Wie eng wird es für Hasso Plattner?
Der SAP-Mitgründer will sich Mitte Mai letztmalig zur Wiederwahl als Aufsichtsratschef stellen. Unter den Aktionären macht sich schon jetzt Unmut breit.

Von Matthias Kros
Walldorf. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr der SAP könnte es bei der Hauptversammlung am 18. Mai für Mitgründer Hasso Plattner richtig ungemütlich werden. Denn unter Aktionären, Fonds und Analysten wächst der Unmut über seinen Wunsch nach einer weiteren Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender. Zwar bestreitet kaum jemand Plattners große Verdienste um den größten Softwarekonzern Europas. Der nach wie vor als "Mastermind" geltende 78-Jährige habe aber den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören verpasst und versäumt, einen geeigneten Nachfolger aufzubauen. Manch einer lastet ihm auch die zahlreichen Wechsel im Vorstand der SAP an. Zuletzt kündigte auch Finanzchef Luka Mucic, der als eine der wenigen Konstanten galt, seinen Rückzug an.
In der Einladung zur Hauptversammlung richtet Plattner nun einen regelrechten Appell an die Aktionäre: "Als letzter aktiver Gründer habe ich die Aufgabe, das Unternehmen an die nächste Führungsgeneration zu übergeben", schreibt er. "Diese Aufgabe liegt mir sehr am Herzen und ich verstehe, dass dieses Thema auch für Sie wichtig ist." Angesichts der Neuausrichtung der SAP, dem wechselhaften globalen Umfeld und der Veränderungen im Vorstand wolle er den Erfolg nun nicht durch einen Führungswechsel im Aufsichtsrat beeinträchtigen. "Deshalb stelle ich mich für eine letzte zweijährige Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender zur Wahl."
Auf die Unterstützung mancher Fonds kann Plattner dabei nicht zählen: "Wir stimmen gegen die Wiederwahl von Hasso Plattner", sagt etwa Henrik Pontzen von Union Investment. Ein Aufsichtsratsmitglied dürfe nach den geltenden Abstimmungsrichtlinien des Fondsanbieters nicht älter als 75 Jahre sein. "Eine Nachfolgeregelung für den Aufsichtsratsvorsitz ist längst überfällig. Auch die vielen Vorstandsrochaden bei SAP verunsichern die Investoren. Das tut dem Aktienkurs nicht gut."
Kritik kommt auch von Ingo Speich vom Sparkassen-Fondsanbieter Deka: "Wir haben großen Respekt vor seiner Lebensleistung, aber Herr Plattner ist jetzt 78 Jahre alt. Unser Problem damit ist: Er hat als Gründer und Großaktionär ohnehin eine dominante Position und noch immer gibt es keine vernünftige Nachfolgeregelung", sagt er und geht noch weiter: "Wir sehen nicht einmal, dass ein strukturierter Prozess der Suche nach einem Nachfolger überhaupt in Gang gesetzt wurde. Das wäre aber nötig."
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Ein Lob für Plattner hat auch Mirko Maier, Analyst bei der LBBW, übrig: Seine Verdienste seien unbestritten, sagt er. Plattner treffe immer noch richtungsweisende Entscheidungen hinsichtlich Produktentwicklung und Management. Solange er aber keinen Nachfolger zumindest für das Thema Produktinnovation nenne, könne das sogar den Aktienkurs drücken. Des Weiteren frage er sich, so Maier, ob sich SAP überhaupt noch in einer so schwierigen Situation befinde, die eine Wiederwahl rechtfertige.
Inwieweit es damit bei der Hauptversammlung tatsächlich eng werden könnte, lässt sich kaum vorhersehen. Ein Großteil der SAP-Aktien liegt im anonymen Streubesitz. Teilweise werden die Kleinaktionäre allerdings von Aktionärsvereinigungen wie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vertreten. Auch die zeigt sich skeptisch: "Seit vielen Jahren kritisieren wir immer wieder die dringend notwendige Regelung der Nachfolge Plattners", sagt Geschäftsführerin Jella Benner-Heinacher. Aus ihrer Sicht sei auch die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes bei einer sehr langen Zugehörigkeit gefährdet. "Es ist also fünf vor zwölf, um endlich die Nachfolge zu regeln." Eine Favoritin sieht die DSW in Friederike Rotsch. "Die aktuell mächtigste Frau im Aufsichtsrat sitzt in allen wichtigen Ausschüssen, häufig als Vorsitzende und übernimmt auch Aufgaben von Plattner", so Benner-Heinacher.
Für Plattners Wiederwahl stimmen will Andreas Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK): Man habe trotz Plattners hohem Alter keine Zweifel an seiner Kompetenz. Problematisch sei allenfalls seine lange Amtszeit als Aufsichtsrat, so dass die Unabhängigkeit der Kontrolle nicht mehr gewährleistet sein könnte. Da die strategische Transformation von SAP noch nicht abgeschlossen sei, sehe man "in Plattner ein stabilisierendes Element", so Schmidt. "Da er nach unserem Verständnis letztmalig kandidiert, planen wir seiner Wiederwahl zuzustimmen."
Noch nicht verraten will sein Abstimmungsverhalten dagegen der US-Fonds Blackrock, größter SAP-Einzelaktionär hinter den Gründern. So etwas sage man generell nicht, so eine Sprecherin. Und das gelte bei dieser Hauptversammlung ganz besonders.