HINTERGRUND

05.07.2017 UPDATE: 05.08.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 15 Sekunden

Alle sind neugierig: Nachdem Walter Schels in den 1970er Jahren sein Projekt, Hände zu fotografieren, begonnen hatte, war er überrascht. Fast niemand lehnte seine "Handleidenschaft" ab. Nicht nur das. Carl-Friedrich von Weizsäcker, Kernphysiker am Max-Planck-Institut, erzählte ihm, dass er "ein großer Freund des Handlesens" sei. "Ich weiß auch nur, dass es funktioniert. Aber ich weiß nicht, warum", so der Wissenschaftler. Der Dalai Lama streckte ihm kichernd seine Hände entgegen und fragte: "What can you see?"

Chirologie: Im 19. Jahrhundert galt das Handlesen als Kunstform, aber auch als Wissenschaft. Es ging weniger um Zukunftsdeutung, mehr um den Ursprung menschlicher Identität und Vererbung. Gregor Mendel schrieb 1866: "So wenig man zwei sich vollkommen ähnliche Gesichter finden kann, so wenig wird man zwei sich vollkommen ähnliche Hände von zwei verschiedenen Personen finden." Chinesen und Inder begannen schon vor 3000 Jahren, aus Handlinien Informationen über Persönlichkeit und Schicksal zu gewinnen. Aristoteles sah darin "himmlische Einflüsse". Paracelsus zählte die Handlesekunst zu den akademischen Disziplinen.

Die Linien der Hand: Die waagerecht verlaufende Herzlinie im Handteller (ganz oben) steht für Liebe und Mitgefühl. Bei der Kopflinie darunter geht es um die Ausprägung von Intelligenz und Willensstärke. Die Saturnlinie, die sich senkrecht vom Mittelfinger in Richtung Handwurzel zieht, steht für die gesellschaftliche Position und das Erreichen von Lebenszielen. Die Lebenslinie rund um den Daumenhügel soll Gesundheit, Vitalität und Lebenskraft ausdrücken. Die Apollolinie, vom Ringfinger senkrecht, zeigt künstlerische Begabung und Glücksempfinden. Die Merkurlinie, vom kleinen Finger senkrecht, organisatorische und pädagogische Fähigkeiten sowie Sprachtalent. Das Armband zwischen Handkante und Unterarm, meist dreifaltig, steht für Gesundheit und langes Leben.

Die Dermatoglyphen: So nennt man Hautleisten am Körper, wozu auch die Handlinien gehören. Die Medizin hat sie bisher nur teilweise erforscht. Einig ist man sich, dass Herzfehler und geistige Behinderung teilweise im Handteller ablesbar sind, doch Genaues weiß man noch nicht. Geplant ist, Handlinienmuster massenhaft zu scannen, in Rechenprogrammen zu erfassen und mit Gensequenzen abzugleichen. Die Forschung ist noch am Anfang, aber wissenschaftliche Erkenntnisse werden erwartet.