Lebende Pop-Legende

Warum Taylor Swift so einzigartig ist

Am Freitag erscheint das neue Album von der US-Sängerin. Sie ist der größte Popstar unserer Zeit.

18.04.2024 UPDATE: 18.04.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 51 Sekunden
Fleiß gepaart mit einem so noch nicht gekannten Songwriting- und Selbstvermarktungstalent: Taylor Swift ist ein Phänomen. Foto: dpa

Von Steffen Rüth

Paul McCartney preist sie als seine persönliche Inspirationsquelle, Stevie Nicks bedankt sich für ihr einfühlsames Songwriting und Billy Joel stellt sie auf eine Stufe mit den Beatles: Taylor Swift. Bevor am Freitag ihr heiß erwartetes Album "The Tortured Poets Department" erscheint, erklärt die RNZ anhand von neun Thesen, warum die 34-Jährige alles und jeden am Pop-Firmament überstrahlt.

> Sie ist eine verdammt gute Songschreiberin: Zu Anfang ein Selbsttest: Wie viele Taylor-Swift-Refrains fallen uns ein, wenn wir zwei Minuten in uns gehen? Zehn? 20? Alle? Es ist auch nicht schrecklich schwer, sich "We Are Never Ever Getting Back Together", "Shake It Off" oder ruhigere Nummern wie "Back To December" zu merken, denn sie machen es einem leicht. Taylor Swift ist eine Meisterin ihres Handwerks, weil ihre Melodien nicht trivial sind, aber auch nicht so vertrackt, dass man sie zig Mal hören müsste, um sie im Kopf zu behalten. Swifts Songs sind im besten Sinne gefällig.

> Sie ist eine Geschichtenerzählerin: Man merkt diesen Liedern bis heute an, dass Taylor Swift, geboren auf einer Weihnachtsbaumfarm in Pennsylvania, ihre Wurzeln in der Countrymusik hat. Geschichten aus dem Leben zu erzählen, steht bei diesem Genre an erster Stelle. Nachvollziehbarkeit lautet das Zauberwort. Und Swift kann das. Logischerweise lebt eine Frau, die 14 Grammys in der Vitrine stehen hat, ein anderes Leben als ihre Fans.

Und dennoch: Wer Liebeskummer hat, wird ohne langes Suchen genau diesen einen Swift-Song finden, mit dem sie oder er sich identifizieren kann. Auch weil die Songwriterin sich auf die wichtigen Dinge – sich verlieben und trennen, zweifeln, sich rächen oder die Würde wahren – konzentriert. Quasi als Stellvertreterin macht die junge Frau durch, womit viele von uns kämpfen.

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> Ihre Musik ist dynamisch: Sie hat mit Country angefangen, als das Genre längst noch nicht so angesagt war wie heute. Den Wiederaufstieg der vermeintlichen Altherrenmusik zu einem bei der Jugend beliebten Stil hat die Blondine mitzuverantworten. Doch dann brach sie aus – erst dezent mit dem Album "Red", dann mit Verve auf "1989", mit dem ihr vor zehn Jahren der Sprung zum Pop-Superstar gelang.

Als 2020 pandemiebedingt alle die Natur vor der eigenen Haustür entdeckten, zimmerte Swift mit "Folklore" und "Evermore" zwei spärlich instrumentierte, der Folkmusik nahestehende Alben zusammen. Ja, gerade durch das fröhliche Genrehüpfen, das sie mit den Produzenten Jack Antonoff und Aaron Dessner vollführt, bleibt ihre Musik so spannend. Auch beim elften Studioalbum "The Tortured Poets Department" (Die Abteilung der gequälten Dichter) weiß man nicht, wie’s klingen wird.

> Sie packt autobiografisch zu: "Meine Reaktion auf alles, was passiert, sei es gut oder schlecht, ist: etwas daraus zu machen und meine Erfahrungen in Kunst zu verwandeln." Das sagte Swift dem "Time"-Magazin, welches sie 2023 zur "Person des Jahres" kürte. Als sie 2017 das Album "Reputation" veröffentlichte, war den Stücken anzumerken, dass sie zuvor persönlich und beruflich Tiefschläge eingesteckt hatte.

