Claus Canisius.
Foto: Dorn
Hirschberg-Leutershausen. (ans) Sein Wunsch, 100 Jahre alt zu werden, hat sich nicht erfüllt: Claus Canisius, Leiter und Gründer von "Musik in historischen Mauern", ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Er schlief in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im Beisein seiner Frau Dorothea und seines Sohnes David friedlich ein.
Claus Canisius war ein unglaublich vielseitiger Mensch – kreativ und klug, dabei aber mit viel Witz gesegnet. Besuche bei ihm waren stets unterhaltsam und philosophisch. Dabei wusste er viel zu erzählen: von seinen Schachspielen mit dem inzwischen ebenfalls verstorbenen Philosophen Hans-Georg Gadamer oder über seine jüdische Familiengeschichte. Und über berühmte Musiker, die bei ihm einst in die Lehre gegangen waren, wie Olaf Malolepski von den "Flippers".
Auch nahm er die RNZ mit zu seinem Hühner-Gehege und erzählte von der Zucht der Araucana-Hühner, die grüne Eier legen. Schon seit seinem sechsten Lebensjahr hielt Canisius Federvieh.
Doch vor allem wird er den Hirschbergern in Erinnerung bleiben durch die von ihm gegründete und hochkarätige Veranstaltungsreihe der Kommune "Musik in historischen Mauern" – mit Konzerten in historischer Umgebung wie in der Villa Rustica und der ehemaligen Synagoge. Begonnen hat diese Reihe 1997 – als "Concerto Villa Rustica". Seit 2008 nennt sich die Reihe nun "Musik in historischen Mauern", weil die ehemalige Synagoge als Veranstaltungsort miteinbezogen wurde. Durch seine Kontakte in die Musikwelt gelang es Canisius immer wieder, begabte und bekannte Künstler in die Gemeinde zu holen.
Er hatte an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe sowie Musik, Musikwissenschaft, Anglistik und Psychologie in Heidelberg studiert und war Stipendiat der Royal Academy of Music in London. Canisius absolvierte zudem ein Analyse- und Dirigierstudium bei Pierre Boulez. Er lehrte an der Universität Heidelberg Englisch und Literatur, arbeitete als Lehrer für Klavier, Theorie und Orchester am Badischen Konservatorium und war als Redakteur klassischer und zeitgenössischer Musik beim Südwestfunk und dem Süddeutschen Rundfunk tätig.
Auch mehrere Werke wie "Goethe und die Musik" hat Canisius verfasst. Mit wissenschaftlicher Akribie widmete er sich zudem seiner jüdischen Familiengeschichte und schrieb sie nieder. 1934 wurde er als der jüngere von zwei Brüdern in Kolberg geboren und wuchs in Minden auf.
Aus Sorge vor der Verfolgung durch die Nazis wurde er im Alter von sechs Jahren auf dem Land in der Nähe von Hameln versteckt. Außer der Großmutter mütterlicherseits überlebte die Familie die Verfolgung. Allerdings hatte diese Zeit Spuren bei ihm hinterlassen. Zuletzt bewegten ihn die wieder zunehmenden rechtsradikalen Tendenzen in Deutschland sehr.
Nun hat er für immer seine Augen geschlossen und hoffentlich seinen Frieden gefunden. Sein Witz, seine Kreativität und seine klugen Erzählungen werden fehlen. Canisius hinterlässt seine Frau Dorothea und zwei erwachsene Kinder.
Die Trauerfeier findet am Montag, 16. März, 14 Uhr, in der katholischen Kirche St. Johannes Baptist statt. Die Beisetzung erfolgt im engsten Familienkreis.