Von Andrea Döring
Samstagnacht - Zeit, tanzen zu gehen. Die Musik, die Kamaal Williams alias Henry Wu mit seiner Band aus London nach Ludwigshafen brachte, riss das Publikum bei Enjoy Jazz im Kulturzentrum "DasHaus" fast komplett von den Stühlen. Mit gewaltiger Energie entfaltet das Quartett einen musikalischen Sog, dem sich kaum jemand entziehen kann. Nach fast zehnminütigen stehenden Klatsch- und Pfeifchören legten die vier eine lange Zugabe hin, die zahlreiche Zuhörer ausgelassen tanzend bejubelten.
Dabei fing der Abend ganz romantisch an. Williams entlockt dem Flügel zarte Töne, während Quinn Mason auf dem Saxofon wunderschöne, klangvolle Melodien zaubert. Ein fast zärtlicher, sehnsüchtiger Dialog entwickelte sich. Doch als Moyses dos Santos mit seinem Bass dazukommt und Kaz Rodriguez das Schlagzeug auf der Bühne entert, wird es schnell leidenschaftlich.
Kurz, kraftvoll und ekstatisch bläst Mason nun das Saxofon. Zwischen dem Flügel und drei Keyboards wechselt Williams effektvoll. Dos Santos entlockt dem Bass zumeist zwerchfellerschütternd fette Klänge, denen er freudestrahlend nachhört. Auch hoch virtuos kann er die Finger über das Griffbrett sausen lassen.
Buntes Stilgemisch
Als Meister komplexer Rhythmen erweist sich Rodriguez. Hoch konzentriert, sehr präzise und leise navigiert er immer wieder durch verschiedene Rhythmuswechsel. Dann wieder schlägt er auf die Drums ein, dass das Tier aus der Muppet-Show dagegen als zahmes Schmusekätzchen erscheint. Eine große Spielfreude und viel Rhythmusgefühl zeichnet das Quartett um Williams aus, das in dieser Form in Ludwigshafen zum ersten Mal auftrat.
Die vier sind aus London und mischen in der momentan sehr innovativen und angesagten britischen Szene mit. Ihr Stil ist nicht einfach einzuordnen. Verschiedene Genres mischen sich: Jazz, Funk, Hip Hop, Grime, Garage, Drum & Bass und Broken Beat kann man erkennen. "The Essence of London Underground" nennt Williams seine Musik selbst. Es verschmelzen neben verschiedenen Musikstilen, mit denen die jungen britischen Musiker aufgewachsen sind, auch die Traditionen ihrer Eltern und Großeltern, die aus allen Ecken des Empires nach London kamen: Wus Mutter ist aus Taiwan, sein Vater Brite. Chinesische Kalligrafie und Schlagzeug-Spielen waren Williams erste Hobbys. An den Plattencovern seiner Alben "Black Focus" und "The Return" und seinem sehr groovenden Sound kann man diese Wurzeln erkennen.
Indische, afrikanische, karibische und natürlich europäische Wurzeln und Zweige kommen in dieser Formation noch hinzu. Die Musiker um Williams haben Freude am Austausch. Aufmerksam hören sie darauf, was der andere zu sagen hat, wiederholen es in ihrer musikalischen Sprache und antworten differenziert. Gemeinsam sind sie gerne mal richtig laut.
Viel Spaß haben sie aber auch dabei, immer mal wieder einfach einen Takt lang auszusetzen. So viel Lebenslust ist ansteckend. Mit dieser Band wird die Nacht nicht lang.