Bürgermeisterwahl Heilbronn

Harry Mergel tritt wieder an

Ein "Bündnis für Heilbronn" fast aller Fraktionen wird den amtierenden OB dabei unterstützen. Bisher ist nur ein Gegenkandidat in Sicht.

30.09.2021 UPDATE: 01.10.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden
Der amtierende Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel (r.) kann für seine erneute Kandidatur auf breite Unterstützung hoffen. Nico Weinmann Randecker (FDP), Thomas Randecker (CDU), Herbert Burkhardt (Freie Wähler), Susanne Bay (Grüne) und Rainer Hinderer (SPD; v. l.) loben die bisherige Zusammenarbeit mit dem Stadt-Chef und auch das gemeinsam Erreichte. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Es sei ja keine Überraschung mehr, sagt Harry Mergel, und das war es auch nicht, als er in der am Donnerstag einberufenen Pressekonferenz bekannt gab, noch einmal für das Amt des Oberbürgermeisters von Heilbronn zu kandidieren. Die Wahl wird am 6. Februar stattfinden. Es war aber auch keine Überraschung mehr, dass ihn dabei ein breites bürgerliches "Bündnis für Heilbronn" – fast der gesamte Gemeinderat mit Ausnahme der AfD und der beiden Stadträte der Linken – unterstützen wird. Die AfD hatte schon im Sommer ihren Fraktionsvorsitzenden Dr. Raphael Benner als Kandidaten nominiert.

Eine Konstellation wie diese in Heilbronn, dass fünf Fraktionen über alle Parteigrenzen hinweg einen SPD-OB unterstützen, dürfte ziemlich einmalig sein – etwas Ähnliches war zumindest niemandem in der Runde bekannt, die sich auf Einladung Mergels im Ratskeller einfand.

Hintergrund

> Harry Mergel verdankt seine Popularität in Heilbronn und die Wahl 1989 in den Gemeinderat zunächst seinem Engagement als "Gaffenberg-Onkel" und verantwortlicher Ausrichter des dortigen, jahrelang höchst erfolgreichen Festivals. Über Jahre hinweg war er dann

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> Harry Mergel verdankt seine Popularität in Heilbronn und die Wahl 1989 in den Gemeinderat zunächst seinem Engagement als "Gaffenberg-Onkel" und verantwortlicher Ausrichter des dortigen, jahrelang höchst erfolgreichen Festivals. Über Jahre hinweg war er dann SPD-Fraktionsvorsitzender, wurde schließlich 2005 zum Sozial- und Kulturbürgermeister gewählt. Bei der OB-Wahl 2014 schlug er seinen CDU-Gegenkandidaten, Finanzbürgermeister Martin Diepgen, mit knapp 60 Prozent, bei einer allerdings nicht sehr hohen Wahlbeteiligung; auf eine höhere hofft er nun im Februar. Unter www.harrymergel.de ist mehr über sein Programm zu erfahren. (bfk)

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So kann sich Mergel nun in relativer Ruhe auf den Wahlkampf vorbereiten, den er für die Zeit nach den Weihnachtsferien plant. Die Frage ist, ob es einen solchen dann überhaupt geben wird. Im Augenblick weiß niemand etwas dazu zu sagen, ob noch mit weiteren Kandidaten zu rechnen ist.

Spannender wird es werden, wenn es um die Unterstützer für Mergel geht. Es ist immer noch allgegenwärtig, dass sich bei seiner ersten Wahl der Milliardär und Stifter Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland) so unverhofft öffentlich und mächtig für ihn ins Zeug legte, und Schwarz hat ja auch noch Pläne für Heilbronn. Nach seinen Unterstützern gefragt, sagt Mergel, er werde auf "alle Bürger" setzen, und lässt anklingen, dass es solche Formate wie beim letzten Wahlkampf nicht mehr geben werde.

