Bei dem aktuellen Regenwetter verbringen Hühner zwar lieber Zeit im Stall als draußen, aber noch dürfen Geflügelhalter im Rhein-Neckar-Kreis ihre Tiere im Freien halten. Im benachbarten Mannheim gilt wegen der Geflügelpest bereits eine Stallpflicht. Foto: Kraus-Vierling
Von Katharina Schröder
Edingen-Neckarhausen. In Mannheim darf Geflügel aktuell nicht mehr im Freien gehalten werden. Nachdem es in Rheinland-Pfalz zu einem Ausbruch der Geflügelpest – umgangssprachlich bekannt als Vogelgrippe – gekommen war, beschloss die Stadt Mannheim eine Stallpflicht. Im Rhein-Neckar-Kreis gilt sie noch nicht, aber die örtlichen Geflügelhalter behalten die Situation im Auge.
"Es kann gut sein, dass es auch zu uns kommt", schätzt Landwirt Helmut Koch. In seinem Betrieb leben rund 750 Hühner in Freilandhaltung. "Die fühlen sich im Stall natürlich nicht wohl, die wollen raus", sagt er. Die Stallpflicht soll verhindern, dass es zu Kontakt zwischen womöglich infektiösen Wildvögeln und den Tieren in Gefangenschaft kommt.
Die "Aviäre Influenza", so der Fachausdruck, sei eine potenziell hochansteckende Geflügelseuche, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis auf Anfrage. "Sie befällt besonders Hühnervögel und führt zu hohen Todesraten", führt die Sprecherin aus. Sehr stark verbreite sich die Geflügelpest auch über Wasservögel, die häufig nicht an ihr erkrankten. "Sie verursacht hohe volkswirtschaftliche Schäden, nicht nur durch die wirtschaftlichen Verluste der Tierhalter, sondern auch durch die mit Tierseuchenausbrüchen verbundenen Handelsbeschränkungen." Ob es auch im Rhein-Neckar-Kreis zu einer Stallpflicht kommt, "hängt von der weiteren Ausbreitung dieser Seuche ab", sagt die Sprecherin.
Koch fürchtet, dass die Geflügelpest auch den Rhein-Neckar-Kreis erreichen wird. "Man kann Wildvögel ja nicht festhalten", sagt er. "Und wenn die Vogelgrippe erst mal in einem Stall ist, hat man ein wirklich großes Problem." In seinem Betrieb habe er glücklicherweise noch nie einen Infektionsfall gehabt. Stallpflicht habe es aber schon ein paar Mal gegeben. "Das liegt auch daran, dass unser Gelände so nah am Neckar liegt", erklärt der Landwirt. "Manchmal müssen nur die Landwirte in einem bestimmten Umkreis von Gewässern ihre Tiere einstallen, das betrifft uns dann." Sollte die Pflicht kommen, wäre es aber jetzt besser als in ein paar Wochen, meint Koch. "Bei dem Regenwetter sind die Hühner sowieso viel drinnen, da ist es dann nicht ganz so schlimm." Abgesehen von dem Aspekt, dass es nicht gut für das Tierwohl ist, hat eine Stallpflicht auch Auswirkungen auf die Vermarktung der Hühnereier. "Wenn Freilandhaltung auf der Packung steht, dürfen die Tiere nicht länger als vier Wochen im Stall sein", erklärt der Landwirt. Meist gebe es aber Ausnahmen, wenn eine Stallpflicht angeordnet wird. "Der Fuchs, der Habicht und jetzt eben die Vogelgrippe – es gibt immer Situationen, durch die wir einfach durch müssen."
Auch die Kleintierzüchter in Edingen beobachten das Geschehen. "Ich habe große Hoffnung, dass nichts kommt", sagt Brutwart Helmut Stein. "Es wird bald wärmer und dann wird sich das erledigen." Sollte es anders kommen, könne aber auch der Kleintierzuchtverein reagieren. "Für die Vögel ist das nicht angenehm", sagt auch er. Das rigorose Vorgehen, mit einer Stallpflicht auf Infektionsherde zu reagieren, sei vor allem der industriellen Geflügelhaltung geschuldet, findet er. "Da ist alles so steril, dass die Tiere gar keine Abwehrkräfte mehr haben", sagt er. Über die Sinnhaftigkeit einer Stallpflicht könne man streiten. "Wildvögel kommen ja normalerweise nicht einfach in die Gehege rein." Aber sicher sein, könne man nie, räumt er ein.
Schon zwei Mal musste der Verein sein Federvieh wegen der Geflügelpest einstallen. Mittlerweile sei die Pflicht aber nicht mehr ganz so rigoros. "Dafür mussten wir kämpfen", erzählt Stein. Unter anderem habe sich der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter dafür eingesetzt, dass auch Volieren zur Stallhaltung zählen. Trotzdem könne es immer vorkommen, dass Tiere sterben, wenn eine Stallpflicht kommt. "Wenn die Tiere gewohnt sind, draußen zu sein, und dann rein müssen, ist das nicht gut", sagt Stein. "Das bereitet ihnen Stress, und die Situation ist beengt." Gerade für Tauchenten sei das besonders schlimm. "Die gehören ins Wasser, sie sind einfach nicht gut zu Fuß", erklärt Stein. Beim Kleintierzuchtverein Edingen sei noch kein Vogel wegen der Stallpflicht gestorben. "Aber ich habe das schon öfter von anderen Anlagen gehört", erzählt Stein.
In den 15 Parzellen der Kleintierzuchtanlage leben derzeit etwa 300 Vögel, sagt Stein. Tauben zählt er dabei nicht mit. "Ich weiß nicht warum, aber die sind nicht so empfänglich für die Vogelgrippe", erzählt er. Deswegen seien Tauben auch stets von der Stallpflicht ausgenommen.