Heilbronn

Warum es harsche Kritik an der Bauverwaltung hagelt

Die Freien Wähler werfen dem Baudezernat das Behandeln genehmigter Vorhaben nach "Gutdünken" vor.

24.08.2021 UPDATE: 25.08.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden
Fast eine Festung: die historische Villa in der Cäcilienstraße. Hier lebte einst der Silberwarenfabrikant Peter Bruckmann. Heute ist sie der Sitz der Heilbronner Bauverwaltung. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Die Fraktion der Freien Wähler im Heilbronner Rathaus hat vier Mitglieder, da kann man das Zünglein an der Waage sein oder auch fraktionsübergreifende Mehrheiten suchen und gelegentlich finden. Ob das auch für den Vorstoß der Fall sein wird, den die Fraktion jetzt plant, ist allerdings offen. Bei der Sommerpressekonferenz hat man es herausgelassen: Es wird eine offizielle Beschwerde zur Arbeit des Baudezernates geben. Zudem soll die Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums eingeschaltet werden.

Den Freien Wählern "stinkt" es, wie auch durchfinanzierte Beschlüsse und Anträge des Gemeinderates durch das Dezernat behandelt werden – nämlich oft genug gar nicht. Und das bei einer Bugwelle von 145 Millionen Euro an Haushaltsresten, die die Stadt – nicht erst seit gestern – vor sich herschiebt. Fraktionsmitglied Malte Höch legt größten Wert darauf, das Vorgehen der Fraktion nicht zu personalisieren – Baudezernent Wilfried Hajek geht im nächsten Jahr in den Ruhestand. Es gehe vielmehr um die sachliche Darlegung und Klärung, inwieweit solches Verwaltungshandeln akzeptabel beziehungsweise hinnehmbar ist – oder eben auch nicht.

Dass auch in anderen Fraktionen die Arbeit der Dezernate kritisch gesehen wird, zeigte sich zuletzt bei der Sommerpressekonferenz der FDP, die ebenfalls Mängel benannte und strukturelle Änderungen wünscht. Freie Wähler-Fraktionsvorsitzender Herbert Burkhardt erinnerte in dem Zusammenhang an etliche, unerfüllte Versprechen von Oberbürgermeister Harry Mergel.

Höch wurde grundsätzlich dazu. Er definierte den Status und die Rolle des Gemeinderates nicht neu, sondern anhand der Gemeindeordnung: Nach ihr muss die Verwaltung ausführen, was der Gemeinderat beschlossen hat – so einfach ist das, offenbar in konkret benannten Punkten aber nicht der Fall.

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Dies hinzunehmen ist man bei den Freien Wählern nun also nicht mehr gewillt. Als bewusst gewählte Beispiele wurden die Erweiterung der Kleingartenanlage im Widmannstal wie auch die Einrichtung von Kurzzeitparkplätzen in der Kirchbergstraße in Neckargartach genannt – beide längst genehmigt, finanziert, aber liegen gelassen, weil sie nicht unbedingt im Fokus einer bedeutenden öffentlichen Wahrnehmung stehen. Die Geschwindigkeit, mit der das komplexe Bauvorhaben der Josef-Schwarz-Schule im Stadtteil Neckarbogen die Baugenehmigung erhielt, zeigt, dass es auch anders geht.

Und so lautet dann auch ein Satz in dem von Höch dazu formulierten Schriftsatz: "Der Bürgermeister ist verpflichtet, die Beschlüsse des Gemeinderates umzusetzen, das heißt dieselben zu verwirklichen, und zwar so, dass der Wille des Gemeinderates unverfälscht verwirklicht wird." Und: "Befolgt der Bürgermeister eine zu Recht ergangene Weisung des Gemeinderates nicht, kann die Rechtsaufsichtsbehörde (Anm. d. Red.: das Regierungspräsidium) angerufen oder ein Disziplinarverfahren gegen den Bürgermeister in die Wege geleitet werden." Diesen Schritt einer Beschwerde will man nun gehen.

Zu den theoretischen Ausführungen kamen die "praktischen Vorwürfe" hinzu, so ist unter anderem zu lesen, dass das "Dezernat IV durch Missstände" auffalle, die darauf schließen ließen, dass durch eine Vorgabe der Leitung nicht gewollte Gemeinderatsbeschlüsse "ausgesessen", durch "Nichtumsetzung" faktisch unterwandert und blockiert werden und dass es ein "auffallendes Missverhältnis im Hinblick auf das Vorgehen des Dezernates IV in gewollten Projekten" gebe. Höch redet auch da Klartext, wenn er von der "Versagung demokratisch und mehrheitlich gefasster Beschlüsse" mit dem Anschein der Auswahl nach eigenem Gutdünken spricht. Der Stadtrat ist Jurist, ein bekannter Strafverteidiger, man kann also davon ausgehen, dass seine Ausführungen auch unter diesem Gesichtspunkt standhalten.

Kritik an der Bauverwaltung wurde bei der Sommerpressekonferenz nicht das erste Mal laut. So war beispielsweise der Ärger auch vor einigen Monaten groß, als die Bauverwaltung alle Vorgaben für eine Zustimmung zum Bau der Moschee intern aufgearbeitet hatte, einschließlich der Probleme der Verkehrserschließung und des Parkens, nicht aber den Gemeinderat dazu informierte, was dann auch dort zu einer Ablehnung der Bauvoranfrage führte. Dass der Unmut der Freien Wähler begründet und nicht nur bei ihnen ist, zeigt zum Beispiel auch ein Antrag, den die Fraktionen von CDU, SPD, Grüne, Freien Wählern und Linken im Mai gemeinsam an die Verwaltung richteten, weil diese beim geplanten Anbau einer Sporthalle (Römerhalle in Neckargartach) eigenmächtig die Fläche beschnitt.

Für das weitere Vorgehen kündigte Burkhardt an, "bei unrealistischen Kosten Koalitionen zu schmieden für unsere Belange". Und Höch ergänzt: "Raus aus der Lethargie und der Komfortzone".

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