Bernhard Peters im RNZ-Interview

Jetzt spricht Hoffenheims Sportdirektor Bernhard Peters          

19.02.2011 UPDATE: 19.02.2011 08:31 Uhr 3 Minuten, 49 Sekunden
RNZ: "Ernst Tanner wird Geschäftsführer"

Jetzt spricht Hoffenheims Sportdirektor Bernhard Peters

  Zuzenhausen. Ein imponierender 1:0‑Sieg beim Champions‑League‑Teilnehmer Schalke, eine katastrophale Leistung bei der 0:4‑Niederlage letzten Samstag in München: Derzeit weiß keiner so recht, wohin der Weg von 1899 Hoffenheim führt. Eine Antwort könnte es in den beiden Heimspielen am Samstag (15.30 Uhr in der Rhein‑Neckar‑Arena) gegen den 1. FC Köln und eine Woche später gegen Mainz geben. Bereits heute hat Bernhard Peters (50) Antworten. Der Direktor für Sport‑ und Nachwuchs‑Förderung wehrt sich gegen den Vorwurf, die Jugendförderung habe bisher zu wenige Früchte getragen. Mit Riesenschritten habe man einen Rückstand von 30 bis 40 Jahren aufgeholt und könne inzwischen selbst mit de Großen der Branche mithalten. Peters gibt Dietmar Hopp Recht, der sich darüber beklagt hat, dass Hoffenheim 30 Millionen Euro zu viel ausgegeben hat. "Neuzugänge wie Zuculini und Tagoe  waren nicht besser, sondern nur teuerer als unsere eigenen jungen Spieler."   Herr Peters, gerade sind die deutschen Hockey‑Herren Hallen‑Weltmeister geworden. Wir könnten uns vorstellen, dass Ihnen bei den Jubelszenen etwas weh ums Herz wurde. Die ehemaligen Kollegen feiern und Sie sitzen bei 1899 Hoffenheim in Ihrem Büro...   Wehmut? Nein. Alles hat seine Zeit. Ich habe im Hockey alles erlebt. Jetzt habe ich eine andere, umfassendere Aufgabe. Es ist eine Herausforderung, in Hoffenheim an einer sportlichen Gesamtlinie zu arbeiten.   Es gibt Kritik, dass die Nachwuchsarbeit nicht genügend Früchte trägt.   Hoffenheim hatte gegenüber den meisten etablierten Bundesliga‑Vereinen einen Rückstand von 30 bis 40 Jahren. Den haben wir seit 2006 mit Riesenschritten verringert und inzwischen aufgeholt. Wir bauen mit Kontinuität an unserem System und sind von unserem Weg zu hundert Prozent überzeugt.   Als die B‑Jugend vor zweieinhalb Jahren Deutscher Meister wurde, dachten viele, es geht schneller.   [/INTERVIEW]Diese Meisterschaft hat bei einigen Flausen in den Kopf gesetzt. Wir haben den Titel besonders den Neckarauer Jungs mit ihrem Trainer Stephan Groß zu verdanken. Nachhaltige und dauerhafte Ergebnisse werden wir mit systematischer Arbeit erzielen, brauchen dazu aber noch Zeit und Geduld. Bei den Zwölf‑ bis Fünfzehn‑Jährigen sind wir jetzt genau so gut aufgestellt wie die Großen der Branche, die seit Jahrzehnten Nachwuchsarbeit auf höchstem Niveau betreiben. In allen Jahrgängen haben wir mehrere Spieler, die es bis in die Bundsliga packen können. Wenn wir jedes Jahr einen Spieler nach oben bringen, ist das sicher sehr gut. Aktuell verlassen die Akademie Spieler mit Zweitliga‑ und Drittliga‑Format. Bald werden wir diese Qualität systematisch zu Bundesliga‑Spielern erhöhen. Schon in dieser Saison haben wir mit Manuel Gulde einen hoch veranlagten Nachwuchsmann für die Bundesliga. Leider war er in den letzten Monaten oft verletzt.   Verstehen wir Sie richtig, Sie bekommen auch Talente, die von Stuttgart, oder den Bayern umworben werden?   Ja, natürlich. Wir haben hervorragende Bedingungen, ein umfassendes Konzept einer exzellenten Ausbildung: Fußball und Birne. Hoffenheim hat viel zu bieten, fast schon ein Alleinstellungs‑Merkmal, und deshalb eine hohe Akzeptanz gerade auch bei verantwortungsvollen Eltern.   