Grüne Jugend fordert ein Ende von Grün-Schwarz
Sarah Heim, Landessprecherin der Grünen Jugend, im RNZ-Interview: "Wir brauchen den Wechsel".
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Sondierungen für eine neue Landesregierung werden in Baden-Württemberg erst am Mittwoch fortgesetzt. Die Landessprecherin der Grünen Jugend, Sarah Heim (24), setzt aber auf die "Ampel" mit SPD und FDP.
Frau Heim, die Grünen sind in einer komfortablen Lage: Sie können sich die Koalitionspartner aussuchen. Was sind Ihre Erwartungen an die grünen Verhandlungsführer?
Klimaschutz muss die Top-Priorität der nächsten Legislaturperiode sein. Wir brauchen rasch eine Ausweitung der Fotovoltaikpflicht auf neue Wohngebäude und den Ausstieg aus der Kohlekraft. Insgesamt muss Klimaschutz als Querschnittsaufgabe verstanden werden. Da sind jetzt alle gefragt. Der Ausbau der Windkraft zum Beispiel ist zuletzt stark vom Landwirtschaftsministerium blockiert worden. Damit muss Schluss sein.
Wo fordern Sie noch eine stärkere grüne Handschrift?
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In der Schulpolitik. Wir setzen auf den Ausbau der Gemeinschaftsschulen als gerechtester Schulform. Viel aufzuholen gibt es auch bei der Digitalisierung des Unterrichts, da fordern wir Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler, damit niemand abgehängt wird.
Was ist mit der Innenpolitik?
CDU-Innenminister Thomas Strobl hat, etwa mit seiner zum Teil schockierenden Abschiebepolitik, das grüne Grundverständnis von Menschenrechten viel zu oft mit den Füßen getreten. Da muss sich dringend etwas ändern – wie auch beim Selbstverständnis unserer Institutionen. Daher wollen wir ein Anti-Diskriminierungsgesetz, das alle Bereiche, auch die Polizei, in die Pflicht nimmt. Mein persönlicher Wunsch wäre, dass das Innenministerium künftig von den Grünen geführt wird. Wir können auch das!
Das Ressort ist auch fürs Wahlrecht zuständig…
Das Wahlrecht muss endlich reformiert werden, damit möglichst alle gesellschaftlichen Gruppen angemessen im Landtag repräsentiert sind. Das muss in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode passieren. Wir wollen ein Zweistimmenwahlrecht und eine Absenkung des Wahlalters auf 16.
Was liegt Ihnen näher: Grün-Schwarz oder eine grün-rot-gelbe Ampelkoalition?
Ich sehe die geringsten Schnittmengen mit der CDU. Die Partei ist rückwärtsgewandt und aktuell auch nicht verlässlich. Sie hat bislang den Klimaschutz ausgebremst und sich an vielen Punkten nicht an den Koalitionsvertrag gehalten. Der Politikstil der CDU setzt stark auf Ängste, wir auf konstruktive Vorschläge. Das passt einfach nicht, das haben die vergangenen fünf Jahre gezeigt, das zeigen auch die strukturellen Probleme mit dem Filz der Union. Wir brauchen den Wechsel.
Die FDP galt bislang auch nicht als Liebling der Grünen Jugend.
Da muss man in den Verhandlungen ausloten, wie belastbar der Wunsch der FDP nach einer Ampelkoalition ist. Die FDP wird den Grünen deutlich entgegenkommen müssen. Sie wäre in einem Dreierbündnis absoluter Juniorpartner, das müsste sich in der Zahl der Ministerien und bei den Inhalten widerspiegeln.