Unter anderem auf dem gemeindeeigenen Areal am Friedhofweg soll in den kommenden Jahren ein neuer Kindergarten für sechs Gruppen gebaut werden. Das entschied der Gemeinderat. Foto: Kraus-Vierling
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Eine attraktive Wohngemeinde zu sein, und das sei Edingen-Neckarhausen, wie Bürgermeister Simon Michler in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch feststellte, hat auch ihren "Preis": In der Neckargemeinde fehlen Kindergarten- und Krippenplätze; bis Ende 2017 besteht allein schon Bedarf an jeweils drei Gruppen für unter und über dreijährige Kinder.
Die Gründe, warum die Kinderzahlen steigen - sei es durch Geburten oder durch die Tatsache, dass immer mehr Kinder in der eigenen Gemeinde untergebracht werden - fand der Bürgermeister "relativ egal". Die Kinder seien geboren, deren Eltern, zumeist Mütter, stünden vermehrt vor der Tür und hätten auch ihm bereits mit Klage gedroht, falls die Kommune den Rechtsanspruch der Eltern nicht erfüllen könne.
"Nichtstun ist keine Option"
Durch Zuzüge unter anderem von Flüchtlingskindern verschärft sich der Mangel weiter: Insgesamt will die Kommune bis September 2019 zehn Gruppen in Edingen und eine in Neckarhausen durch einen Anbau an den bestehenden Wawuschel-Kindergarten aufbauen. Für die SPD monierte Thomas Zachler, dass Neckarhausen zu kurz komme. Das verneinte Michler. Denn einerseits werden derzeit 25 Kindergartenkinder aus Edingen nach Neckarhausen gebracht, andererseits könne man bei der geplanten Entwicklung des Baugebiets "Neckarhausen-Nord" eine Fläche für einen Kindergarten vorhalten.
Der Gemeinderat entschied nun: Im Friedhofweg wird auf gemeindeeigenem Grund ein Kindergarten für sechs Gruppen gebaut. Einen Bebauungsplan gibt es hier noch nicht, seine Aufstellung dauert ungefähr neun Monate. "Das ist ein idealer Standort in toller Lage mit kurzen Wegen nach allen Seiten. Darauf kann man sich freuen", erklärte Hans Stahl, Sprecher der Unabhängigen Bürgerliste aus FDP und Freien Wählern (UBL). Eingangs hatte jedoch gerade die UBL beklagt, sie fühle sich beim Thema Kinderbetreuung gehetzt. "Wir galoppieren eigentlich nicht", stellte Michler klar. Die Zahlen seien nun mal so wie sie sind, man müsse "zeitnah" handeln. "Ich bin auch nicht erfreut, dass wir für 100 Kinder keinen Platz haben. Aber wir haben nicht die Möglichkeit, einfach nichts zu tun."
Nicht glücklich waren Gemeinderat und Verwaltung damit, innerhalb der nächsten sechs Monate hinter der Pestalozzi-Schule ein "Containerdorf" als Zwischenlösung aufzubauen, bis der neue Kindergarten im Friedhofweg 2018 fertig ist. "Wir sehen aber keine Alternative", so Michler. Immerhin "rettete" die Schule das ihr wichtige Kleinfeld, welches zunächst als Standort für 70 weitere Container angedacht war. Sie kommen nun in die Nachbarschaft der bereits bestehenden 36 Container, in denen derzeit der Martin-Luther-Kindergarten untergebracht ist, bis sein neues Domizil im Amselweg hoffentlich im Herbst 2017 fertig ist. Der Gemeinderat stimmte der Anmietung von 70 Containern für die Dauer von zwei Jahren zu, bevorzugt für deren Aufstellung aber die Rasenfläche gegenüber der bestehenden Anlage.
Elternbeiratsvorsitzende Janine Tödling sah das kritisch, da dort eine Beschattung fehle. Im Provisorium des Martin-Luther-Kindergartens werde es oft sehr heiß, Probleme gebe es auch mit der Hellhörigkeit: "Da ist Schlafen eine Herausforderung." Allerdings akzeptierten die Eltern die Anlage als das, was sie ist - eine vorübergehende Lösung. Nach dem Rückbau der Containerdörfer soll das Schulaußengelände neu gestaltet werden. Auf die Nähe zur bestehenden Anlage legte die Verwaltung wegen der Synergieeffekte viel Wert: Insbesondere geht es um eine mögliche Trägerschaft der evangelischen Kirchengemeinde, die bereits Martin-Luther betreibt. Aktuell ist die Frage der Trägerschaft, ob kirchlich, kommunal oder anderweitig, noch offen, wobei die katholische Kirche bereits abgelehnt hat.
Die Größe der neuen Anlage mit 70 Containern erklärte Gerhard Fischer mit den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Zusatzräume. Man müsse diese darstellen, um überhaupt eine Betriebserlaubnis zu bekommen. Beim 36 Container starken Martin-Luther-Provisorium sind die Zusatzräume über die Anbindung an den Schulpavillon vorhanden.
Gleichzeitig beschloss der Gemeinderat, die im Vergleich zum Friedhofweg kleinere, gemeindeeigene Bedarfsfläche "Hinter der Kirche" als Standort einer Kita für vier U 3-Gruppen zu reaktivieren. Sie könnte bis September 2019 fertig sein. Bis dahin müssen die Container wohl größtenteils stehen bleiben. Zu den Kosten der Gesamtmaßnahme nannten der Bürgermeister und Bauamtsleiter Horst Göhrig keine Details. Die Erschließung werde wohl sechsstellig ausfallen, dazu kommt die Containermiete. Derzeit bezahlt die Kommune für 36 Container knapp 90 000 Euro jährlich, 70 weitere Einheiten kämen daher auf 180 000 Euro, vermutlich liegen die Kosten über zwei Jahre hinweg bei über einer halben Million Euro. "Um eine weitere Kreditaufnahme werden wir nicht herumkommen", sagte Michler. Man bemühe sich beim Regierungspräsidium um Mittel aus dem Ausgleichsstock in "Richtung 50 Prozent".