Von Günther Grosch
Weinheim. Nein, das war bestimmt kein "Jazz-Light"-Abschied. "Spiel’s noch einmal, Karl-Heinz", möchte man stattdessen Karl-Heinz Schäfer das leicht abgewandelte Zitat von Humphrey Bogart aus dem Filmklassiker "Casablanca" zurufen. Nach 25 erfolgreichen Jahren an der Spitze der "Rhein Neckar Rhythm & Brass"-Big Band verabschiedete sich der Bandleader in der bis auf den letzten Platz gefüllten Aula der Hans-Freudenberg-Schule von seinen Fans.
Die waren mit Alt-Landrat Jürgen Schütz, seinem Nachfolger Stefan Dallinger und den in Mannschaftsstärke angereisten Verwaltungsvertretern des Rhein-Neckar-Kreises um Paul Schäfer prominent vertreten. Und auch der in diesem Jahr verstorbene ehemalige Amtsleiter und Kulturchef Bernhard Hafner als einer von Karl-Heinz Schäfers Förderern dürfte von seiner Himmelswolke aus Finger schnippend und mit den Fußspitzen wippend zugeschaut haben.
Es war noch einmal eine instrumental und durch Isabel Haist vokal geprägte fulminante Rückschau auf ein Vierteljahrhundert internationaler Jazz-Geschichte. Gleichzeitig aber auch eine Hommage an Karl-Heinz Schäfers große Vorbilder: Peter Herbolzheimer und Joe Gallardo. Allein zehn der von Herbolzheimer arrangierten Stücke, von "Better Days Ahead" über "A Night in Tunisia" bis hin zum Rausschmeißer "Stormy Monday", standen im Mittelpunkt des fast dreistündigen Konzerts.
Das mit Charlie Marianos "Ballade für einen Freund" zusätzlich eine Überraschungs-Premiere präsentierte. Heimlich hatten die 18 Musiker das Stück als Abschiedsgeschenk für ihren Chef einstudiert und sorgten damit für einen der emotionalsten Augenblicke des Abends.
Sammy Nesticos "Joy of Cookin’" zum Auftakt, "Dream of the Return" und "Fever" hatten die ersten musikalischen Ausrufezeichen gesetzt und die Herzen und Hände der Jazzfans mit lautstarkem Blech, ausgefeilten Soli quer durch alle Reihen und dynamischen Rhythmen nicht lange kalt gelassen. Anders ausgedrückt: Das Ganze wirkte wie ein jazziger Roadmovie mit einem flimmernden Bilderreigen aus Melodien, Popcorn und Rotwein. "Ein Tag für die musikalischen Geschichtsbücher", zeigten sich Stefan Dallinger und Musikschulleiter Jürgen Osuchowski begeistert.
"Ohne Würdigung geht es nicht, wenn eine Ära endet", so Dallinger. Schäfer habe in den 25 Jahren als Bandleader einen Klangkörper geschaffen, der als Aushängeschild des Kreises im Kollektiv wie im Solospiel harmonierte. Bereits vor vier Jahren hatte Schäfer dafür die "Silberne Ehrennadel" des Kreises erhalten. Jetzt gab es für ihn einen von Doro Burkhard gestalteten Fotoband mit den Highlights aus einem Vierteljahrhundert Bandhistorie.
Schäfer habe die Musikschule entscheidend mitgeprägt, ihr seinen Stempel aufgedrückt und "eine geile Band" geleitet, zeichnete Osuchowski seinen bisherigen Stellvertreter aus. Andere Big Bands seien vom Können der "Rhein Neckar Rhythm & Brass" Lichtjahre entfernt, verabschiedete Osuchowski Schäfer mit einem Zitat von Frank Zappa: "Jazz isn’t dead. It just smells funny." Auf Deutsch: "Jazz ist nicht tot. Er riecht nur komisch."
Der Mann am Pult, ohnehin kein Ausbund überschwänglichen Dirigenten-Temperaments, war auch bei seinem letzten Auftritt seiner gewohnten Marschroute treu geblieben. Beschränkte sich weitgehend auf das Umblättern seiner Notenblätter, "die gar keine Noten, sondern nur Striche enthalten", wie Dallinger festgestellt hatte. Stellte sich dann und wann auf die Zehenspitzen, hob lediglich bei besonderen Einsätzen seine Finger und wanderte locker-lässig den Bühnenrand entlang.
Mit Flaschen seines Lieblings-Rotweins aus Montpellier und einem Theatergutschein verabschiedete die Band ihren "Chef". Der 66-Jährige zeigte sich gerührt, aber doch überzeugt: "Die Band wird ihren Weg auch ohne mich weitergehen." Künftig in neuer Organisationsform als Verein und unter dem Namen "Rhein-Neckar Jazz-Orchester" kommt sie am 14. Dezember 2018 nach Weinheim zurück. Schäfer: "Ich werde dabei sein."