Lampenhainer Erbstreit

Beim Streit auf dem Bauernhof flogen Steine

Als der 70-jährige Landwirt einen Anhänger mitnehmen wollte, eskalierte die Situation. Die Polizei musste einschreiten.

23.01.2022 UPDATE: 15.03.2022 20:00 Uhr 6 Minuten, 53 Sekunden
Landwirt Hans-Peter Werther fürchtet um die Versorgung seiner Hochlandrinder, weil ihm der Zugang zu den Tieren und ihrem Futter versperrt sind. Foto: Alex

Heiligkreuzsteinach-Lampenhain. (luw) Der Streit um eine Rinderweide und landwirtschaftliches Gerät ist nun endgültig eskaliert: Nach einer körperlichen Auseinandersetzung auf einem Bauernhof ermittelt die Polizei gegen drei Beschuldigte. Körperverletzung und räuberischer Diebstahl stehen im Raum.

Begonnen hatte alles mit einem Todesfall im Herbst 2021: Der Freund eines Lampenhainer Rinderzüchters hatte diesem seit vielen Jahren eine Weide am oben genannten Bauernhof verpachtet. Doch der Vertrag lief aus, ehe er schriftlich verlängert werden konnte: Der Verpächter war tot. Fortan verwehrte die Lebensgefährtin des Verstorbenen als Erbin dem Rinderzüchter jeglichen Zugang zu dem Anwesen. Jedoch lagerten dort noch Heu und landwirtschaftliches Gerät, das nach Aussagen des 70-jährigen Landwirts ihm gehöre.

Zudem büxten wie berichtet die Rinder aus: Offenbar hatte die Erbin die Stromzufuhr des umgebenden Zauns gekappt. Beide Parteien bezichtigten sich gegenseitig der Lügen, vor Ort wurde auch immer wieder lautstark gestritten. Ende Januar fürchtete der Züchter um seine Rinder, sodass er sie von der Weide abzog.

Seither war es ruhig geworden um die Streithähne. Doch am Freitag wollte offenbar der 70-Jährige gemeinsam mit einem Bekannten einen gesicherten Anhänger von dem Bauernhof mitnehmen: Laut Polizei sind die Eigentumsrechte hier "nicht klar definiert", weshalb es sich auch um einen Diebstahl handeln könnte. Vor Ort hieß es, zwischen dem Sohn der Erbin und dem Duo seien Steine geflogen, zudem sei eine möglicherweise ätzende Flüssigkeit versprüht worden. Der Polizei zufolge "gingen beide Parteien aufeinander los".

Update: Dienstag, 15. März 2022, 20 Uhr

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Landwirt brachte seine Rinder in Sicherheit

Der Ärger zwischen Hans-Peter Werther und der Erbin seines Verpächters geht weiter.

Heiligkreuzsteinach/Schriesheim. (luw) Jetzt sind die markanten, langhaarigen Vierbeiner von der Weide im Heiligkreuzsteinacher Ortsteil Lampenhain verschwunden: Landwirt Hans-Peter Werther hat seine Hochlandrinder auf zwei andere von ihm gepachtete Wiesen in Schriesheim-Altenbach gebracht. Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit der Lebensgefährtin seines inzwischen verstorbenen Freundes, von dem Werther die Lampenhainer Fläche Jahre lang gepachtet hatte (siehe unten). So gibt er bezüglich des Aufenthaltsorts der Rinder zwar klein bei. Doch der 70-Jährige will gegen die Frau, der die Wiese samt Hof und Wohnhaus als Erbin nun gehört, erneut vor Gericht ziehen.

"Meine Tiere gehen mir vor", sagte Werther nun nach der "Umzugsaktion" für die Rinder in dieser Woche: "Ich hatte Angst, dass sie ihnen was antut." "Sie" ist demnach die Frau, von der sich der Rinderzüchter seit dem Tod seines Freundes und Verpächters im vergangenen Herbst nach eigenen Worten "schikaniert" fühlt. Auf Nachfrage wollte sie sich nicht zu der Angelegenheit äußern.

Die Erbin hatte Werther bekanntlich unter Verweis auf den im August 2021 ausgelaufenen Pachtvertrag für die Wiese mehrmals aufgefordert, die Rinder von ebenjener Fläche herunterzunehmen. Vor allem aber habe sie ihm auch den Zugang zu 40 Heuballen im Wert von rund 2400 Euro verwehrt, so Werther. Er stattdessen habe Ersatz-Futter für seine Tiere kaufen müssen. Eine einstweilige Verfügung auf Zugang zum Heu scheiterte wie berichtet vor einigen Wochen.

