Von der Bergstraße nach Australien - mit dem Fahrrad

Heike Pirngruber fährt seit Mai 2013 mit dem Fahrrad durch die Welt - Ein Ende ist für sie noch nicht in Sicht

21.07.2015 UPDATE: 22.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Ein Leben auf dem Fahrradsattel: Heike Pirngruber hat mit ihrem Mountainbike schon mehr als 32 000 Kilometer in 29 Ländern zurückgelegt. Foto: zg

Von Elena Bergmann

Hirschberg-Großsachsen. Auf der Bergstraße ging es los. Am 14. Mai 2013 setzte sich die Großsachsenerin Heike Pirngruber mit einem großen Ziel auf den Sattel: Sie wollte alleine mit dem Fahrrad nach Australien fahren. Mittlerweile ist sie auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Der Abfahrtstag komme ihr inzwischen wie aus einem anderen Leben vor, sagt Pirngruber, es sei so viel passiert, sie habe unendlich viel erlebt und sehr viel gelernt.

Gerade ist die Radlerin auf Hokkaido angekommen, der nördlichsten Insel Japans. Vorher war sie einen Monat und 1400 Kilometer in Russland unterwegs. Insgesamt liegen bereits 32000 Kilometer und 29 Länder hinter der 43 Jährigen und ihrem Mountainbike. Japan gefalle ihr auf den ersten Blick gut. "Nette Menschen, leckeres Essen, Sauberkeit und Reichtum." Dieser geregelte Eindruck steht in Kontrast zu ihrem Russlandaufenthalt. "Das war eine ganz andere Welt", so die Weltenbummlerin, "dort habe ich mich nicht immer sicher und wohl gefühlt." Ein Vorteil bot ihr das Land jedoch: Kartoffeln. "Etwas, das ich lange nicht mehr genießen konnte."

Neben den Kartoffeln vermisst Heike Pirngruber noch einige Dinge, die in der Heimat Teil ihres Lebens waren. Familie, Freunde, Apfelsaftschorle und die Spaghetti Bolognese ihrer Mutter stehen ganz oben auf der Liste. Außerdem fehlt ihr ein richtiges Bett. "Es gibt nichts Genialeres, als richtig schlafen zu können." Pirngruber muss es wissen, sie hat ihr Zelt in den letzten Monaten an allen erdenklichen Orten aufgestellt. Sei es in einem Polizeibüroraum in Laos, im Abflusskanal in China oder einfach nur bei Wind und Wetter in der freien Natur. Von 45 Grad und Sonne bis hin zu minus 15 Grad und Schnee hat sie alles erlebt.

Wie kommt man darauf, sich solchen Umständen freiwillig und dauerhaft auszusetzen? Die Idee kam der sportbegeisterten Pirngruber schon vor vielen Jahren, aber es schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein. 2011 radelte sie durch Australien und hatte vor, von dort aus nach Hause zu fahren. Allerdings durchkreuzte ein Bandscheibenvorfall diesen Plan. Nach der Verletzungspause konnte sie 2013 niemand mehr aufhalten. Von der Bergstraße nach Australien - "go east" lautete der Plan. Dass die abenteuerlustige Großsachsenerin mit dem Rad auf Weltreise ging, hat mehrere Gründe. Kurz gesagt sei es: "Billig, gesund, umweltfreundlich, unabhängig und leise." Auf dem Fahrrad habe man genau das richtige Tempo, um Bezug zur Bevölkerung und der Natur zu bekommen.

Das Fahrrad hat inzwischen einen großen Wert für Pirngruber. Sie hat es seit 14 Jahren und bereiste damit viele Länder. "Ich liebe mein Rad, es hat mich nie im Stich gelassen und ist mein bester Freund." Ein bester Freund jedoch, den sie aus eigener Kraft über jeden Berg bringen muss. 25 Kilo Ausrüstung auf einem 15 Kilo schweren Fahrrad, dazu kommen Verpflegung und Wasser: Keine leichte Angelegenheit. Muskelkater habe sie allerdings nur noch nach langen Fahrpausen. Auf ihrer Internet- und Facebookseite bezeichnet Heike Pirngruber sich als "Pushbikegirl" - übersetzt: ein Mädchen auf dem Fahrrad.

Durch dieses vollkommen andere Leben hat sich das "Pushbikegirl" verändert. "Ich bin frei, ich lebe auf der Straße und finde es klasse." Sie ist seit ihrem Aufbruch ruhiger, verständnisvoller, selbstbewusster, und vor allem eines geworden: glücklich. Sie macht, was sie möchte, und lebt nach ihren eigenen Regeln. Ein bisschen wie Pippi Langstrumpf, mit der sie sich vergleicht. Dass Daheimgebliebene nicht so bald mit ihrer Rückkehr rechnen, ist gut, denn wann und wo sie ihre Reise beenden wird, steht nicht fest. Das ehemalige Ziel Australien ist nur noch ein "Etappenende".

Auf ihrer Internetseite (www.pushbikegirl.com) schreibt sie über Erlebnisse, zeigt Bilder und gibt genaue Einblicke in die Reiseroute. Außerdem hat sie mehr als 4900 Fans auf Facebook. Mit so viel positiver Resonanz habe sie nicht gerechnet. Zudem erhält sie übers Internet Spenden, um ihre Reise zu finanzieren. Dafür sei sie sehr dankbar: "Die Welt ist voller wunderbarer Menschen."

Der schlimmste Tag ihrer Reise sei der erste gewesen. Es fiel ihr schwer, sich auf unbestimmte Zeit zu verabschieden. Einen schönsten Tag kann sie jedoch nicht nennen. "Vielleicht, als ich an der Grenze zur Ukraine wusste, dass ich alles schaffen kann. Vielleicht, als ich das riesige Land China hinter mir gelassen habe. Vielleicht, als ich in Oman an einer Schlucht gezeltet habe und die Sterne so hell gefunkelt haben wie mein Feuer. Jeder Tag hier draußen ist großartig."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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