Daisy Edgar-Jones

"Wir brauchen widerstandsfähige Vorbilder"

Die 24-Jährige gilt als Shootingstar der Filmszene. Jetzt spielt die Britin die Hauptrolle in einer heiß erwarteten Romanverfilmung.

17.08.2022 UPDATE: 17.08.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Sensible Überlebenskünstlerin: Daisy Edgar-Jones (24) als Kya im Kinofilm „Der Gesang der Flusskrebse“. Foto: dpa

Von Patrick Heidmann

Locarno. Bis vor zwei Jahren war Daisy Edgar-Jones eine Jungschauspielerin mit nicht viel mehr als ein paar Theater-Auftritten und Fernseh-Nebenrollen in ihrem Lebenslauf. Dann spielte die Londonerin die weibliche Hauptrolle in der auf dem Roman von Sally Rooney basierenden Serie "Normal People" – und ist seither eine der gefragtesten Newcomerinnen überhaupt. Jetzt steht sie im Zentrum der Bestseller-Verfilmung "Der Gesang der Flusskrebse" (ab 18. August im Kino). Anlässlich der Premiere beim Filmfestival in Locarno, wo die 24-Jährige den Leopard Club Award erhielt, trafen wir sie am Lago Maggiore zum Interview.

Miss Edgar-Jones, kannten Sie den Roman, bevor man Sie in der Hauptrolle der Verfilmung besetzte?

Gehört hatte ich davon, aber mit dem Lesen fing ich erst an, als ich wusste, dass ich für die Rolle vorsprechen darf. Da habe ich das Buch dann sofort verschlungen, während der Dreharbeiten zur Serie "War of the Worlds". Ich lernte Kya und ihre Geschichte also kennen, während ich in einem Raumschiff saß. Viel weiter weg von der Welt der Marschgebiete hätte ich kaum sein können (schmunzelt).

Gedreht haben Sie nicht direkt in North Carolina, sondern in Louisiana. Doch auch dort sieht die Landschaft spektakulär aus.

Oh ja! Teilweise fühlt man sich wie in einer anderen Welt, und ich bin wirklich beeindruckt, wie es unserer Kamerafrau gelungen ist, das einzufangen. Die Marschgebiete spielen im Film ja quasi die zweite Hauptrolle, deswegen mussten ihre Schönheit und Eigenarten auch wirklich zur Geltung kommen. Ich weiß nicht, ob ich je wieder an einem so speziellen Ort werde arbeiten können. Wenn plötzlich riesige Fischreiher über dich hinwegfliegen oder man Alligatoren beim Sonnenbad beobachten kann – das ist schon atemberaubend.

Kya ist eine junge Frau, die in dieser Region in den 1950er und 60er Jahren ganz alleine aufwächst. Gibt es etwas, das Sie mit ihr als Figur verbindet?

Ich denke, am ähnlichsten sind Kya und ich uns in unsere Sanftheit. Genau wie sie bin auch ich eher zurückhaltend und freundlich statt aufbrausend und wild. Außerdem ist sie enorm neugierig, was ich als Schauspielerin natürlich schon von Berufswegen auch bin. Aber was sie als Figur für das Publikum und die Leser so spannend macht, ist natürlich auch, dass sie eine junge Frau ist, die so gar nicht in die Zeit passt, in der sie lebt. Sie ist anders als die anderen, nicht angepasst und viel selbstständiger. Dass sie sich trotzdem durchsetzt und für ihr Glück kämpft, kann uns alle inspirieren. Gerade wir jungen Frauen brauchen Vorbilder, die für sich selbst einstehen, für das kämpfen, woran sie glauben, und vor allem widerstandsfähig sind.

Bei Ihren größten Rollen, in der Serie "Normal People" und dem Film "Fresh", hatten Sie männliche Co-Stars an Ihrer Seite, mit denen Sie fast alle Szenen teilten. Nun tragen Sie erstmals einen Film alleine auf Ihren Schultern. Setzte Sie das unter Druck?

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt nicht so viele Gedanken gemacht. Ich habe die Zusammenarbeit mit meinen Partnern (Paul Mescal bei "Normal People", Sebastian Stan bei "Fresh", Anm. d. Redaktion) geliebt und glaube, dass man als Schauspieler*in immer nur so gut ist wie sein Gegenüber. Deswegen habe ich es bei den "Flusskrebsen" manchmal vermisst, wenn ich niemanden hatte, auf den ich reagieren konnte. Andererseits ist diese Einsamkeit natürlich ein entscheidender Bestandteil der Figur und war auch eine spannende Herausforderung. Deswegen würde ich nicht sagen, dass die eine Arbeitsweise schöner war als die andere.

Gerade starten Sie richtig durch, doch Sie sind erst 24 Jahre alt. Haben Sie Vorbilder, wenn es darum geht, wohin Ihre Karriere noch führen soll?

Es gibt auf jeden Fall Kolleginnen, bei denen ich mir gerne eine Scheibe abschneiden würde. Tilda Swinton ist so jemand, einfach, weil sie als Schauspielerin wahnsinnig interessante Entscheidungen trifft und ihre Rollen nach Kriterien aussucht, die fern aller Oberflächlichkeiten sind. Sie spielt lieber eine kleine schräge Nebenrolle für eine spannende Regisseurin, als des Geldes wegen Kommerz zu machen. Frances McDormand ist ähnlich, auch für sie ist vor allem wichtig, wer hinter der Kamera steht. Ich hoffe, dass ich mich an diesen Vorbildern orientieren kann.

Info: "Der Gesang der Flusskrebse" ist in Heidelberg ab Donnerstag im Luxor-Kino und der Kamera zu sehen.

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