David Reichert ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Ladenburg. Foto: Sturm
Von Katharina Schröder
Ladenburg. Die Evangelische Kirchengemeinde Ladenburg hat beschlossen, weiterhin keine Gottesdienste mit Besuchern zu feiern. Damit entscheidet die Gemeinde anders als ihre Nachbarn, die unter dem Schutzkonzept der Landeskirche langsam wieder Präsenzgottesdienste feiern. Die RNZ hat mit Pfarrer David Reichert über die Entscheidung des Kirchengemeinderats gesprochen.
Herr Reichert, warum wollen Sie derzeit keine Präsenzgottesdienste feiern?
Es gibt einige Gründe. Zum einen haben wir nach wie vor Bedenken bezüglich des Infektionsschutzes. Und dann gibt es für uns schwierige Punkte beim Schutzkonzept der Landeskirche.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel ist für uns der Gesang der Gemeinde unheimlich wichtig, der ja aber derzeit nicht möglich ist. Und auch die Abstandsregeln, die sind in der Kirche ja strenger als in der Gastronomie. Wir müssen zwei Meter Abstand halten und dürfen die Emporen nicht öffnen, obwohl man gerade damit Kapazitäten schaffen könnte.
Rechnen Sie denn damit, dass die Kapazitäten nicht ausreichen würden?
Im Durchschnitt kommen an einem Sonntag ohne beispielsweise eine Taufe etwa 65 bis 100 Menschen in den Gottesdienst. Mit dem Schutzkonzept dürfen aber höchstens 50 in die Kirche. Wir wollen einfach niemanden abweisen!
Andere Gemeinden feiern aus diesem Grund zwei Gottesdienste zu verschiedenen Zeiten.
Der Aufwand dafür wäre enorm, und auch dann wäre nicht gewährleistet, dass Menschen nicht abgewiesen werden müssten. Zudem wären auch hier Anmeldungen im Vorfeld nötig, und auch dann dürften wir nicht singen, und der Gottesdienst dürfte je nur eine halbe Stunde dauern. Wir haben hier lokal für Ladenburg entschieden, das ist ganz wichtig. Wir verurteilen andere Gemeinden in ihren Entscheidungen nicht, weil wir wissen, dass auch sie sich intensiv Gedanken um ihr Handeln und die Menschen gemacht haben. Ende Juli schauen wir hier in Ladenburg noch einmal.
Und dann werden sie wieder Präsenzgottesdienste feiern?
Wir werden darüber beraten. Aber sollte sich bis dahin das Schutzkonzept nicht geändert haben, wird es Gründe dafür geben. Und dann haben wir auch Gründe dafür, weiterhin keine Gottesdienste in unsere Gemeinde mit Besuchern zu feiern. Dass wir beraten, ist keine Garantie dafür, dass wir analoge Gottesdienste anbieten. Man muss auch an die Ehrenamtlichen denken.
Was meinen Sie?
Die Ehrenamtlichen müssten als Ordnungskräfte arbeiten, und das ist eine unheimlich große Verantwortung. Und ihnen wäre es zutiefst unangenehm, jemanden womöglich rügen zu müssen, der sich nicht ganz an die Vorgaben hält. Und das kann ich verstehen.
Aber wäre es nicht gerade jetzt wichtig, vor Ort für die Gemeinde da zu sein?
Wir sind nach wie vor für die Gemeinde da, indem wir digitale Angebote schaffen und Menschen in vielfältiger Weise seelsorgerisch begleiten. Unsere Entscheidung ist auch seelsorgerisch. Sie dient dem Wohl der Menschen, genauso wie die Entscheidung, Menschen wieder analoge Gottesdienste zu bieten. Es gibt da ja den Vorwurf, wir würden Menschen ohne Zugang zum Internet nicht wahrnehmen. Doch, die sehen wir! Für uns steht der Schutz einfach derzeit noch über den Sehnsüchten und Wünschen. Außerdem gibt es ein großes gottesdienstliches Angebot im Fernsehen und Rundfunk, und Präsenzgottesdienste sind ja auch nicht barrierefrei. Am besten sind – in "normalen Zeiten" – beide Wege, und so handhaben das ja auch einige Gemeinden.
Haben Sie bereits Rückmeldungen aus Ihrer Gemeinde bekommen bezüglich der Entscheidung?
Tatsächlich nur Zustimmung. Ich habe noch nicht eine einzige Nachricht erhalten, dass wir endlich aufmachen sollten oder so etwas.
Und wie ist der Austausch mit anderen Gemeinden?
Wir veranstalten ja regional gemeinsam Gottesdienste und übertragen sie ins Internet, da tauschen wir uns regelmäßig aus. Natürlich gibt es auch unterschiedliche Meinungen. Es gibt Leute, die etwas gelöster mit der Pandemie umgehen. Wir sind da eben vorsichtiger.
Für das Haus am Waldpark haben Sie bereits einen Gottesdienst im Freien veranstaltet, die Bewohner konnten aus ihren Fenstern und Balkonen zuhören und zusehen. Planen Sie, das zu wiederholen?
Ja. Wir werden dort und im Seniorenheim Rosengarten jeden Monat einen Gottesdienst feiern. Aber das sind hausinterne Veranstaltungen, sonst müssten wir wieder das Schutzkonzept umsetzen, das auch für Gottesdienste im Freien gilt. Und das wäre spontan natürlich schwierig. Da bekämen wir womöglich Ärger.