Richard May (links), hier mit Moderator Martin Stöhrer, sprach am Sonntag in der Alten Synagoge auch über seinen Kindheitstraum. Foto: Dorn
Von Anja Stepic
Hirschberg-Leutershausen. Richard May ist wohl das, was man einen echten "Urheisemer" nennen würde. Er wohnt seit jeher im Leutershausener Oberdorf, ist von dort aber weit in der Welt herumgekommen. Über sein spannendes Leben plauderte er am Sonntag mit Moderator Martin Stöhrer in der VHS-Reihe "Hirschberger Lebensläufe".
Inmitten der Kriegswirren, am 28. Oktober 1943, erblickt May in Heidelberg das Licht der Welt. Nachdem sein Vater auf der Krim gefallen ist, wächst May zusammen mit seinen Cousins im Oberdorf auf. Er besucht den von katholischen Schwestern geleiteten Kindergarten am alten Rathaus am Lindenbrunnen. "Wir mussten sehr viel beten und immer Mittagsschlaf halten", erinnert er sich. Danach geht er auf die damalige Grundschule in der Obergasse und später in die Volksschule, auch Schillerschule genannt.
"Wenn wir gesungen haben, haben unten im Hof die Gänse geschnattert", erzählt May über diese für ihn wunderschöne Zeit. Er macht darauf eine Lehre zum Maschinenschlosser, sechs Jahre später seine Meisterprüfung und wechselt dann als Kraftwerksbauer zur Firma BBC, der er bis zu seiner Rente im Jahr 2006 treu bleibt. "Beim MGV 1884 habe ich dann eine ganz tolle Frau kennengelernt", erzählt er strahlend. Seine Ilse, die er 1967 heiratet und die ihm die gemeinsame Tochter Kirsten schenkt.
May kickt im Fußballverein Leutershausen (FVL), mit dem Laufsportverein, dessen Vorsitzender er seit 25 Jahren ist, bestreitet er Volks- und Marathonläufe, darunter auch die von ihm initiierten "Partnerschaftsläufe" von Hirschberg nach Brignais oder den "Wiener Walzer Lauf" von Hirschberg nach Wien.
Mehr noch als das Laufen aber begeistert ihn das Bergsteigen. Er schließt sich der Weinheimer Sektion des Deutschen Alpenvereins an, kennt bald jeden Berg Deutschlands. Allein vier Mal war er auf der Zugspitze, was ihm bald den Spitznamen "der Heisemer Reinhold Messner" einbringt. Nach den fantastischen Bergwelten der Dolomiten und des Kaukasus zieht es May nach Afrika zum 5800 Meter hohen Kilimandscharo.
Auch beruflich schickt ihn seine Firma ins Ausland. Drei Jahre war May im Iran, zwei Jahre am Assuan-Staudamm in Ägypten, später in Pakistan. Und überall lernt er neue gewaltige Bergmassive kennen.
Sein Kindheitstraum ist es, einmal nach Nepal zu kommen, zu den 8000er Riesen. Dort trifft er als Christ auf eine ganz andere Welt. In Katmandu lernt er Indira Ranamagar kennen, eine Menschenrechtsaktivistin, die Kindern von Strafgefangenen in ihren Kinderheimen ein Zuhause gibt. Und er macht Bekanntschaft mit den beiden Sherpas Kumar und Hira Rai, die ihn mitnehmen in ihr Heimatdorf Bung, fünf Tage Fußmarsch vom Flughafen Lukhla aus.
Hier leben 3000 Menschen, 65 Prozent davon Analphabeten. "Ich wurde mit Blumenkränzen empfangen wie Jesus", erzählt er. Mit eindrucksvollen Bildvorträgen in seiner Heimat sammelt May Spendengelder für den Bau einer Schule in Bung, erst eine provisorische aus Bambus, drei Jahre später sind es feste Gebäude aus Stein.
Mit Spendengeldern hilft er auch, als die Himalaya-Region 2015 von einem schweren Erdbeben erschüttert wird. May erbettelt Material von hiesigen Baumärkten, sorgt für Lebensmittel, Medikamente und Schulsachen.
Im "Hospital" in Bung tun zwei Ärzte und eine Hebamme das, was sie unter menschenunwürdigsten Zuständen eben tun können. Verrostete Betten, zusammengezimmert aus ein paar Brettern und alten Matratzen. Über den Mangel an Hygiene und medizinischem Gerät gar nicht zu sprechen. Auch für sie besorgt May die nötigsten Mittel.
"Diese Menschen sind so dankbar", sagt er mit Tränen der Rührung in den Augen. "Die Nepalberge mit ihren zauberhaften Menschen haben mich verändert." Aber das alles sei ihm nur möglich gewesen, weil er so eine tolle Familie hat, die dafür auf vieles verzichten musste.