Schriesheim

Widerstand gegen Abriss des Steinbruch-Kompressorenhauses wächst

Jetzt gibt es sogar eine Unterschriftenliste für den Erhalt. Landtagsabgeordnete Tuncer will sich einschalten.

10.11.2022 UPDATE: 10.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
Etliche Schriesheimer finden es nicht gut, dass das alte Kompressorenhaus am Ölberg-Wanderweg abgerissen wird. Wie viele es tatsächlich sind, könnte eine Unterschriftenaktion zeigen, die gerade Sigrid Fuhs von Jöst-Textilmoden initiiert hat. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Ganz so sang- und klanglos geht der Abriss des ehemaligen Kompressorenhauses wohl doch nicht über die Bühne. Denn in Schriesheim wächst der Widerstand gegen die Pläne des Regierungspräsidiums Karlsruhe, eines der wenigen verbliebenen Überreste des ehemaligen Steinbruchs abzureißen – wogegen sich auch erst unlängst zwei Leserbriefe aussprachen.

So hat Sigrid Fuhs, die Inhaberin von Jöst-Mode in der Römerstraße 10, eine Unterschriftenaktion gestartet: Wer will, kann sich ab sofort bei ihr im Laden eintragen – und damit seinen Protest gegen die Abrisspläne bekunden. Fuhs selbst will auch gezielt von Haus zu Haus gehen, um zu schauen, ob ihre kleine Protestaktion auf Resonanz stößt. Sie selbst versteht nicht, wieso das Gebäude im Wald jetzt auf einmal weichen soll: "Es stört doch wirklich keinen." Wobei das Regierungspräsidium anderer Meinung ist: Das Gebäude, in dem wohl ab und an auch Jugendliche feiern und in dem auch gelegentlich campiert wird, stört das "Naturschutzgebiet Ölberg", das 1998 ausgewiesen worden war. Aus diesem Grund soll noch in diesem Monat der marode Komplex, der direkt am Ölberg-Wanderweg liegt, abgerissen werden.

"Auch ich habe die Bewegung innerhalb der Bevölkerung vernommen, und schätze es grundsätzlich sehr, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für unsere Stadt einsetzen", erklärte Bürgermeister Christoph Oeldorf auf RNZ-Anfrage. Allerdings bleibt er inhaltlich auf der Linie des Regierungspräsidiums – und ist damit weiterhin für den Abbruch: "Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist im Sommer dieses Jahres nach entsprechender Prüfung mit dem geplanten Vorhaben an uns herangetreten. Nach Auskunft der übergeordneten Behörden stellt das Gebäude eine erhebliche Störung für das Naturschutzgebiet dar. Diesem geplanten Vorhaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum Schutz unserer Natur und Umwelt möchten wir uns nicht verwehren und haben, den Ausführungen und Empfehlungen der übergeordneten Behörde folgend, unsere Zustimmung zum Abriss des Gebäudes erteilt."

Unterdessen tut sich auf ganz anderer Ebene einiges: So kontaktierte Reiner Frank Hornig als einer der Leserbriefschreiber die grüne Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer. Sie kennt die Abrisspläne aus der RNZ und weiß daher, dass die Karlsruher Behörde den Abriss vor allem naturschutzrechtlich begründet. Allerdings sieht Tuncer das Kompressorenhaus durchaus auch als schützenswertes Industriedenkmal; sie bekennt: "Mein Herz schlägt für alle Denkmäler." Dass nun Natur- gegen Denkmalschutz ausgespielt werde, versteht sie nicht: "Das kann doch nicht dazu führen, dass man jetzt auf einmal alles beseitigt."

Auch interessant
Kompressorenhaus Schriesheim: Ein Stück Kulturgeschichte verschwindet
Schriesheim: Ums Schulzentrum herrscht zu Schulzeiten Park-Chaos
Jugendgemeinderat Schriesheim: Für die 27 Kandidaten wird es jetzt ernst

Wobei rein rechtlich das Gebäude gar nicht denkmalgeschützt ist. Wieso das so ist – oder ob man das behördlicherseits "vergessen" hat – ist unklar; im Moment läuft eine RNZ-Anfrage bei der baden-württembergischen Denkmalschutzbehörde, die beim Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelt ist. Auch für Tuncer stellt sich diese Frage, zumal es sonst kaum mehr bauliche Zeugnisse des Steinbruchbetriebs gibt. Über das Kompressorenhaus, so erklärte sie nach einem Gespräch mit Oeldorf, gebe es im Rathaus zumindest keinerlei Akten. Zudem verweist Tuncer darauf, dass der Unmut der Abrisspläne in der Bevölkerung wächst – und das sollten die Behörden nicht ignorieren: "Es gibt schon ein Interesse der Öffentlichkeit, das Gebäude zu erhalten." Auch ihr Landtagskollege Sebastian Cuny (SPD) fände es "schön, wenn man das Kompressorenhaus erhalten könnte", aber er gab auch zu, er habe sich "mit dieser Angelegenheit noch nicht inhaltlich beschäftigt".

Unterdessen gibt es widersprüchliche Aussagen über die Grenzen des Naturschutzgebietes: So wurde vor einigen Jahren aus dem Steinbruch eine alte Waage geborgen, die dann später in Dossenheim wieder aufgestellt wurde. Wie die RNZ erfuhr, soll sich der "Waagenretter" auf dem Schriesheimer Rathaus erkundigt haben, ob er die denn mit einem Bagger bergen und abtransportieren dürfe, und damals hieß es, das sei kein Problem, denn weder die Waage noch das Kompressorenhaus lägen im Naturschutzgebiet.

Aber wie dem auch sei: Offenbar ist nach RNZ-Informationen momentan das Kompressorenhaus weniger eine "Party-Location" als andere ehemalige Betriebsteile des Steinbruchs: So sei das alte Brecherhaus – es liegt schräg links oben vom Kompressorenhaus aus gesehen – deutlich mehr von Vandalismus betroffen, wie Schmierereien und Partyreste belegen. Das, wie auch das große Vorratsbecken, sollen aber, da zu weit ab vom Wanderweg, nicht abgebrochen werden. Zumal, so das Regierungspräsidium, deren Beseitigung zu teuer sei.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.