Verwaltungsrat hält an Intendant Spuhler fest (Update)
Ein offener Brief des Personalrats wirft Intendant Spuhler Kontrollzwang, beständiges Misstrauen und cholerische Ausfälle vor

Karlsruhe. (dpa/RNZ) Weiter mit dem alten Chef - aber unter Auflagen: Trotz massiver Kritik an seinem Führungsstil soll der Karlsruher Theater-Intendant Peter Spuhler an der Spitze des Badischen Staatstheaters bleiben. Dies teilten Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) als Vorsitzende des Verwaltungsrats und ihr Stellvertreter, der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD), am Freitag nach einer Sitzung des Verwaltungsrats mit. Dass die Zusammenarbeit im Theater künftig besser klappt, soll ein "Paket von Maßnahmen" sicherstellen, erläuterte Bauer den einstimmigen Beschluss des Gremiums.
So soll es neben regelmäßigen Befragungen der Belegschaft unter anderem einen Vertrauensanwalt für die Mitarbeiter geben. Die Installation einer weiteren Vertrauensperson werde geprüft, sagte Bauer. Untersucht werden soll auch, ob das Modell eines Generalintendanten noch zeitgemäß ist; die Spartendirektoren sollen jedenfalls gestärkt werden. Die Weiterbeschäftigung Spuhlers sei die "beste Lösung für das Haus", versicherte die Ministerin. Dass er sich einen persönlichen Coach genommen habe, sei ein klares Signal, dass er seinen Stil verändern wolle.
Mehr als 300 Beschäftigte des 850 Mitarbeiter zählenden Theaters hatten vor der Sitzung für einen Neuanfang demonstriert. Der Personalrat des Theaters hatte vor kurzem in einem offenen Brief Missstände angeprangert wie "Kontrollzwang, beständiges Misstrauen, cholerische Ausfälle" seitens Spuhler. Es herrsche ein toxisches Arbeitsklima, hatte es darin geheißen. Außerdem geriet das Haus wegen angeblicher Belästigungen in die Schlagzeilen - Spuhler stellte deswegen einen leitenden Mitarbeiter des Staatstheaters frei.
Personalrat, Orchester- und Chorvorstand meinten nach der Sitzung des Verwaltungsrats: "Es überwiegt die massive Enttäuschung über die politischen Entscheidungsträger." Die größtenteils langfristig angelegten Maßnahmen genügten nicht. "Ein klares Signal für eine umgehende Neuausrichtung der Führungskultur wurde heute verpasst", meinte Raimund Schmitz, Sprecher des Orchestervorstands.
Die Personalratsvorsitzende Barbara Kistner verwies darauf, dass schon vor drei Jahren Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsklimas geplant gewesen seien. "Es hat sich nichts getan. Es war klar, dass das Klima weiterhin als schlecht empfunden wird. Wir erleben hier ein großes Déjà-vu", sagte David Panzer vom Orchestervorstand. Die Personalvertreter sicherten jedoch zu, ihren Beitrag für eine konstruktive Zusammenarbeit zu leisten. Sie begrüßten das Vorhaben, die Kompetenzen der Spartenleitungen zu stärken.
Am späten Freitagnachmittag ließ Spuhler ein offizielles Statement als Reaktion auf die vorgestellten Maßnahmen des Theater-Verwaltungsrats verbreiten: "Ich bedanke mich zuallererst für das einstimmige Vertrauen des Verwaltungsrats. Ich anerkenne den Bedarf, zeitnah und nachhaltig die Maßnahmen und Veränderungen anzugehen. Das Vertrauen innerhalb des Hauses wiederherzustellen, hat oberste Priorität. Ich nehme diesen Auftrag an und werde dafür offen, respektvoll und in Demut auf alle Kolleg*Innen, allen voran den Personalrat, zugehen, auf dass wir verantwortungsvoll gemeinsam in einen Prozess für die Zukunft eintreten."
Angesichts der Führungskrise des Theaters rückte ein weiteres brisantes Thema in den Hintergrund: Wie Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) mitteilte, wird die Sanierung und Erweiterung des Theaters sehr viel teurer als geplant: Statt 325 Millionen Euro soll das Vorhaben nun voraussichtlich auf rund 500 Millionen Euro kommen. Grund ist der Wechsel vom ursprünglichen Ingenieurbüro zu einem neuen Partner. Mehrkosten gab es etwa wegen der doppelten Planung, höheren Baunebenkosten und dem zeitlichen Verzug.
