Kunst bei der Buga Heilbronn

Man hört Kreischen und Kichern

Skulpturen und Installationen im öffentlichen Raum

09.08.2019 UPDATE: 10.08.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Die Skulptur "Reef" von Richard Deacon, dem letzten Vogelmann-Preisträger, am Heilbronner Neckarufer. Foto: Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Die Städtischen Museen Heilbronn haben Mittel und Kapazitäten freigeschaufelt, um während der Bundesgartenschau die Ausstellung "Wie es Euch gefällt!" mit Erwerbungen und Schenkungen der letzten zwei Jahre zu präsentieren.

Den Schwerpunkt bilden Skulpturen von Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts aus dem deutschen Südwesten. Gezeigt werden u. a. Werke der Klassischen Moderne von Auguste Rodin und Toni Stadler über Priska von Martin und Thomas Lenk bis zu Franz Erhard Walther und Thomas Schütte, außerdem Werkgruppen des Heilbronner Malers Karl Hartmann, des im letzten Jahr verstorbenen Hal Busse, Arbeiten von Hans Schreiner und der Stuttgarter Schule, zu der Ida Kerkovius, Bruno Diemer oder Moritz Baumgartl gehörten.

Doch damit nicht genug. Fast noch interessanter und auch humorvoller geht es in der Stadt zu. An Thomas Schüttes Installation "One Man House" auf der Inselspitze im Neckar kommt keiner vorbei. Knallrot, einladend und öffentlich zugänglich ist es für jeden. Wer es betritt, kann den Blick durch das Rundfenster auf den Neckar genießen. Vor der Kunsthalle steht Richard Deacons "Like a rocki". Der Brite kam eigens nach Heilbronn - und schimpfte kräftig über den Brexit, der ihn in Tränen ausbrechen ließ. Direkt am Neckarufer zeigt er vis-à-vis des "One Man House" seine eigens für diesen Standort geschaffene Skulptur "Reef", ein Riff aus Metall. Vielleicht verbleibt diese Arbeit auch noch nach der Buga in der Stadt, denn sie passt wunderbar hierher. Ihr speziell behandelter Edelstahl reflektiert die Wellen des Flusses und die Strahlen der Sonne. Mit der Ernst-Franz-Vogelmann-Stiftung bzw. deren Preisträger wird vieles möglich.

Das Motto der Kunst zur Buga lautet "Sie sind hier", abgleitet von einer Arbeit von Simone Demandt, die die Skizze einer im Mittelalter geplanten, aber niemals gebauten Befestigungsanlage auf ein 12 mal 16 Meter großes Banner übertrug, das nun die Holzfassade eines Parkhauses ziert. Im Rathaus-Innenhof ließ Peter Riek "Gras wachsen", schwarzen Kunstrasen mit den Umrissen von Totenköpfen: eine "Schädelstätte", die an das Bombardement Heilbronns am 4. Dezember vor 70 Jahren erinnert. Die nachfolgende Installation bildet mit ihrem lebendigen Wasser einen Kontrast. Vanessa Henn lässt einen seit Jahren verfallenden Brunnen wieder sprudeln. Ein Bewegungsmelder, ein Schlauch, ein Wasserreservoir und eine Pumpe machen’s möglich. Vom Rathausdach herab ergießt sich ein Wasserstrahl mitten in den alten Brunnen. Nicht jeder kommt trockenen Fußes vorbei, man hört Kreischen und Kichern. Nächstes Werk, nächste Irritation: Was mag bloß Valentin Beinroths quietschgelbe "Messboje" auf dem Neckar messen? Vielleicht literweise das Absurde?

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Sehr konkret dagegen ist Bernd Hennings "Der König auf seiner Insel". Auf dem Kirchenbalkon des Deutschordensmünsters Peter und Paul steht ein Gewächshaus auf einer Holzpalette, gefüllt ist es mit Plastikmüll statt mit Blumen. Der aus dem seinem grünen Paradies vertriebene König, ganz in Gold, steht darauf, sinniert und ist gerade dabei, nicht nur seine Hose, sondern auch seine Würde zu verlieren. Das ist die eine Botschaft, die weitere aber lautet: Die Städtischen Museen und der Kunstverein waren als Buga-Aktivposten eigentlich unerwünscht. Doch mit ihren Angeboten im öffentlichen Raum zeigen sie, wie man trotz finanzieller Engpässe würde-, inhalts- und humorvoll arbeiten kann. Gratulation!

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