Kaputte Häuschen und Schrott: Viel mehr ist vom Areal der früheren Gärtnerei Stahl in Neckarhausen nicht mehr übrig. Sollte hier aber tatsächlich ein einziges Gebäude mit 30 Metern Länge entstehen, fürchtet Jörg Hauck unter anderem um den Nutzen der Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Obsthofs Hauck, in die er 60 000 Euro investiert hat. Foto: sti
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Jörg Hauck macht mobil: Der Geschäftsführer des landwirtschaftlichen Betriebs in der Fichtenstraße hat Anwohner dazu aufgerufen, sich gegen die Bebauung eines Grundstücks auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Stahl mit einem Elf-Familien-Haus zu wehren. Die Unterschriftenliste, die der Biologe und Obstbauer im Hofladen ausliegen hat, sei bereits auf einer DIN-A4-Seite voll, sagte er gestern.
Hauck erklärt, die von der GBW Bauträgergesellschaft geplante Bebauung mit einem 30 Meter langen und rund 12 Meter hohen Wohngebäude mit Tiefgarage sei viel zu massiv: "Ein richtig wuchtiger Klotz", so Hauck. Bezogen auf das Niveau der Fichtenstraße wäre dieses Haus dreinhalb Meter höher als alle anderen. "Unser Garten würde zum Gefängnishof", schildert er.
Was schlimmer wäre und an die Existenz ginge: Er prognostiziert eine Verschattung seiner im vergangenen Jahr installierten Solaranlage zur Stromerzeugung. 60.000 Euro seien dann in den Sand gesetzt: "Wir haben die Anlage als zweites Standbein installieren lassen, nachdem wir wegen der Frostnacht im April 2017 einen 90-prozentigen Ernteausfall verbuchen mussten", schildert Jörg Hauck. Die Anlage versorgt nicht nur den Betrieb, sondern dient auch dem Verkauf von Strom.
Als das Gelände der ehemaligen Gärtnerei Stahl verkauft und in ein Neubaugebiet umgewandelt wurde, debattierte der Gemeinderat seinerzeit lange und genehmigte am Ende lediglich 28 von ursprünglich beantragten 48 Wohneinheiten. Damals, so Hauck, sei die Begründung gewesen, dass eine dichtere Bebauung zu einer Verkehrs- und Parkraumüberlastung führen würde.
Schon jetzt bestünden ganz erhebliche Verkehrsprobleme an den Ausfahrten "Am Schlosspark" und "Am Anker" sowie in der nicht sehr breiten Fichtenstraße selbst, die im Bereich der Kirche und des Kindergartens verengt und als Spielstraße mit Schrittgeschwindigkeit ausgewiesen worden war. Daran halte sich aber sowieso keiner.
Ebenso fahre keiner der Bewohner in die Tiefgarage, sondern parke in den Straßen. "Zum heutigen Stand sind aber von 28 Wohneinheiten nur neun bezogen, von den fünf Bauplätzen auf der gegenüberliegenden Straßenseite nur zwei bebaut", sagt Hauck. Es sei genau das eingetreten, was er vorausgesagt habe: Eine Tiefgarage nutze niemand.
Für seinen landwirtschaftlichen Betrieb sei es wegen der beidseitig zugeparkten Straßen im "Anker" und der Fichtenstraße fast nicht mehr möglich, vom Betriebssitz auf die Felder zu gelangen, wenn breitere Anbaugeräte am Traktor hängen. Er frage sich, wie es mit Verkehr und Parksituation weitergehen solle, wenn alle Wohneinheiten bezogen und alle Bauplätze bebaut sind. Was geschieht, wenn ein Elf-Familien-Haus dazukommt, mag er sich gar nicht ausmalen. Hauck betont, dass er nicht grundsätzlich gegen eine Bebauung des ehemaligen Gärtnereigrundstücks sei, wo derzeit noch das Wohnhaus steht, allerdings nicht in dieser Massivität. Dagegen werde er auf jeden Fall Einspruch erheben und rate auch den Anwohnern dazu.
Auch die Gemeinde scheint nicht ganz glücklich mit der Größe des neuen Bauprojekts, weist aber darauf hin, dass Wohnraum stark gesucht sei. Und: Die Kubatur sei grundsätzlich zulässig, der Bebauungsplan aus dem Jahr 1969 gebe das her. Die beantragten Befreiungen hätten keine Auswirkungen auf die Größe des Objekts, sagt der stellvertretende Bauamtsleiter Dominik Eberle. Man sei dabei, mit dem Landratsamt zu klären, wie die Behörde Stellung beziehe, wenn der Technische Ausschuss besagte Befreiungen aber versage.
Zudem plane der Bauträger mit zwei Stellplätzen pro Wohneinheit, obwohl er das nicht müsste. Der Zwang, die Tiefgarage zu nutzen, werde irgendwann da sein, so Eberle. Klar sei aber auch, dass sich in der Fichtenstraße für alle Nachbarn Veränderungen ergeben dürften. "Wir sind dabei, alles zu prüfen, brauchen aber auch ein wenig Zeit", warb Eberle um Verständnis bei den Anwohnern. Am 1. März soll sich der Technische Ausschuss vor Ort unter anderem ein Bild von der Verkehrssituation machen. Der Bauantrag selbst wird jedoch im Gemeinderat entschieden.