Aus dem Raiffeisen-Zentrum wird "Agroa"
98,5 Prozent der KRZ-Mitglieder stimmten für die Fusion mit der BAG-Franken und der Labag Marbach. Der Blick geht auf alternative Energien.

Von Christian Beck
Sinsheim. "Das fühlt sich gut an", sagte Vorstand Stephan Buchholz. Was ihn freut, ist die Tatsache, dass sich 98,5 Prozent der Mitglieder des Kraichgau Raiffeisen-Zentrums (KRZ) für eine Fusion mit der BAG-Franken und der Landwirtschaftlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft (Labag) aus Marbach ausgesprochen haben. Oder mit anderen Worten: Es gab nur zwei Gegenstimmen, 128 votierten im Rahmen der Generalversammlung am Dienstagabend in der Dr.-Sieber-Halle dafür.
Das neue Gebilde soll künftig "Agroa Raiffeisen eG" heißen. Das Kunstwort hätten sich junge Mitarbeiter ausgedacht, berichtet Vorstandssprecher Jürgen Freudenberger. Stehen könnte es aber für "Agrar-Genossenschaft mit regionaler Ausrichtung". Agroa werde über 3193 Mitglieder verfügen, 442 Mitarbeiter beschäftigen und einen Umsatz von 220 bis 240 Millionen Euro erwirtschaften. Die jeweils größten Anteile bringt das Kraichgau Raiffeisen-Zentrum mit. Fusionsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, der überwiegende Teil der Verwaltung soll in Eppingen bleiben.
Vorausgegangen waren die Abstimmungen der BAG und der Labag: Bei Ersterer stimmten 98,8 Prozent der Mitglieder für die Fusion. Bei der Labag waren es 81,9 Prozent. Das nicht so deutlich ausgefallene Votum sei im KRZ überrascht zur Kenntnis genommen worden, erklärt Buchholz auf RNZ-Nachfrage. Da der Wert über 75 Prozent lag, galt er aber als ausreichend für einen Zusammenschluss.
Hintergrund
Im Rahmen der Generalversammlung wurde auch der Geschäftsbericht des Kraichgau Raiffeisen-Zentrums präsentiert. Der Jahresüberschuss liegt bei 388.000 Euro. Damit sei man zufrieden, sagte Vorstand Stephan Buchholz. Was die Steuern anbelangt, stehen 768.000 Euro in den
Im Rahmen der Generalversammlung wurde auch der Geschäftsbericht des Kraichgau Raiffeisen-Zentrums präsentiert. Der Jahresüberschuss liegt bei 388.000 Euro. Damit sei man zufrieden, sagte Vorstand Stephan Buchholz. Was die Steuern anbelangt, stehen 768.000 Euro in den Büchern. Im Vorjahr waren es 117.000 Euro. Eine Betriebsprüfung habe ergeben, dass für mehrere zurückliegende Jahre noch Steuern gezahlt werden müssen, erklärte Buchholz.
Was die einzelnen Geschäftsfelder anbelangt, erreichten manche Sparten das Vorjahresniveau. Unter Plan seien die Erlöse des vergangenen Jahres im Energiebereich gewesen. Laut Buchholz habe sich hier Corona bemerkbar gemacht: Einige Menschen mussten seltener tanken. Vorstandssprecher Jürgen Freudenberger bezeichnete es als "eine unserer Hauptaufgaben, regenerative Energien in den Blick zu nehmen". Denn der Verdienst mit Tankstellen und Heizöl entwickle sich wohl rückläufig, ergänzte Buchholz. Ein Plus von 16,1 Prozent verzeichnete der Einzelhandel, sprich: die Einkaufsmärkte des KRZ. Hier habe man in den vergangenen Jahren viel Geld investiert und Märkte erweitert. Wo dies möglich sei, wolle man weiterhin investieren, aber "die Finger vom Online-Handel lassen", erklärte Freudenberger. (cbe)
Als Gründe für die Fusion nannte Freudenberger, dass auf diese Weise Kosten reduziert werden könnten, unter anderem auch, weil Synergien in Millionenhöhe genutzt werden sollen. Zudem werde die größere Genossenschaft deutlicher als Ansprechpartner wahrgenommen. So steige die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, beispielsweise, weil Verträge leichter abgeschlossen werden könnten.
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Eine Rolle hat aber auch die schlechte wirtschaftliche Situation der BAG gespielt: Sie erwirtschaftete in den vergangenen Jahren deutliche Verluste und hätte laut Wirtschaftsprüfer Patrick Schmälzle nicht mehr alleine fortbestehen können. Die Sanierung sei jedoch abgeschlossen, berichtete Freudenberger: Ein neuer Geschäftsführer wurde eingesetzt, Geschäftsfelder wurden geschlossen, Löhne gekürzt, das Weihnachtsgeld gestrichen. Zudem haben laut Freudenberger mehrere Mitarbeiter das Unternehmen "von selbst verlassen". Und man habe schließlich einen Sanierungszuschuss in Höhe von zwei Millionen Euro erkämpft, er stammt vom genossenschaftlichen Hilfsfonds des Landes. Es sei kein Geld vom KRZ an die BAG geflossen, betonte Freudenberger auf RNZ-Nachfrage. Und niemand erhalte Prämien für die geglückte Fusion, sagte Buchholz. Im Gegensatz zur BAG gab es beim KRZ und der Labag keine wirtschaftlichen Probleme.
Das Spektrum der angebotenen Leistungen will Agroa erhalten und zudem neue Nischen erschließen sowie neue Marktanteile hinzugewinnen. Bucholz nennt hier alternative Energien, beispielsweise Pellets und Fotovoltaik. Da Mitglieder aus allen drei Genossenschaften künftig die Geschicke lenken sollen, wird der ehrenamtliche Vorstand auf fünf und der Aufsichtsrat auf 31 Personen erweitert. Mit der Zeit soll sich deren Zahl auf drei bis vier Vorstände sowie 15 bis 20 Aufsichtsratsmitglieder reduzieren. "Nicht einfach" ist es laut Buchholz, dass für die Agroa-Mitarbeiter drei unterschiedliche Tarife gelten und diese von zwei unterschiedlichen Gewerkschaften vertreten werden. Hier würden sich nicht für alle die arbeitnehmerfreundlichsten Punkte erhalten lassen.