Stadthaus N1 Mannheim

Hohe Hürden für einen Neubau

"Völlig überraschend" stellte sich heraus, dass das Stadthaus N 1 ein "aussagekräftiges Kulturdenkmal der 1980er-Jahre" sei – und damit ein schützenswertes Objekt.

28.07.2021 UPDATE: 29.07.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
Das Landesdenkmalamt hat das Stadthaus N 1 am Paradeplatz unter Denkmalschutz gestellt. Foto: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Es ist eine faustdicke Überraschung, die allerdings im Rathaus nicht gerade Freude auslöst: Das Landesamt für Denkmalpflege hat der Stadtverwaltung am 21. Juli mitgeteilt, dass man das Stadthaus N 1 zum Kulturdenkmal erklärt hat. Dabei standen die Zeichen eigentlich auf Abriss. Doch nun kann das Gebäude nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörden – in diesem Fall das Regierungspräsidium Karlsruhe – verändert oder abgerissen werden.

Richtig warm geworden sind die Mannheimer nie mit dem Stadthaus N 1, das vor 30 Jahren als "postmoderne Interpretation" des im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstörten Alten Kaufhauses eröffnet wurde. Die Fluktuation der Ladengeschäfte ist hoch, lediglich der bis Mitternacht geöffnete Supermarkt und das mexikanische Restaurant sind gut besucht. Die Haustechnik sorgt immer wieder für Probleme, es gibt Wasserschäden. Letzter trauriger Höhepunkt: 2016 musste die Cocktailbar im Turm geschlossen werden, weil der Brandschutz Mängel aufwies.

Bereits im Februar hatte die Verwaltung erklärt, dass eine Sanierung nicht "wirtschaftlich und zweckmäßig" erscheine und sich der bisherige Nutzungsmix sowie die bauliche Anordnung in der Praxis "nicht als erfolgreich erwiesen" hätten. Deshalb sollte in ein paar Jahren – nach dem Umzug der Stadtbibliothek in den Neubau in N 2 – der Abriss in die Wege geleitet werden. Das könnte nun schwierig werden. "Die Entscheidung erfolgte für uns völlig überraschend und kurzfristig", erklärte Stadtsprecher Ralf Walther. Man müsse diesen neuen Sachverhalt zunächst einmal analysieren. Doch Walther betonte: "Eine sinnvolle und zumutbare Lösung im Bestand konnte bislang weder von der Stadt noch vom privaten Miteigentümer Diringer & Scheidel gefunden werden."

Das Bauunternehmen übernahm im April 2016 den 50-Prozent-Anteil am Stadthaus von der LBBW Immobilien und der SV Versicherung, wie Achim Ihrig, Mitglied der D&S-Geschäftsleitung, erklärte. Dabei handelt es sich primär um Ladenflächen und Büros. Grundstück, Parkhaus sowie die öffentlichen Bereiche wie Bürgersaal und Stadtbücherei sind Eigentum der Stadt. "Wir sind geschockt, dass ausgerechnet dieses Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde. Die Situation ist nun grundlegend verändert", betonte Ihrig. Man habe die Gebäudekonzeption und die Betriebsfähigkeit intensiv geprüft. "Die Ergebnisse sind schlechter als wir erwartet hatten", sagte er. Man werde nun mit der Stadt das weitere Vorgehen abstimmen.

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Doch was bewegt das Landesdenkmalamt dazu, das nach Plänen des Architekten Carlfried Mutschler entworfene Stadthaus N 1 in das Verzeichnis der Bau- und Kunstdenkmale Baden-Württembergs aufzunehmen? Es sei ein "aussagekräftiges Kulturdenkmal der 1980er-Jahre", heißt es vonseiten der Behörde. Rein aus architektur- und stadtbaugeschichtlicher Sicht betrachtet, sind manche Argumente nicht von der Hand zu weisen: Mutschler griff für die Neubebauung des Stadtmittelpunkts am Paradeplatz "das geschichtsträchtige, allein für Mannheim charakteristische Motiv der Doppelsaalbauten mit einem gemeinsamen Mittelturm" auf. Das Stadthaus sei ein exemplarisches Bauwerk der Postmoderne. So nehme der hohe Mittelturm das Grundmotiv des Alten Kaufhauses auf, zeige sich aber als "zeitgenössischer Wiedergänger in Gestalt einer offenen Stahl-Glas-Architektur in den heiteren Farben der 1980er-Jahre", heißt es weiter.

Der Zustand des Gebäudes an Mannheims prominentestem Platz, der fehlende Rückhalt in der Stadtgesellschaft und die eingeschränkte Nutzbarkeit lassen es allerdings nur schwer vorstellbar erscheinen, dass das Stadthaus langfristig so bleibt, wie es ist. Stadtrat Thorsten Riehle, Fraktionsvorsitzender der SPD, gab zu bedenken, dass nur ein Neubau eine Nutzungsänderung ermöglichen würde – bei allem Respekt für den Denkmalschutz. Der neue Status des Stadthauses verhindert einen Abriss aber nicht grundsätzlich: Sollte eine Prüfung ergeben, dass die "Zumutbarkeit der Erhaltung des Kulturdenkmals nicht mehr gegeben ist", kann die Untere Denkmalschutzbehörde einem Abbruch zustimmen, schreibt das Landesdenkmalamt.

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