Werther wirft der Frau zudem vor, zunächst die Stromversorgung des Zauns der Rinderweide gekappt und diesen nun zusätzlich durchgeschnitten zu haben. In der Folge seien seine Tiere mehrmals ausgerissen. Weil er sich zunehmend um die Vierbeiner sorgte, wollte der Landwirt den Umzug nach Altenbach bereits vergangene Woche starten. "Sie hat mir aber plötzlich die Zufahrt zur Wiese versperrt, indem sie jede Menge Unrat auf dem Weg verteilt hat", berichtet er. "Holt Eure Tiere so schnell, wie es geht", habe nun auch ein anderer Nachbar gewarnt, der die Situation seit Wochen beobachte. "Nur weil ich über die Wiese des Nachbarn fahren durfte, bin ich überhaupt an die Tiere dran gekommen", sagt Werther im Rückblick auf die nun vollbrachte "Großaktion".

Auf dem Grundstück der Erbin lagern nach seinen Angaben noch einige Geräte wie ein Mähwerk und ein Anhänger. "Die werde ich mir jetzt selbst aus dem Schuppen holen", kündigt er an. Die 40 Heuballen seien zwar ebenfalls sein Eigentum, jedoch seien diese unter Verschluss: Nur die Frau habe Zugang. "Ich werde darauf klagen, dass sie mir die rausgibt", betont der Landwirt.

Update: Sonntag, 30. Januar 2022, 20.05 Uhr


Der Erb-Streit eskaliert und der Bauer bangt um seine Rinder

Von Lukas Werthenbach

Heiligkreuzsteinach-Lampenhain. Es begann mit einem ebenso plötzlichen wie viel betrauerten Todesfall. Dieser führte zu einem Streit zwischen zwei Menschen, die dem Verstorbenen besonders wichtig waren. Einer dieser beiden, der Landwirt Hans-Peter Werther, wollte jetzt am Wochenende eigentlich klein beigeben: Er hatte vor, seine Hochlandrinder von jener Wiese zu nehmen, die inzwischen Eigentum seiner Kontrahentin ist. Diese hatte von ihm seit Monaten gefordert, die Fläche zu räumen. Doch nach Werthers Angaben habe die Frau ihm inzwischen den Weg dorthin versperrt – und sie sei auch nicht seiner Bitte nachgekommen, ihm den Weg freizuräumen. Demnächst könnte die Angelegenheit schon zum dritten Mal vor Gericht landen.

"Ich habe Angst um meine Tiere", sagt Werther, der Hochlandrinder züchtet und einen Teil davon auf einer vier Hektar großen Weide im Heiligkreuzsteinacher Ortsteil Lampenhain hält. Vergangene Woche sei der Zaun offenbar durchgeschnitten worden, zwei Rinder seien zum wiederholten Mal ausgebüxt und hätten wieder eingefangen werden müssen. Die betreffende Fläche gehörte seinem langjährigen Freund, von dem er sie pachtete. Doch der Pachtvertrag lief im August 2021 aus, laut Werther war bereits mündlich eine Verlängerung vereinbart.

Anfang September dann der Schock: Sein Freund, Inhaber und Betreiber eines Gasthauses, lag tot im dazugehörigen Biergarten. Im Ort war man bestürzt über den unerwarteten Tod des Mannes, der in den 1950er Jahren geboren wurde. Werther selbst war es, der den leblosen Körper fand. "Unsere Freundschaft bestand ewig, wir haben uns immer gegenseitig geholfen und sind zusammen durch Dick und Dünn gegangen", erzählt Werther im RNZ-Gespräch.

Doch zur Trauer mischte sich bald Ärger. Die Lebensgefährtin des Verstorbenen bekämpfe ihn seitdem nur noch", berichtet der Landwirt, der auch das Wort "Schikane" benutzt: Schon im November verwehrte ihm die auf dem Anwesen des Verstorbenen lebende Frau als Erbin den Zugang zum Futter für seine Rinder. Dieses Heu ist in einer Scheune gelagert, die Eigentum des Verstorbenen war. "Inzwischen hat sie mir sogar komplett den Zugang zu den Tieren versperrt", ärgert sich der 70-Jährige: Alte Balken, Blech und anderes würden verhindern, dass er mit dem Traktor auf die Weide gelange. Nun müsse er nicht nur das Futter für seine Tiere woanders kaufen. Sondern er könne das Heu lediglich über Umwege zu seinen Rindern bringen. Außerdem habe die Frau schon im Herbst den elektrischen Strom für den Zaun der Weide abgeschaltet, sagt der Bauer, sodass die Rinder regelmäßig ausbüxten und wieder eingefangen werden müssten.

Also wollte sich Werther per einstweiliger Verfügung Zugang zu der Scheune und zur Stromanlage für den Zaun verschaffen: Er legte Klage am Amtsgericht Heidelberg ein. Dieses lud beide Seiten samt Rechtsanwälten vor, um dann zu bemerken: Hier handelt es sich um einen Fall fürs Landwirtschaftsgericht. Folglich gab es einen neuen Gerichtstermin, infolge dessen der Vorsitzende Richter Joachim Oetter gemeinsam mit zwei fachkundigen Beisitzern über diese sogenannte "Landpachtsache" urteilen sollte. "Besteht aktuell noch ein Pachtvertrag für die Wiese der Rinder?", fasst Oetter gegenüber der RNZ die aus juristischer Sicht alles entscheidende Frage zusammen. Denn "der Zugang zur Scheune und zu der Stromversorgung des Zauns setzt einen wirksamen, bestehenden Pachtvertrag voraus", so Oetter.

