Stabiles Internet gibt es im Gemeinschaftsgebäude der Anlage „Am Nussbaum“, nicht aber in den Einzelgebäuden selbst. Foto: Pilz
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Freier Zugang zum Internet? In Unterkünften für geflüchtete und/oder obdachlose Menschen keine Selbstverständlichkeit. Auch in der Wohnanlage "Am Nussbaum" in der Mannheimer Straße hapert es noch. Obwohl die Telekom nach langem Hin und Her im Frühjahr 2019 einen WLAN-Anschluss ins Gemeinschaftsgebäude legte, blieben die darum liegenden Wohnungen unversorgt. Ein Problem insbesondere für die schulpflichtigen Kinder, die es unter Corona-Bedingungen schwerer als andere hatten, am Fernunterricht teilzuhaben. Hier hat die Kommune nach Anfrage seitens der Offenen Grünen Liste inzwischen Abhilfe geschaffen: Der Gemeinschaftsraum ist zu Unterrichtszeiten geöffnet, sodass die Kinder nun Zugang zum Internet haben. "Das klappt auch gut, sagt uns Integrationsmanager Christophe Krug", bestätigt Stabstellenleiterin Thea-Patricia Arras.
Im Prinzip war angedacht, die Unterkunft über eine Kooperation mit "Freifunk Rhein-Neckar" mit stabilem WLAN zu versorgen. Angestoßen hat das Walter Heilmann seitens des Bündnisses für Flüchtlingshilfe (BfF). Das geht aus Protokollen hervor, die Dietrich Herold vom BfF-Vorstandsteam in seinen Unterlagen aufbewahrt. Demzufolge fand im Mai 2018 eine Begehung mit dem in Neckarhausen lebenden Freifunk-Ehrenamtlichen Florian Köhler statt, der die Planung für die WLAN-Installation erstellen sollte und wollte. Bis zur Inbetriebnahme, so die damalige Schätzung, könne es noch einen Monat dauern. Doch es wurde Mai 2019, bis die Telekom den Internet-Anschluss legte. Danach sollte die Anlage an den Freifunk angeschlossen werden. Im Juli 2019 heißt es im Protokoll, die Verantwortlichen bei "Freifunk" hätten Zweifel, ob alle Gebäude mit WLAN versorgt werden können.
Und danach versandete das Thema irgendwie und irgendwo. Dem Vernehmen nach fühlte sich Freifunk vom Rathaus ausgebremst.
Auf Anfrage beim Verein "Freifunk Rhein-Neckar" erklärt Sprecher Tim Tugendhat, es sei nach wie vor ein großes Anliegen, Menschen in allen Lebenslagen mit einem niederschwelligen Zugang zum Internet zu versorgen. So habe man im Sommer vergangenen Jahres in Hockenheim eine Unterkunft neu mit Freifunk versorgen können.
Freifunk, was ist das überhaupt? Auf der Homepage heißt es: Der Verein Freifunk Rhein-Neckar ist Teil der Freifunk-Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ein frei zugängliches, öffentliches und durch Bürger verwaltetes Funknetz (WLAN) aufzubauen und zu betreiben. Jeder kann dieses Netz frei und uneingeschränkt mit seinen Geräten, egal ob PCs, Laptops, Smartphones oder Tablets nutzen. Darüber hinaus hat jeder die Möglichkeit, das Netz mit geringem finanziellem Aufwand zu vergrößern, indem er ein Gerät (Router) mit einer frei verfügbaren Software (Firmware) bespielt, welche dem Gerät die Möglichkeit gibt, sich wiederum mit anderen Geräten zu verbinden, sodass ein Netz aus diesen Geräten entsteht.
Ist eines dieser Geräte mit dem Internet verbunden, "teilt" es seine Internetverbindung mit allen anderen verbundenen Geräten innerhalb des Netzwerks.
Projekte wie in Hockenheim seien meistens mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, schildert Tugendhat. Umsetzbar seien sie deshalb häufig nur dank Spenden oder der Bereitstellung der nötigen Hardware. In Edingen-Neckarhausens Wohnanlage wäre eine flächendeckende Abdeckung mit Freifunk-Geräten mit der richtigen Hardware möglich, meint Tugendhat. Im Idealfall werden die Freifunk-Knoten (Hotspots) direkt per Kabel mit einem Internetzugang versorgt, wodurch sich die höchste Geschwindigkeit des Internetzugangs erreichen lasse, schildert er weiter. Doch beim Bau der Unterkunft wurde eine solche Verkabelung offenbar nicht eingeplant. Und sie ist nachträglich wegen der Holzbauweise nicht ohne Weiteres möglich.
Im Nachklapp zur Versorgungslücke musste auch Thea-Patricia Arras erst einmal nachforschen, wo es seinerzeit hakte. Und auch bei "Freifunk Rhein-Neckar" machte sich Tim Tugendhat als neuer Sprecher schlau, was in der Vergangenheit schiefgelaufen war.
Doch beide Seiten zeigen ihren Willen zur neuen Zusammenarbeit: "Bei allen technischen und administrativen Planungsschwierigkeiten: Es ist natürlich möglich, zumindest Teile dieser Unterkunft mit stabilem WLAN durch Freifunk zu versorgen", betont Tugendhat. Das benötige eine sorgfältige Planung. "Selbstverständlich sind wir hier auch weiterhin bereit, zu helfen", sagt er weiter. Und Arras erklärt, sie werde sich mit Freifunk in Verbindung setzen.