Mannheimer Kunstverein

Über das Verhältnis von Geld, Kunst und Mensch

Die Ausstellung "30 Silberlinge" mit Arbeiten der Sammlung Haupt im Mannheimer Kunstverein - Werke von Beuys und Staeck sind zu sehen

10.07.2017 UPDATE: 11.07.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden

Zurück zum Zeitalter der D-Mark, aber in ironischer Form: Der 10 000-Mark-Schein des Heidelberger Künstlers Klaus Staeck zeigt einen verfremdeten Franz Josef Strauß. Repro: chl

Von Milan Chlumsky

Gehören Sie zum Klub der Besitzer der teuersten Kunstwerke der Welt? Vermutlich haben Sie die Kleinigkeit von 179,4 Millionen US-Dollar nicht parat, um das teuerste Gemälde, das je versteigert wurde, zu erwerben: die "Frauen von Algier" (1955) von Pablo Picasso. Oder auch 170,4 Millionen Dollar, die für die Arbeit "Liegender Akt" (1917) von Amadeo Modigliani nötig waren. Mit Giacometti, Klimt, Munch und Warhol geht es weiter, wobei Picasso dreimal und Giacometti zweimal die Grenze von 100 Millionen Dollar überschritten haben.

Auf der anderen Seite zählte man vor einigen Jahren in Deutschland etwa 180.000 bildende Künstler, die zusammen einen Jahresumsatz von nur 752 Millionen Euro erwirtschaften konnten. 6660 waren arbeitslos gemeldet. Kunst und Geld bilden eine seltsame Wechselbeziehung. Wenn Joseph Beuys einen 20-DM-Schein mit der Gleichung "Kunst = Kapital" und einen 20-Mark-Schein der DDR mit der Überschrift "Falschgeld" versieht, wird das Thema auch politisch.

Der Berliner Sammler, Rechtsanwalt und Humanist Stefan Haupt plante ursprünglich, 30 Kunstwerke zu erwerben, die auf die eine oder andere Weise mit dem in der Bibel geschilderten Verrat von Judas an Jesus zu tun haben, den dieser für 30 Silberlinge begangen haben soll. Doch sehr schnell wurden es fast 200 Werke. Dazu zählen auch ganz ungewöhnliche Arbeiten, etwa die des in New York lebenden Taiwanesen Ming-Wei Lee. Er hat 10-Dollar-Scheine zu kunstvollen Origami-Skulpturen gefaltet und sie neun Menschen geschenkt. Nach sechs und zwölf Monaten besuchte er die Personen erneut, um zu sehen, was aus den Kunstwerken geworden ist. Manche haben es behalten, andere haben sich Eis, eine CD oder Schuhe dafür gekauft. Auch dies ein Statement über das Verhältnis von Geld und Kunst.

Im Bereich der Grafik sind Banknoten beinahe dazu prädestiniert, die darauf Abgebildeten durch andere Personen (vorwiegend Künstler) zu ersetzen. Manche solcher Arbeiten erweisen sich heute als Symbole einer ganzen Epoche samt ihrer Protagonisten: So hat Klaus Staeck ein Plakat mit der Abbildung des Kölner Doms entworfen, auf dem dieser hinter einem Stapel von Banknoten verschwindet. "Am Anfang war das Geld" heißt dieses Werk in Anspielung auf die biblische Genesis. Ein anderes beruht auf einem 1000-Mark-Schein mit dem Konterfei von Lucas Cranach d. Ä, der von Staeck durch den ehemaligen Finanzminister Franz Josef Strauß ersetzt wurde. Den Geldwert erhöhte er auf 10.000 D-Mark.

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Heute, in den Zeiten des digitalen Bildüberflusses, wird der Wert des Bildes durch das Verweilen davor ersetzt. Für ihre Arbeit "The Value of Art - Sheep’s Head" hat das Künstlerduo Christa Sommerer und Laurent Mignonneau (Österreich, Frankreich) einst ein kleines Bild von einem Schafskopf erstanden. Sie haben ihn mit einem Sensor ausgestattet, der die Zeit misst, die man vor dem Bild verbringt. Der Zeitwert wird sodann in einen Geldbetrag umgerechnet. Von Betrachter zu Betrachter steigt der Wert.

95 Arbeiten aus der Sammlung Haupt sind jetzt im Mannheimer Kunstverein zu sehen. Fast alle werfen einen kritischen Blick auf das Thema Kunst und Geld. War das Geld für die einen das Böse per se (Beuys), ermöglichte es anderen ein sorgloses Dasein. Dürer hat beispielsweise mit seinem ausgeklügelten Copyrightsystem gutes Geld verdient. Eine Frage beantwortet die Ausstellung aber nicht: Was passiert, wenn das Bargeld eines Tages verschwindet und durch digitale Bezahlsysteme ersetzt wird?

Info: "30 Silberlinge - Kunst & Geld, Sammlung Haupt", Mannheimer Kunstverein, bis 16. 7., www.mannheimer-kunstverein.de

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