Es gibt noch immer zu wenig Angebote für Jugendliche
Seit dem Exzess-Sommer sei zu wenig passiert, so die Kritik. Die Grüne fordern ein Sofortprogramm. Dabei sind nicht mal die Details zum Alkoholverkaufsverbot bekannt.

Von Anica Edinger
Heidelberg. Oberbürgermeister Eckart Würzner will ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot für Kioske und "Späti"-Supermärkte in Teilen der Altstadt durchsetzen. Das kündigte er vor fast zwei Wochen an. Doch die Details bleiben unklar. Auf RNZ-Anfrage heißt es aus dem Rathaus, dass die "Möglichkeit eines Alkoholverkaufsverbots" weiterhin geprüft werde. Der Verbotsplan ist eine Reaktion der Stadt auf die Beschwerden von Anwohnern. Seit Monaten treffen sich besonders an der Alten Brücke junge Leute zum Feiern. Lärm bis spät in die Nacht und verdreckte Straßen sind oft die Folge.
Einige Fraktionen im Gemeinderat kritisieren den OB für "diese Verbotspolitik". Jetzt äußerten sich die Grünen – mit 16 Stadträten die größte Fraktion – in einer Pressemitteilung: Das Vorgehen der Stadt sei mit der Situation auf der Neckarwiese im Sommer vergleichbar. Dort hatten an Pfingsten junge Leute randaliert, auch in den Wochen danach hatte es immer wieder Ärger am Neckarufer gegeben. Die Stadt reagierte mit einem Aufenthalts- und einem Alkoholkonsumverbot.
Hintergrund
Der Altstadtverein unterstützt den OB und kritisiert die Nachtbürgermeister
Der Verein Alt-Heidelberg – der Stadtteilverein der Altstadt – unterstützt Oberbürgermeister Eckart Würzner in seiner Forderung nach einem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot in
Der Altstadtverein unterstützt den OB und kritisiert die Nachtbürgermeister
Der Verein Alt-Heidelberg – der Stadtteilverein der Altstadt – unterstützt Oberbürgermeister Eckart Würzner in seiner Forderung nach einem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot in Teilen der Altstadt. Immerhin kämpften die Altstädter schon seit Jahren erfolglos für ihre Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr, schreibt der Verein in einer Stellungnahme. Lärm, Dreck und Randale hätten weiter zugenommen. "Kein Mensch will Geselligkeit und Feiern für junge Menschen abschaffen. Aber das muss nicht zwangsläufig in lautstarkem Besäufnis, Urinieren und Geschrei bis in die Morgenstunden auf Anwohnerkosten enden", so der Verein.
Die geplante Awareness-Kampagne – bei der die Nachtschwärmer etwa für die Schlafbedürfnisse der Anwohner sensibilisiert werden sollen – sieht der Verein kritisch. Sie ersetze nicht "die vom Grundgesetz festgelegte Erziehungspflicht (!) der Eltern". Kritik äußert der Verein auch an Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp. Dieser sei eingestellt worden, "um zwischen den lärmgeplagten Anwohnern und lärmenden jungen Menschen zu vermitteln und das Gespräch mit den Altstädtern zu suchen". Doch bisher setze "er sich nur für Feiernde ein". Dem Verein Alt-Heidelberg sei jedenfalls bisher kein Gespräch angeboten worden. (RNZ)
Schon damals gab es Kritik an diesen Maßnahmen: Die Grünen forderten statt Verboten mehr Angebote für Jugendliche – und ein Sofortprogramm. Obwohl dieses parteiübergreifend unterstützt worden sei, "ist seitdem viel zu wenig passiert", so die Grünen. Einzig das "Feierbad 21" auf dem Gelände des ehemaligen Schwimmbadclubs habe im Spätsommer kurzzeitig für Entspannung gesorgt. Dieses Angebot hatten Jugendliche gemeinsam mit Stadt, Heidelberg Marketing und Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp ins Leben gerufen. Die langfristigen Probleme, so die Grünen, seien damit aber nicht gelöst worden.
Deshalb fordert die Fraktion nun erneut Angebote in den Bereichen Sport, Kultur und Freizeit. So sollen etwa zusätzliche Spiel- und Sportstätten auf der Neckarwiese und in den Stadtteilen geschaffen werden. Heidelberg brauche zudem weitere Skate-Anlagen, Basketballplätze oder legale Mountainbike-Strecken. Auch erneuern die Grünen ihre Forderung nach städtisch geförderten Pop-up-Clubs – also Clubs für einen begrenzten Zeitraum. Ebenso soll nach temporären Indoor- und Outdoor-Flächen für Veranstalter gesucht werden und ein allgemeines Jugendkultur-Konzept für die nächsten Jahre erstellt werden. Die Stelle eines Beauftragten für Jugendkultur soll als Schnittstelle zwischen jungen Menschen und der Verwaltung und Politik dienen. Allgemein soll, wenn es nach den Grünen geht, die Kinder- und Jugendbeteiligung ausgebaut werden.
