wir müssen lediglich eine besondere Situation überbrücken", sinniert Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller. "Jetzt gehen wir auf die Langstrecke." In Weinheim wolle man vorsichtig, aber beständig kleine weitere Schritte der Lockerung ausprobieren. Denn die Krise macht ja auch kreativ.

"Unsere digitalen Gottesdienstformate sind so gut angenommen worden. Wir werden sie auf jeden Fall weiter aufrecht erhalten", verspricht Lehmann-Etzelmüller. Und wenn sich herausstellen sollte, dass die Sonntagsgottesdienste "überbucht" sind, könne man ja auch an Werktagen Gottesdienste anbieten. "Das kann sehr attraktiv sein als Einschnitt in die Woche."

Joachim Dauer brennt derzeit vor allem ein Wunsch in der Seele: "Dass wir möglichst bald Erstkommunion feiern können." In ganz reduzierter Form. Nur die Kommunionskinder und ihre Kernfamilien. "Sie haben sich so lange auf ihren großen Tag vorbereitet und mussten dann verzichten."

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