Update: Freitag, 17. Juli 2020, 22 Uhr
Karlsruhe. (dpa-lsw) Mit einem Protest-Spalier haben mehr als 300 Beschäftigte des Badischen Staatstheaters für einen Neuanfang an dem Haus demonstriert. "Das Vertrauen in die Theaterleitung ist zerstört", sagte ein Orchestermitglied am Freitag bei der Protestkundgebung zu Beginn der Verwaltungsratsitzung des Theaters in Karlsruhe. Die Demonstranten warfen Generalintendant Peter Spuhler schlechten Führungsstil und mangelhafte künstlerische Leistungen vor.

Das Publikum stimme mit den Füßen ab und bleibe weg: "Es ist schwer, vor halbleeren Rängen zu spielen", meinte ein Opernmitglied. Gemäß dem aktuellen Spielplanmotto "Von Haltung und Verhalten" appellierten die versammelten Theater-Mitarbeiter an die Politik, für eine Lösung zu sorgen.
Ihr Anliegen konnten sie allerdings nicht direkt Baden-Würtembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) - sie ist Vorsitzende des Verwaltungsrats - und Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) nahebringen. Die beiden waren, wie auch der Intendant, schon lange vor dem offiziellen Beginn der Verwaltungsratsitzung erschienen.
Im Mittelpunkt der Sitzung sollte an sich die Sanierung des Badischen Staatstheaters stehen. Nach der massiven Kritik am Führungsstil von Spuhler steht nun aber seine Personalie im Vordergrund. Mitglieder des Gremiums berichten von einer "sehr kritischen" Haltung gegenüber dem Intendanten; sie rechneten vor Sitzungsbeginn aber nicht mit einer personellen Neuaufstellung.
Update: Freitag, 17. Juli 2020, 12.27 Uhr
Karlsruhe. (dpa) Am Badischen Staatstheater Karlsruhe wird der Führungsstil des Intendanten Peter Spuhler kritisiert. In einem offenen Brief prangert der Personalrat des Hauses angebliche Missstände an. Dazu gehörten "Kontrollzwang, beständiges Misstrauen, cholerische Ausfälle" seitens Spuhlers. Es herrsche ein toxisches Arbeitsklima, heißt es darin weiter unter Berufung auf vertrauliche Gespräche des Personalrates mit Mitarbeitern. Der Brief lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
Spuhler wollte sich am Montag nicht zu dem Schreiben vom vergangenen Freitag äußern. Es gebe zu den Vorwürfen keinen Kommentar, teilte eine Sprecherin des Drei-Sparten-Hauses mit. Zuvor hatten die "Badischen Neuesten Nachrichten" über die Kritik berichtet.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) teilten in einer gemeinsamen Stellungnahme mit, sie nähmen die Schilderungen in dem Brief ernst und würden sich damit auseinandersetzen. Die Faktenlage sei schwierig einzuschätzen, weil die Vorwürfe anonym vorgetragen würden. Die beiden schlagen dem Verwaltungsrat nun unter anderem vor, den Kultureinrichtungen einen Vertrauensanwalt "als Ansprechpartner für unlauteres Verhalten und Missstände" zur Verfügung zu stellen. Außerdem würden sie Stellungnahmen zu den Vorwürfen von der Theaterleitung und dem Personalrat einfordern.
Bauer hat den Vorsitz im Verwaltungsrat des Staatstheaters inne. Der Oberbürgermeister von Karlsruhe, Mentrup ist Stellvertreter. Er habe von den Vorwürfen bisher keine Kenntnis gehabt, zitierte ihn ein Stadtsprecher. Das Thema solle aus Sicht Mentrups möglichst auf der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates am 17. Juli besprochen werden.
Von 2005 bis 2011 war er Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg. Seit 2011 ist er Generalintendant am Badischen Staatstheater. Unter seiner Leitung hat das Haus auch bundesweit viel Beachtung erfahren. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte er seinen bis 2021 laufenden Vertrag um fünf Jahre bis zum August 2026 verlängert.
Update: Montag, 6. Juli 2020, 17.45 Uhr