Hintergrund: Brandrede mit Cicero
Stadtrat überraschte Kollegen
Schwetzingen. (hab) "O tempora, o mores –was für Zeiten, was für Sitten": SPD-Fraktionschef Robin Pitsch hat bei seiner Haushaltsrede im Schwetzinger Gemeinderat den römischen Politiker und Philosophen Cicero bemüht. Es folgte eine unterhaltsame, wenngleich lange Auslassung über Politiker und Politik, über Postengeschachere und die Kluft zwischen Oben und Unten, zwischen Aristokratie und Plebejer. Es ging um angelogene Bürger und um eine Bevölkerung, die dem individualistischen Überleben zwischen Porsche, Protz und Proll fröne, statt sich politisch oder gesellschaftlich einzubringen.
Ein wenig verschreckte Gesichter sah man da im Rat angesichts der Schimpfkanonade, ehe der Genosse sein Geheimnis preisgab. Was er da schilderte, war nicht auf unsere gegenwärtige Gesellschaft bezogen, sondern auf die Situation im Römischen Reich zu Zeiten Ciceros. Erleichterter Applaus aus dem Gremium zum Ende der Rede. Dass es aber bei den Stadträten überhaupt zu dem Schreck in der Abendstunde kommen konnte, deutet darauf hin, dass die Situation in der aktuellen politischen Elite nicht so weit weg ist von den Zuständen zu Zeiten Ciceros.
Pitsch wollte mit seinen Äußerungen einen Finger in die Wunde legen, die allen Räten wehtut. "Wir Kommunalpolitiker sitzen am Ende der politischen Nahrungskette. Unser kommunaler Haushalt ist das Ende der durch bürokratische Schlüssel, Umlagen und Gebühren zersetzten Fiskal-Nahrungskette. Wir, auch hier in Schwetzingen, müssen das finanzieren, was die da oben in Stuttgart und Berlin verschlafen, abdrücken und nicht fähig sind zu bewältigen", haderte er.
Weil Landespolitik kommunales Geld koste, "laufen wir hart defizitär einem strukturellen Defizit hinterher, das uns zwingen wird, Investitionen herunter zu schrauben und unsere Bürgerdienste und freiwilligen Leistungen zu kürzen. Und dann ist aus die Maus", schilderte er seine Sicht der gegenwärtigen finanziellen Situation der Kommunen.