Lässig schultert der Großsachsener Stefan Schlegel sein Fahrrad. Das ist übrigens keinesfalls so schwer, wie es aussieht. Die RNZ-Redakteurin hat es selbst ausprobiert. F: Kreutzer
Von Annette Steininger
Hirschberg. Bei dem Ausnahmeradsportler Stefan Schlegel war im vergangenen Jahr so einiges los: Er hat geheiratet, ist Vater geworden und mit seiner kleinen Familie innerhalb von Hirschberg-Großsachsen umgezogen. Kein Wunder also, dass nicht viel Zeit zum Trainieren blieb: "Ich bin übers ganze Jahr verteilt vielleicht 13 Stunden gefahren. Das fahre ich sonst an einem Tag", seufzt der 41-Jährige. Zwar hat er sich über die vielen schönen Ereignisse in seinem Leben gefreut, aber den Sport hat er schon schmerzlich vermisst. Als Personal Trainer betreibt er ihn auch nicht aktiv, sondern weist eher an.
Höchste Zeit also für ihn, den Radsport wieder aufzunehmen. Neben kleineren Wettkämpfen, an denen er nächstes Jahr teilnehmen wird, hat sich Schlegel für 2019 ein Großprojekt vorgenommen. Er will wieder am "Race Across America" teilnehmen, dem härtesten Ausdauerradrennen der Welt. Dabei müssen 4800 Kilometer von der West- bis zur Ostküste der Vereinigten Staaten gefahren werden. Zweimal hat das der Großsachsener schon geschafft, einmal musste er auf halber Strecke wegen einer Verletzung aufgeben.
Neu an Schlegels Teilnahme ist diesmal: Er wird nicht alleine an den Start gehen. Das Rennen will er gemeinsam mit anderen als Staffel-Fahrer bewältigen. "Mich haben viele Menschen nach dem Race Across America angesprochen. Sie fanden entweder, ich sei bekloppt, oder waren total begeistert", erzählt der Radsportler. "Und dann habe ich mir gedacht, es wäre doch schön, wenn auch andere Menschen das mal selbst erleben können - diese intensive Erfahrung und die schöne Kulisse." Gesagt, getan: Er sprach seine Kundin Anke Zampich aus Ober-Laudenbach an, ob sie nicht Lust hätte, bei einem solchen Projekt mitzumachen. Sie war sofort dabei, auch wenn sie bis auf eine einmalige Teilnahme am Ladenburger Triathlon quasi gar keine Erfahrung mit Radrennen hat. Aber darauf legt Schlegel auch wert: "Ich möchte das Rennen mit Menschen machen, die nicht super fit sind, wenig Zeit und Probleme haben, 140 Kilometer am Stück zu fahren." Er will ihnen zeigen, dass man es gemeinsam schaffen kann. Vier Radfahrer (und ein Ersatzfahrer) sowie acht Crewmitglieder sollen an den Start gehen.
Auf Schlegels Aufruf hin haben sich immerhin über 40 Interessierte beworben. Die Auswahl ist schon erfolgt. Neben Anke Zampich und Stefan Schlegel gehören dem Team nun zwei Menschen aus Basel und einer aus dem Taunus an. Wonach sie ausgewählt worden sind? "Dass sie körperlich nicht übermäßig fit sind, aber richtig Bock auf das Projekt haben", erklärt Schlegel.
Gemeinsam mit ihnen will er es der Welt zeigen: "Mit dem richtigen Management kann man alles schaffen." Das soll dann auch Thema von Vorträgen werden, die die Beteiligten nach dem Race Across America in Firmen halten, die sie unterstützt haben. Apropos: Weitere Sponsoren und auch Crewmitglieder, hier insbesondere Ärzte oder Rettungssanitäter, sind noch herzlich willkommen mitzumachen. Schließlich spielen hier auch nicht unerhebliche Kosten eine Rolle: gut 50.000 Euro muss das Team zusammen aufbringen.
Eine Herausforderung, ebenso wie die Bewältigung der Strecke. Sechs bis acht Stunden pro Woche werden die Teilnehmer trainieren müssen, schätzt Schlegel. Sein eigener Trainer soll nach Möglichkeit für alle individuelle Trainingspläne erstellen. Durch regelmäßige Tests soll der aktuelle Fitnessstand jeweils überprüft werden. Aufgrund der Distanz zwischen den Teilnehmern sollen dann zum Beispiel die mit dem Rad gesammelten GPS-Daten übermittelt werden. Auch ein Trainingslager, eventuell im Schwarzwald, ist geplant. Und quasi als Testlauf das "Race Around Austria" 2018 mit immerhin 2200 Kilometern.
Auf die krassen Temperaturunterschiede in den USA gibt es aber keine spezielle Vorbereitung. Bei der Streckenaufteilung könne man aber beispielsweise auch persönliche Vorlieben berücksichtigen: "Dem einen liegen vielleicht die Rocky Mountains mehr, dem anderen, wie mir zum Beispiel, das Fahren in der Wüste."
Sollte mal einer schlapp machen, auch kein Problem: "Dann fahre ich halt mal 300 Kilometer am Stück", zeigt sich Schlegel da ganz entspannt. "Ich bin ja auch schon das ganze Rennen alleine gefahren." Vorausgesetzt, er findet genügend Sponsoren, will er das "Race Across America" übrigens 2020 wieder als Solo-Fahrer angehen.
Jetzt - und das ist für Schlegel "komplett neu" - sitzt der Athlet bei Wettkämpfen aber erst mal im Auto: Er begleitet derzeit die Schweizerin Nicole Reist, laut Schlegel "die erfolgreichste Frau in dieser Branche" als Teamchef beim "Race Around Ireland" und nächstes Jahr beim "Race Across America". Da kann er sich schon mal Lust holen auf sein Staffelerlebnis 2019.