Immer wieder rückt die Freiwillige Feuerwehr Weinheim zur Gemeinschaftsunterkunft in der Freiburger Straße aus (hier im Mai), meist wegen Fehlalarmen. Foto: Feuerwehr
Von Annette Steininger
Weinheim. Auf der Facebook-Seite der Freiwilligen Feuerwehr Weinheim ist ein schwarzes Bild zu sehen. Am Ende des Posts erklärt sich die Foto-Auswahl: "Ein schwarzer Tag für die Motivation der Freiwilligen Feuerwehr und das Verständnis der Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter für den Feuerwehrdienst freizustellen", endet der von Stadtabteilungskommandant Ralf Mittelbach verfasste Brandbrief. Darin erhebt er Vorwürfe gegen den Rhein-Neckar-Kreis.
So ist die Feuerwehr am Donnerstagmorgen in aller Frühe, um 5.42 Uhr, einmal mehr zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge ausgerückt - "einmal mehr allein gelassen von den Verantwortlichen des Rhein-Neckar-Kreises", wie Mittelbach schreibt. Seit Januar 2017 ist es der 39. Einsatz für die Feuerwehr bei dieser Einrichtung, davon waren laut Abteilungskommandant mindestens 90 Prozent Fehlalarme.
Ihm erschließt sich nicht, "warum es die Verantwortlichen immer noch nicht geschafft haben, den Bewohnern das Verhalten bei einem Feueralarm zu erklären". So steht, als die Weinheimer Wehr bei "ohrenbetäubendem akustischen Signal" am ehemaligen Ebert-Park-Hotel in der Freiburger Straße eintrifft, lediglich ein Bewohner mit einem in eine Decke gewickelten Kind draußen. Was die anderen 80 dort lebenden Menschen zu dieser Zeit machen oder wo sie sind, ist aus Sicht der Feuerwehr unklar.
Dabei hätte das Gebäude eigentlich geräumt werden müssen. Doch laut Feuerwehr-Sprecher Mittelbach bekommen die Verantwortlichen der Einrichtung offensichtlich nichts mit. Polizei und Rettungsdienst rücken neben den neun Feuerwehrleuten an, die ihren Weg zur Arbeit oder ihre Nachtruhe unterbrochen haben. Der Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens teilt ihnen - wohl schon leicht resigniert - mit, dass es im Gebäude angebrannt riecht. Der Melder ist schnell gefunden; aus einer Wohnung riecht es etwas, jemand verpackt dort gerade sein Essen. "Was letztlich zur Auslösung der Anlage geführt hat, kann nicht abschließend geklärt werden", schreibt Mittelbach. Es sei aber in der Vergangenheit schon öfter angebranntes Essen ursächlich gewesen. Oft lässt sich das aber gar nicht mehr feststellen, wenn die Feuerwehr anrückt.
Dem Abteilungskommandanten ist es wichtig, zu betonen, dass die Wehr kein Problem mit den Flüchtlingen hat. "Warum schafft man es nicht, die Bewohner auf mögliche Ursachen für das Auslösen von Rauchwarnmeldern zu sensibilisieren, damit Fehlalarme verhindert werden können?", fragt er sich vielmehr.
Laut Mittelbach hat es von Seiten der Feuerwehr schon mehrfach Angebote für Schulungen gegeben. Doch eine Rückmeldung habe es nie gegeben. "Wenn wir vor Ort waren, haben wir es immer wieder angeboten - Betreuern, Ehrenamtlichen wie Sozialarbeiten. Die Reaktion war immer dieselbe: ,Wir geben es weiter’", sagt Mittelbach. Dabei werden die Kosten für jeden Einsatz - für denjenigen von gestern dürften es rund 500 Euro sein - dem Kreis in Rechnung gestellt.
Dieser räumt in einer Stellungnahme am gestrigen Donnerstag ein, "dass in den von uns betriebenen Gemeinschaftsunterkünften Fehlalarme sicherlich überdurchschnittlich oft ausgelöst werden". Das Personal der Security habe Anweisung, im Alarmfall die Bewohner zum Verlassen der Unterkunft zu bewegen. "Die Zimmertüren sind jedoch verschlossen, sodass die weiteren Handlungsmöglichkeiten entsprechend eingeschränkt sind", heißt es weiter. Im Extremfall müssten eben die Türen aufgebrochen werden.
Das Problem sei, dass die Bewohner die Feueralarme aufgrund der in der Vergangenheit bereits ausgelösten Fehlalarme nicht mehr allzu ernst nehmen, schreibt Landratsamtssprecher Thorsten Koder. Sie seien aber über die Funktionsweise der Rauchmelder informiert worden. Auch hätte der Kreis Rauchmelder in kritischen Bereichen wie in der Küche durch thermische Melder ersetzt.
Warum das Schulungsangebot durch die Weinheimer Wehr bislang niemand angenommen hat, konnte gestern niemand beantworten. Aus dem Ordnungsamt des Kreises hieß es aber, dass man dieses gerne in Anspruch nehmen würde und sich die Feuerwehr mit dem Amt in Verbindung setzen könne. "Und wir werden die Bewohner weiter sensibilisieren - nach dem Motto ,Steter Tropfen höhlt den Stein’", kündigt Koder an.