Auch interessant
Jugendliche einbeziehen: Das hatte beim "Feierbad" bereits geklappt. Die Jugendgruppe, die das Angebot mit organisiert hat, beschwerte sich jedoch zuletzt, dass die Stadt nach dem Ende des "Feierbads" keinen Kontakt mehr zu ihnen gesucht habe. Und das, nachdem die Stadt in einer Pressemitteilung behauptet hatte, dass es einen "vielfachen Dialog" mit Jugendlichen gebe. Auf RNZ-Anfrage bleibt die Stadt bei dieser Aussage: "Es gibt über den Nachtbürgermeister Kontakte zu verschiedenen Jugendgruppen und bei verschiedenen Stellen der Stadt laufen vielfach auch in informellen Settings Kontakte und Gespräche."
Malte Metzner von der Jugendgruppe "Feierbad" bestätigt zwar, dass es durchaus Kontakt zu Nachtbürgermeister Kneipp gebe. Ansonsten habe es von Stadtseite jedoch auch seit der öffentlich geäußerten Kritik der Jugendgruppe vor einer Woche keine Reaktion gegeben.
Update: Freitag, 5. November 2021, 20.12 Uhr
Nachtbürgermeister kritisiert Alkoholverkaufs-Verbot
"Eine nachhaltige Lösung ist das Verbot nicht": Jimmy Kneipp reagiert auf die Pläne des Oberbürgermeisters zum Alkoholverkauf.
Heidelberg. (ani) In Teilen der Altstadt soll der Verkauf von Alkohol zum Mitnehmen in der Nacht verboten werden. Das verkündete Oberbürgermeister Eckart Würzner am Montag in einer Pressekonferenz. Die Stadt will damit auf den neuen Party-Hotspot Alte Brücke reagieren. Anwohner beschweren sich dort seit dem Sommer über Lärm bis spät in die Nacht, zunehmende Vermüllung und teilweise auch über Randale.
Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp erklärt zu dem Würzner-Plan auf RNZ-Anfrage: "Ich verstehe, dass der Oberbürgermeister mit dem Verbot ein Signal senden möchte, dass die Stadt etwas tut für ihre Bürger. Eine nachhaltige und langfristige Lösung ist das Verbot aber nicht."
Vielmehr müsse man in der Stadt ein Angebot schaffen für die jungen Menschen, Orte, wo sie sich treffen und feiern können. "Aktuell sehe ich nicht, wo die 16-Jährigen abends hingehen sollen." Mit dem Feierbad 21 auf dem ehemaligen Gelände des alten Schwimmbadclubs sei im Sommer ein solcher Ort geschaffen worden. Kneipp habe sich dafür eingesetzt, dass im Winter ein neuer Ort für das "Feierbad" gefunden wird. Doch diese Idee wurde laut Kneipp nun begraben – "das bedauere ich sehr", so der Nachtbürgermeister.
Dafür geht es laut Kneipp voran mit der sogenannten Awareness-Kampagne. Dabei geht es beispielsweise um die Sensibilisierung der Nachtschwärmer für die Schlafbedürfnisse der Anwohner. Die Kampagne soll als weiterer Baustein zum Alkoholverkaufsverbot für eine Beruhigung der Lage sorgen: an der Alten Brücke und generell in der Altstadt, im Sommer aber auch an der Neckarwiese. Kneipp zufolge wurden in der Verwaltungskonferenz am Montag entsprechende Gelder für diese Kampagne zur Verfügung gestellt. An der Erstellung von Flyern, Bierdeckeln, Bannern und mehr arbeite man derzeit mit einer Heidelberger Werbeagentur. Das Ziel: "Wir wollen die Leute abholen, bevor es zum Exzess kommt", so Kneipp. Feiernde sollen auf die ebenfalls berechtigten Interessen der Anwohner aufmerksam gemacht werden. Zudem sollen Konfliktmanager Gruppen, die Ärger machen könnten, gezielt ansprechen.
Kneipp ist wichtig, dass es sich bei diesen "Managern" um geschultes Personal mit Know-how handelt. "Das müssen gute Leute sein", sagt Kneipp. Deshalb sei man derzeit auch in Gesprächen mit dem Jugend- und dem Sozialamt. Die Konfliktmanager sollen erst einmal vermehrt in der Altstadt unterwegs sein, an der Alten Brücke natürlich, aber auch in der Unteren Straße und am Uniplatz. Sobald das Wetter aber wieder besser werden, sollen die Teams laut Kneipp auch an der Neckarwiese unterwegs sein. Zum Zeitplan sagt er: "Das kommt alles so schnell wie möglich."