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Wenn Mergel noch einmal gewählt wird und seine Amtszeit voll ableistet, was er, wie er sagt, so vorhabe, wird er mit 73 Jahren auch das Höchstalter dafür erreicht haben. Wer ihn dabei begleitet, ist noch relativ offen. Im Augenblick sind alle Dezernenten älter als 60 Jahre, und im kommenden Jahr stehen noch die Wahlen für das Kultur- und Sozialdezernat sowie das Baudezernat an.

Beim Thema "Oberbürgermeister" steht in Heilbronn ja immer auch der Name des FDP-Fraktionsvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Nico Weinmann auf dem Tapet. Auf die Frage, ob er sich schon mal als Dezernent warmlaufen möchte, folgt kein Dementi. Schon bei ihrer Sommerpressekonferenz hatte die FDP Kritik am Zuschnitt der Dezernate anklingen lassen. Es ist kaum vorstellbar, dass die breite Unterstützung durch die Fraktionen nicht auch auf dem einen oder anderen "Deal" im Hintergrund beruht, auch wenn Mergel und seine "Bündnispartner" das nicht bestätigen wollen.

Schon vor Wochen hat Mergel eine Art Buch zusammengestellt, und es machte auch schon die Runde, in dem er tabellarisch darstellt, was er zu Beginn seiner Amtszeit versprochen und in der Zwischenzeit auch gehalten hat – eine Bilanz als "Wahlkampf-Munition", neben der er nun seine weiteren Vorhaben auch im Internet noch auflistet. Allem voran eine Stadtkonzeption für 2030, in der, wie er auf Nachfrage bestätigt, auch die Erweiterung des Bildungscampus der Schwarz-Stiftung eine Rolle spielen wird – neben Themen wie Klima, Mobilität, Innenstadtentwicklung.

Dieses Heilbronn-Programm ist detailliert nun auch auf der zeitgleich freigeschalteten eigenen Homepage unter dem Slogan "Viel erreicht, noch viel vor!" nachlesbar. Hier können und sollen sich auch die viel zitierten "alle Bürger" einbringen, und zwar mit Vorschlägen, die dann noch in konkretisierter Form in sein Programm einfließen sollen.

Susanne Bay, Fraktionsvorsitzende der Grünen, lässt in ihrem Statement nicht aus, dass es auch inhaltliche Differenzen in der Vergangenheit gegeben habe; ebenso tun das auch Herbert Burkhardt für die Freien Wähler, Thomas Randecker für die CDU und Nico Weinmann. Wie sie aber, neben Rainer Hinderer, von dem als SPD-Fraktionsvorsitzendem nichts anderes zu erwarten war, allesamt die gute gemeinsame Arbeit im Gemeinderat und damit für die Stadt unterstreichen, das zeigt einen Konsens, der einmal mehr dafür spricht, dass man mit Mergel schlecht oder – zumindest öffentlich – auch nicht hart streiten kann. Allerdings lief die Stadtentwicklung in den zurückliegenden Jahren auch so ab, dass ein Standard geschaffen wurde, nicht zuletzt wegen der Projekte der Schwarz-Stiftung, an dem öffentlich Kritik zu üben schwerfällt. Kritik verstummte sogar beim Thema Finanzen, nachdem die Stadt ohne Nachtragshaushalt durch die Corona-Zeit gekommen ist und sie als eines ihrer größten "Probleme" eine Bugwelle von 40 Millionen Euro an Haushaltsresten vor sich herschiebt.

Für alle, die davon überzeugt sind, dass eine Demokratie nicht ohne Opposition auskommen kann, war die Präsentation Mergels ein eher schlechter Tag; für alle, die unterm Strich zusammenzählen, wie sich ihre "Boom-Town" entwickelt, zum eigenen Vorteil und dem der Stadt, war es eher ein guter. Mergel sagte zu der Unterstützung: "Sie rührt mich, und sie ist Verpflichtung." Dass er dieser nach dem 6. Februar 2022 nachkommen wird, steht im Augenblick ziemlich außer Zweifel.

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