Vor kurzem hat in Schalke Julian Draxler kurz vor dem Abitur die Schule geschmissen – auf Anraten seines Trainers Felix Magath.   Grundsätzlich ist eine solche Maßnahme absolut unverantwortlich. Wir habe eine hohe soziale Verantwortung. Auf dem Weg nach oben kann viel passieren. Verletzungen, Krankheiten, der falsche Trainer, eine ungünstige Entwicklung. Aber selbst wenn alles gut geht, nur ein Drittel der Profis hat nach der Karriere ausgesorgt. Es geht aber nicht nur ums Finanzielle, sondern dass ein junger Mensch die Grundlagen erhält, um nach dem Fußball einen guten Beruf auszuüben und ein zufriedenes Leben zu führen.   Draxlers ehemaliger Sportlehrer hat Felix Magath Recht gegeben. Julian würde in einer Saison mehr verdienen wie er in zehn Jahren. Fußball‑Profis führen schon in jungen Jahren ein luxuriöses Leben. Besteht die Gefahr, dass Geld den Charakter verdirbt?   Wir wollen die Mentalität der jungen Spieler beeinflussen, willensstark und bescheiden zu bleiben. Wenn sich alles nur um Fußball und Geld dreht, wird der Druck, es schaffen zu müssen, enorm groß, besteht die Gefahr des Scheiterns. Manager Ernst Tanner hat im RNZ‑Interview vor einer Woche gesagt, dass die perfekten Bedingungen in Hoffenheim dazu verleiten könnten, sich zurückzulehnen. Hat er Recht?   Unsere Spieler müssen wissen, dass wenn sie durch die schicke Tür unseres Nachwuchszentrums gehen, sie noch nichts gewonnen und erreicht haben. Nur eine Mentalität gegen Selbstzufriedenheit bringt uns weiter.   Der neue Cheftrainer Marco Pezzaiuoli hat mit großem Erfolg im Nachwuchsbereich gearbeitet. Wird sich das positiv auswirken?   Wir müssen uns weiter entwickeln. Wir müssen wegkommen vom Prinzip des Heuern und Feuern, wie es bisher leider oft geschehen ist. Junge Spieler sind zwar ziemlich schnell zu den Profis geholt worden, wurden aber auch schnell wieder fallen gelassen worden. Der Frust war groß. Junge Spieler brauchen Vertrauen durch Kommunikation, individuelles Training und eine klare Perspektive.   Dietmar Hopp hat sich beklagt, dass man beim Unternehmen Aufstieg 30 Millionen Euro hätte sparen können.   Recht hat er. Neuzugänge wie Tagoe, Wellington, Franco Zuculini und Boubacar Sanogo waren nicht besser, sondern nur viel teuerer als unsere eigenen jungen Spieler. Wir müssen Fleiß, Leidenschaft und zusätzliches Training in deren Entwicklung investieren., dann hätte Hoffenheim mehr Spieler als Identifikationsfiguren. Dadurch könnten wir eine sympathische eindeutig sportliche Marke 1899 Hoffenheim aufbauen.   Sie sind neben Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus  der letzte Überlebende aus der Gruppe, die 2006  angetreten ist, um "ein in Deutschland einmaliges Fußball‑Projekt" zu schaffen. Ralf Rangnick ist weg, Jan Schindelmeiser ist weg, Rainer Schrey ist weg, Dr. Hans‑Dieter Hermann auch. Ihr Vertrag läuft 2012 aus? Wird sich 1899 Hoffenheim dann auch von seinem Direktor für Sport‑ und Nachwuchsförderung verabschieden müssen?   Seit einigen Jahren hängt eine Collage in meinem Büro, die mir meine Frau Britta geschenkt hat: "Akzeptiere das Schwierige auf dem Weg, es macht den Erfolg erst wertvoll." Unsere Ziele mit Ernst Tanner, Alexander Rosen und mir sind klar umrissen und mit dem Beirat abgestimmt. Wir werden uns mit konsequenter Arbeit durchsetzen! Die Mission ist noch nicht beendet.

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