Und der große Hit "Anti-Hero" vom 2022er-Album "Midnights" thematisiert auf unverblümte Weise ihre Selbstzweifel. Die Zeile "It’s me / Hi / I’m the problem, it’s me" ist in den allgemeinen Sprachgebrauch eingesickert. Auch nicht unwichtig: Richtig dumme Aussagen, Skandale gar, hat sie sich nie geleistet. Taylor Swift hat sich im Griff und beherzigt Tugenden wie Disziplin, Arbeitsmoral und Ehrgeiz.

> Sie schließt niemanden aus: Es gibt keine klar umrissene Zielgruppe. Natürlich ist Swift Idol vieler Mädchen und junger Frauen, die sich in manchen Situationen womöglich fragen "Was würde Taylor jetzt tun?" Aber zu ihren Auftritten finden sich auch Menschen mittleren Alters ein. Diversität wird dabei nicht mit der Brechstange proklamiert, sondern ist ein natürlicher Nebeneffekt ihrer Barrieren sprengenden Musik.

> Sie zeigt Haltung: Politisch hat sie sich lange zurückgehalten. Inzwischen bezieht Taylor Swift klar Stellung, etwa für die Rechte von Frauen oder die Mitglieder der LGTBQ+-Gemeinde. Bei den letzten Wahlen hat sie sich für Joe Biden ausgesprochen. Sollte sie sich dieses Jahr entschließen, sich noch dezidierter gegen die Wahl Donald Trumps zu äußern, könnte sie in einigen engumkämpften US-Bundesstaaten das Pendel in Richtung der Demokraten ausschwingen lassen.

> Ihre Konzerte sind eine Einmal-im-Leben-Erfahrung: Allein in Deutschland haben sich etwa drei Millionen Menschen um Tickets für "The Eras Tour" im Sommer beworben – nur ein Bruchteil kam zum Zug. Insgesamt wird Taylor Swift mit den 152 Shows ihrer weltweiten Tournee den Allzeitrekord brechen und auf 1,4 Milliarden US-Dollar Umsatz kommen (1,3 Milliarden Euro).

Der Effekt ihrer Konzerte ist so signifikant, dass ihn die US-Notenbank als wirtschaftlich stimulierend beschreibt. Jede Show dauert dreieinhalb Stunden, in der Regel spielt Swift 44 Songs aus allen Phasen ihrer inzwischen fast 20-jährigen Karriere.

> Sie ist geschäftstüchtig: Zur Tournee, die bis Ende 2024 geplant ist, lief im Herbst bereits ein Kinofilm, ebenfalls "The Eras Tour" betitelt. Er wurde zum erfolgreichsten Konzertfilm der Geschichte. Swift umging bei der Vermarktung die klassischen Filmverleiher, die Fans konnten in den Kinos Taylor-Tassen und -Popcorn kaufen. Im Oktober verkündete das Finanzmedienunternehmen Bloomberg, dass Taylor Swift die Marke von einer Milliarde US-Dollar Vermögen geknackt habe.

Niemand wunderte sich darüber. Denn die Kunst, sich gerade in den sozialen Medien zu vermarkten, beherrscht der Popstar perfekt. Swift stellt ihren Anhängern gerne kleine Rätsel, Details zu neuen Projekten verrät die 34-Jährige generell nur häppchenweise.

> Sie steht für sich selbst ein: Musikmanager Scooter Braun kaufte 2019 Swifts Plattenfirma Big Machine und verhökerte anschließend die Rechte an ihren dort veröffentlichten ersten Alben an eine Investorengesellschaft. Swifts Reaktion: Sie nimmt die Platten noch einmal originalgetreu neu auf, angereichert mit jeweils einer Handvoll unveröffentlichter Songs "from the vault", sprich aus dem Archivkeller. Diese Alben in "Taylor’s Version" sind irre erfolgreich. Zugleich ist das Ganze ein Lehrstück in Sachen Selbstermächtigung.

> Gottesdienst für "Swifties": Dass die Verehrung der Sängerin religiöse Züge annimmt, lässt sich auch in Heidelberg beobachten. So bietet die evangelische Heiliggeistkirche in der Innenstadt am Sonntag, 12. Mai, zwei Feiern mit Musik von Taylor Swift an. Der erste Gottesdienst um 11 Uhr sei innerhalb kürzester Zeit ausgebucht gewesen, sagt Pfarrer Vincenzo Petracca. Deswegen werde es noch einen zweiten um 13 Uhr geben. Pro Veranstaltung stehen 423 Plätze zur Verfügung. Der Eintritt ist frei, Plätze müssen reserviert werden. 

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