Obwohl die Kaufkraftanalyse der IHK zeigt, dass die Edingen-Neckarhäuser und Ladenburger mit am meisten Geld im Kreis zur Verfügung haben, trifft das nicht auf alle Bürger zu. Viele haben Schwierigkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Foto: Pilz
Von Maren Wagner
Edingen-Neckarhausen/Ladenburg. Die Bürger in Ladenburg und Edingen-Neckarhausen haben im Vergleich zu anderen Kommunen im Kreis ziemlich viel Geld zur Verfügung. Das zumindest zeigte die aktuelle Kaufkraftanalyse der Industrie- und Handelskammer. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier Menschen leben, deren monatliches Einkommen kaum oder nicht ausreicht, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Sie sind arm.
Doch woran macht man den Begriff "Armut" überhaupt fest? Laut dem Paritätischen Wohlfahrtsverband gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zum Leben hat. Für einen Single-Haushalt liegt die Armutsgrenze demnach bei 1035 Euro im Monat, bei einem Alleinerziehenden mit Kind bei 1346 Euro und bei einer Familie mit zwei Kindern bei 2174 Euro.
Auf wie viele Menschen in Edingen-Neckarhausen und Ladenburg das genau zutrifft, lässt sich nur sehr schwer sagen. Denn in beiden Kommunen steht kein Sozialbericht zur Verfügung, obwohl zum Beispiel der Gemeinderat in Edingen-Neckarhausen das schon lange fordert.
Anders ist das etwa in Schriesheim. Die Stadt hat vor zwei Jahren erstmals einen Sozialbericht veröffentlicht, der zeigte, dass ein Drittel der Haushalte weniger als 25.000 Euro im Jahr zum Leben haben. "Die Erstellung war sehr viel Arbeit", sagt Schriesheims Sozialamtsleiterin Christine Söllner, "es hat sich aber gelohnt." Vielen Bürgern und dem Gemeinderat sei gar nicht bewusst gewesen, dass auch in einer reichen Stadt wie Schriesheim sehr viele Menschen leben, die arm sind, sagt Söllner. Der Sozialbericht hat das geändert und der Verwaltung auch die Möglichkeit gegeben, Wünsche im Rat genehmigt zu bekommen. So wurde zum Beispiel eine neue Sozialarbeiterin eingestellt.
Liegt in Kommunen kein Sozialbericht vor, gibt es dennoch Anhaltspunkte für Armutsgefährdung. Denn davon betroffen sind besonders bestimmte Gruppen: Alleinerziehende, Rentner oder Arbeitslose zum Beispiel. Zwar haben die Verwaltungen dazu nicht in allen Fällen Zahlen, die existierenden zeigen aber zumindest im Ansatz, dass das Leben auch in den beiden Kommunen am Neckar nicht für alle Menschen rosig ist.
> Edingen-Neckarhausen: Wenn die Menschen in Edingen-Neckarhausen in finanzielle Not geraten, ist das Sozialamt ein wichtiger Ansprechpartner. In dessen Unterlagen stehen 86 Edingen-Neckarhäuser, die Arbeitslosengeld II ("Hartz-IV") beziehen, 58 haben einen Antrag auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gestellt, 101 Menschen auf Wohngeld. Allerdings regeln nicht alle Bürger ihre Angelegenheiten über das Sozialamt, viele treten ausschließlich mit anderen Stellen wie dem Arbeitsamt in Kontakt. Daher, so betont Anja Heid vom Sozialamt, haben sie und ihre Kolleginnen nur von einem Bruchteil der Menschen Kenntnis, die Hilfe benötigen. "Das können Hunderte mehr sein."
Einen Hinweis darauf gibt auch die Zahl der Tafelausweise. In diesem Jahr hat der Tafelladen in Edingen bislang 127 davon ausgegeben, wie das Deutsche Rote Kreuz in Mannheim mitteilt. Dabei handelt es sich aber nicht ausschließlich um Edingen-Neckarhäuser Bürger, auch für Ladenburger erstellt die Tafel in Edingen Einkaufsberechtigungsausweise. Diese werden für Einzelpersonen oder Familien ausgegeben. "Es ist eine Vielzahl an Menschen, die dahinter stehen", sagt Hubert Mitsch vom DRK.
> Ladenburg: Senioren und Rentner machen einen Teil der Menschen aus, die häufig von Armut bedroht oder betroffen sind. In Ladenburg leben derzeit 3086 Menschen über 65 Jahre, das entspricht 25 Prozent der Einwohner. Wie viele von ihnen mit sehr wenig Geld auskommen müssen, lässt sich aber nicht sagen. Die Zahl der Arbeitslosen lag laut Verwaltung Ende September bei 193 Menschen.
Obwohl ein detaillierter Sozialbericht in Edingen-Neckarhausen und Ladenburg fehlt, deuten die Zahlen an, dass auch in diesen Kommunen viele Menschen Unterstützung benötigen. Wo sie diese erhalten, zeigt die RNZ im Artikel links.