Heidelbergs Oberbürgermeister

2006 wurde Eckart Würzner zum ersten Mal OB

Sieg für die "Bürgerlichen", Desaster für die SPD: Caja Thimm schöpfte Wählerpotenzial der Grünen aus. SPD-Kandidat Jürgen Dieter fiel im ersten Wahlgang durch.

21.10.2022 UPDATE: 21.10.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Nach dem souveränen Sieg im zweiten Wahlgang feierte Eckart Würzner mit seiner Frau Janine auf der Bühne am Marktplatz. Foto: Welker

Von Steffen Blatt

Heidelberg. Die Liste reicht zurück bis ins Jahr 1805, zu Georg Daniel Mays, der Heidelberg von da an 14 Jahre lang als Stadtoberhaupt regierte. 20 Männer und eine Frau sind ihm seitdem im Amt des Oberbürgermeisters gefolgt – acht von ihnen nach Ende des Zweiten Weltkrieges. In der Serie "Heidelbergs Oberbürgermeister" wirft die RNZ vor der OB-Wahl am 6. November in mehreren Teilen einen Blick zurück auf die Amtsinhaber und Wahlen seit 1945. Heute: 2006.

Es dauerte nur eine halbe Stunde, dann stand der Sieger fest an diesem 12. November 2006: Heidelbergs neuer Oberbürgermeister hieß Eckart Würzner. Der bisherige Umweltbürgermeister, der von CDU, FDP, Freien Wählern und den "Heidelbergern" unterstützt worden war, setzte sich im zweiten Wahlgang mit 53,9 Prozent der Stimmen gegen seine Konkurrentin Caja Thimm von den Grünen durch. Sie holte 45,1 Prozent.

Noch am Sonntagabend verteilte die RNZ eine Extra-Ausgabe, auf dem Titel ein Foto von Würzner und seiner Frau Janine, die auf der Marktplatz-Bühne bejubelt wurden. Danach ging es in die Diskothek "Nachtschicht" – dort hatte auch Würzners SPD-Vorgängerin Beate Weber acht Jahre zuvor ihren Wahlsieg gefeiert.

Weber hatte bereits 2003 bekannt gegeben, dass sie nicht mehr antreten würde. Aufgrund der damals geltenden Altersregelung hätte sie bei einer Wiederwahl nach vier Jahren mit 68 in den Ruhestand gehen müssen. Eine solche halbe Amtsperiode wollte Weber nicht.

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Damit war klar: Heidelberg bekommt ein neues Stadtoberhaupt. Das sogenannte bürgerliche Lager legte sich schnell fest und präsentierte schon im März 2005 den Kandidaten Würzner, der als Parteiloser antrat. SPD und Grüne zogen erst ein gutes Dreivierteljahr später nach – und während die 48-jährige Medienwissenschaftlerin Thimm, die früher in Heidelberg studiert und gearbeitet hatte, das grüne Wählerpotenzial der Stadt fast optimal ausschöpfte, wurde der Urnengang für die Sozialdemokraten zum Desaster.

Ihr Kandidat Jürgen Dieter blieb blass und kam als Bewerber "von außen" nie richtig bei den Heidelbergern an – obwohl der 51-Jährige als Abgeordneter im hessischen Landtag, Bürgermeister von Lampertheim und Direktor beim hessischen Städtetag eigentlich genug Erfahrung hatte.

Trotzdem holte er im ersten Wahlgang am 22. Oktober nur enttäuschende 12,8 Prozent und belegte hinter Würzner (47,4) und Thimm (33,6) nur Platz drei. Daraufhin zog er seine Kandidatur zurück, die SPD unterstützte dann die Grüne.

Doch am Ende wurde es der 45-jährige Würzner, der schon seit seinem Studium in Heidelberg lebte, seit 1989 in der Stadtverwaltung arbeitete – und so mit Abstand der bekannteste der drei aussichtsreichen OB-Kandidaten war.

Damit war die SPD-Vorherrschaft im Rathaus gebrochen: Seit 1958 hatte die Partei die Oberbürgermeister gestellt, unterbrochen nur von den neun Zundel-Jahren, nachdem der 1981 aus der Partei ausgetreten war. Zu Denken gab allen Beteiligten im Nachgang zur Wahl die Beteiligung: Die war mit 45,2 Prozent beim zweiten Termin die schlechteste seit Kriegsende.

Der neue Amtsinhaber stand nun vor großen Herausforderungen. Denn bei allen Verdiensten und Fortschritten, die in der "Ära Weber" erreicht wurden – offenere Verwaltung, Gleichberechtigung, Umweltschutz, besserer Nahverkehr – musste in Heidelberg im Jahr 2006 ein gewisser Entwicklungsstau diagnostiziert werden. Denn eine Freundin von Großprojekten war Beate Weber nicht gewesen – abgesehen von der Straßenbahn nach Kirchheim, die im Dezember 2006 ihren Betrieb aufnahm.

Stattdessen hatten die Oberbürgermeisterin und ihr Kämmerer Walter Lenz das Geld zusammengehalten, was zwar eine solide Haushaltslage zur Folge hatte – aber auch zum Beispiel einen riesigen Sanierungsstau bei den Schulen. Das Stadttheater war marode und musste aus Sicherheitsgründen sogar für eine Weile schließen. Die Wiederbelebung des Alten Hallenbades als Schwimmbad war gescheitert, und in der Innenstadt verdrängten Kettengeschäfte zunehmend die inhabergeführten Läden.

Darüber wurde im Wahlkampf diskutiert, auch die Frage, wie die damals noch brachliegende Bahnstadt entwickelt werden soll, war ein wichtiges Thema. Würzner wollte Bergheim durch den Bau eines Einkaufszentrums im Altklinikum beleben (später entstanden dort Wohnungen), eine Theatersanierung auf Sparflamme und eine Markthalle im Alten Hallenbad.

Würzners Lieblingsprojekt aber war eines, das schon diskutiert wurde, als Beate Weber 1990 ins Amt kam – und heute wieder Würzners Wahlkampf prägt: wie die "Stadt an den Fluss" kommt, inklusive Neckarufertunnel.

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