Werther habe zwar "eidesstattlich versichert", dass sein Freund noch vor dessen Tod die Verlängerung des Pachtvertrags mündlich zugesagt habe. Zudem legte der Landwirt einen bereits angefertigten Entwurf des fortan um 15 Jahre zu verlängernden Pachtvertrags vor. "Es muss aber ein Nachweis für den Rechtsbindungswillen des Verpächters vorhanden sein", erklärt hingegen der Richter weiter. Mit anderen Worten: Entscheidend ist die Unterschrift des Verpächters unter dem Vertrag – und diese Unterschrift fehlt. Ausschlaggebend dafür, dass Werthers Klage abgewiesen wurde. Dieser beteuert, dass bereits ein Termin für die Unterzeichnung vereinbart worden sei: "Mein Freund hat mich ja auch schon das Heu in seiner Scheune einlagern lassen, das ging in Ordnung für ihn." Doch zu der Unterschrift kam es nicht mehr.

Ob er Berufung gegen das erst am 10. Februar rechtskräftige Urteil einlegt, wolle er sich noch überlegen, sagt Werther. Dafür wäre dann das Oberlandesgericht Karlsruhe zuständig, so Oetter.

Zudem erklärt Werther, dass auf dem Grundstück der Frau noch Geräte wie ein Mähwerk und ein Anhänger von ihm lagerten. "Wenn ich da nicht bald dran komme, muss ich wohl auch hier Klage einreichen", sagt er.


"Das Futter müsste sie herausgeben"

Heiligkreuzsteinach-Lampenhain. (luw) Landwirt Hans-Peter Werther fühlt sich ungerecht behandelt. "Mein Anwalt versteht es auch nicht", sagt er mit Blick auf seine vom Gericht abgewiesene Klage (siehe oben). Doch müsste er nicht schon jetzt zumindest ein Recht darauf haben, dass die Erbin ihm das in seinem Besitz befindliche Futter für seine Rinder ebenso aushändigt wie auf dem Grundstück gelagerte Geräte, die ihm gehören? Die RNZ sprach mit Richter Joachim Oetter über weitere mögliche juristische Schritte in dieser Angelegenheit.

Das Heu lagert als Werthers Eigentum in der Scheune, die nun der Erbin gehört. "Das müsste die Frau eigentlich herausgeben", sagt Oetter dazu. Jedoch sei dies nicht juristisch bindend beschlossen, da es in der bisherigen Gerichtsverhandlung nur um den "regelmäßigen Zugang" zur Scheune gegangen sei. "Einmalig" müsste Werther aber Zugang bekommen, meint Oetter. Um dies "verbindlich" zu erwirken, sei ein separater Antrag vor Gericht nötig. "Das wäre nur über einen Vergleich oder eine Einigung möglich", sagt er.

Verfahren ist die Situation zwischen dem Landwirt und der Lebensgefährtin des Verstorbenen auch, weil sich beide immer wieder gegenseitig der Lüge bezichtigen. Zudem habe es schon mehrere verbale Auseinandersetzungen gegeben, heißt es. Oetter berichtet, dass die Erbin vor Gericht von ihren Plänen für das Grundstück erzählt habe: "Sie ist der Darstellung des Klägers, dass eine Verlängerung des Pachtvertrags bereits mündlich vereinbart worden sei, entgegengetreten: Sie hat angegeben, mit dem Verstorbenen vor dessen Tod besprochen zu haben, dass auf der jetzigen Rinderwiese eine Hundepension entstehen soll."

Immobilie stand zum Verkauf

Werther widerspricht dieser Version und legt einen Ausdruck aus dem Internet-Kleinanzeigenportal Quoka vor: "Ich tausche Gaststätte mit Wohnhaus und Bauern/Winzerhof, Obstgarten- Odenwald", heißt es in der Anzeige; "Verhandlungsbasis: 123.456 Euro". Zu sehen sind Bilder des Anwesens, das sie offenbar von ihrem verstorbenen Lebensgefährten geerbt hat: Demnach bat die Frau wenige Tage nach dem Tod ihres Lebensgefährten dessen Immobilie zum Verkauf an.

Für Rückfragen der RNZ war die Frau nicht zu erreichen. Beim Fototermin mit Werther vor Ort kam es zum Wortgefecht. Ihrer eigenen Drohung, die Polizei zu rufen, folgte sie letztlich nicht.

Ort des Geschehens

Zwar sei nun gerichtlich festgestellt worden, dass kein gültiger Pachtvertrag mehr für die Wiese bestehe, erläutert Richter Oetter. Doch auch hier gelte: Es ging vor Gericht bisher nur um den Zugang zum in der Scheune gelagerten Heu und zur Stromversorgung für den Zaun. So sei Werther durch dieses Urteil noch nicht automatisch dazu verpflichtet, seine Rinder woanders unterzubringen. "Dafür müsste die Frau erst auf Räumung klagen", so Oetter.

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