Die Fischkinderstube soll zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen, zugleich aber auch ein Ort für Familien zur Naherholung sein. Foto: Kreutzer
Von Matthias Kehl
Edingen-Neckarhausen. Reges Treiben herrscht am frühen Freitagnachmittag am Seitengewässer des Neckars unweit der Hauptstraße, die die Ortsteile Edingen und Neckarhausen miteinander verbindet. Während bei sonnigen 25 Grad viele Kinder auf den Trittsteinen am Gewässer spielen, warten die Erwachsenen im Schatten eines 200 Quadratmeter großen Sonnensegels auf die offizielle Einweihung jenes Großprojekts, das 2004 angegangen und nun endlich fertiggestellt werden konnte: die Fischkinderstube.
Knapp 500 Besucher sind gekommen, etwa 400 von ihnen finden auf den Bänken und Steinen des "Grünen Klassenzimmers" Platz, als Bürgermeister Simon Michler um 14.40 Uhr die Feier eröffnet. "Nicht nur für die Gemeinde Edingen-Neckarhausen, sondern auch für die gesamte Metropolregion ist dieses Projekt von großer Bedeutung", sagt Martin Müller vom Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim. Für den Wettbewerb "Landschaft in Bewegung" ist die Fischkinderstube bereits Preisträger: Sie verbinde ökologische Belange und Naherholung auf gelungene Weise, so die Begründung.
Das 320 Meter lange, 55 Meter breite und bis zu vier Meter tiefe Gewässer, soll die Artenvielfalt der Fische schützen, indem sie dort ablaichen und ihre Jungbrut aufziehen. Doch nicht nur für Fische bietet das errichtete Areal Rückzugs- und Erholungsmöglichkeiten. Auch für Schulklassen besteht die Möglichkeit, den Unterricht bei passendem Wetter ins Freie zu verlagern. Eine Anmeldung sei nicht erforderlich, sagt Michler. Er wolle abwarten, "wie sich die Nutzung diesbezüglich einpendelt".
Der siebenjährige Alexander ist hellauf begeistert: "Hier am Wasser zu spielen macht mir großen Spaß", sagt der Schüler der Graf-von-Oberndorff-Schule, der unter Aufsicht seiner Großmutter das Gelände erkundet. Auch für Nikkola Brendel, die im Ortsteil Edingen wohnt, ist das neu eröffnete Areal ein Gewinn für die Region. "Gerade um Kinder an die Natur heranzuführen, ist dieser Platz hervorragend", sagt die Mutter, deren Sohn bereits mit seiner Schulklasse die Fischkinderstube besichtigt hat. "Es ist ein Rückzugsort in der Natur, ideal für Familien, die ein paar Stunden im Freien genießen möchten."
Lange hat es gedauert, bis das 3,6 Millionen teure Projekt, das Michlers Amtsvorgänger Roland Marsch vor 14 Jahren auf Initiative des Fischereiverbands in die Wege leitete, gestern feierlich eingeweiht wird. Anfänglichen Widerständen aus dem Gemeinderat, das "Schlammloch" würde zu teuer, stehen nach Fertigstellung des Projekts, das der Artenvielfalt der Fische Sorge trägt, nun ausnahmslos zufriedene Gesichter gegenüber.
Von einem "Alleinstellungsmerkmal in Baden-Württemberg" spricht der Grünen Landtagsabgeordnete Uli Sckerl, der das Durchhaltevermögen der Doppelgemeinde lobt. Zufrieden blickt auch Edingen-Neckarhausens ehemaliger Bürgermeister Roland Marsch auf das 13.000 Quadratmeter fassende Gewässer, in dem sich - wie jüngst eine Untersuchung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ergab - bereits zwölf verschiedene Fischarten wohlfühlen. "Die Beharrlichkeit hat gesiegt", sagt Marsch über das von ihm verfolgte "Leuchtturmprojekt", das zwischenzeitlich zu scheitern drohte.
Die Fischkinderstube wurde zu 85 Prozent vom Land finanziert, im März 2015 spendeten Traudl Engelhorn und Carl-Horst Brune große Summen, die die Finanzierung des Projekts letztlich sicherten. "Es ist nun Wirklichkeit geworden", sagt die Wienerin Engelhorn, die in der Metropolregion "ihr Herz verlor", und für das Großprojekt kämpfte. Auch Brune, der unweit des neu geschaffenen Areals lebt, sagt, er sei "sehr zufrieden", mit dem neuen Schmuckstück am Neckar.