Löbel droht als Vermieter erneut eine juristische Schlappe
Das Amtsgericht Mannheim wird der Klage eines ehemaligen Mieters wohl stattgeben. Richterin hält Zeugenaussagen für vage.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Raspelkurzes Haar, dunkle Jeans, weiße Turnschuhe, hellblaues Hemd, den olivgrünen Pulli lässig über die Schulter geworfen – und ein Lächeln auf dem Gesicht. Nikolas Löbel strahlt Zuversicht aus, als er nach knapp fünf Monaten sein öffentliches Comeback gibt. Nicht mehr auf der großen politischen Bühne, sondern im kleinen Sitzungssaal 032 des Mannheimer Amtsgerichts. Drei Stunden später verlässt der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete am Montagnachmittag das Justizgebäude wieder – ohne Kommentar, aber mit schlechten Nachrichten im Gepäck. Einzelrichterin Waltraud Bag hat zuvor angedeutet, dass Löbel den Zivilprozess gegen seinen ehemaligen Mieter wohl verlieren wird. Von einer gütlichen Einigung sind die Parteien weit entfernt.
Für den Fall relevant ist, wer was am 5. Dezember 2019 in einem baufälligen Mehrfamilienhaus zu wem und wie gesagt hat. Nikolas Löbel hat die Immobilie im Stadtteil Neckarstadt ein halbes Jahr vorher erworben und will sie sanieren lassen. Für die Heizungs- und Sanitäranlagen beauftragt der damalige Politiker die Firma seines Vaters. Der ist an jenem Dezembertag mit drei seiner Angestellten für vorbereitende Maßnahmen vor Ort.
Als der Trupp einen Wasserrohrbruch im Keller feststellt, weist Löbel senior das Personal an, das Wasser sofort abzustellen. Er selbst will im Fachhandel Material besorgen. Ein Mieter bekommt die Auswirkungen sofort zu spüren. "Aus dem Wasserhahn kam nur noch eine braune Brühe, die Toilette funktionierte auch nicht mehr", erinnert sich bei der Verhandlung der Mann, der Löbel junior später verklagt.

Während der Firmenchef noch unterwegs ist, kommt es zu kleineren Scharmützeln. Der Mieter soll sich bei den Arbeitern beschwert haben, warum er nicht über den Wasserschaden und die Konsequenzen informiert worden sei. Von einem Angestellten verlangt er, seinen Namen zu nennen und sich auszuweisen. Dieser kommt der Forderung nicht nach – der Mieter verständigt die Polizei. Die eintreffenden Beamten stärken den Helfern den Rücken. Sie hätten nichts falsch gemacht und sollen einfach weiterarbeiten, sagen die Ordnungshüter. Der Mieter habe sich schon häufiger beschwert. Nichts Neues also.
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Als Vater Löbel zurückkehrt und von dem Polizeieinsatz erfährt, erklärt er die Angelegenheit zur Chefsache und macht sich zur Wohnung des Mieters auf. Ab diesem Zeitpunkt gehen die Meinungen auseinander. Der damals in Berlin weilende Nikolas Löbel wird dem Mieter zwei Monate später fristlos kündigen, weil dieser ihn und "meinen Papa" übel beleidigt habe. Was der Kläger bestreitet.
Der Handwerksmeister klopft Leitungen und Rohre ab und stellt fest, dass der Druck aus dem Spülkasten nur noch schwach ist. Höflich habe er dem Mann angeboten, eine provisorische Leitung zu legen, in wenigen Wochen stehe ja ohnehin die Sanierung des ganzen Hauses an. Daraufhin habe ihn der Mieter beschimpft und behauptet, dass er fachlich "gar nichts kann" und sein Sohn, "dieser Jungspund", meine, ein Objekt kaufen und verwalten zu können, "obwohl er keine Ahnung davon hat". Löbel senior kämpft allerdings mit Erinnerungslücken, seine Aussagen bleiben im Vergleich zu den Angaben in der fristlosen Kündigung des Mieters im Ungefähren.
"Ich führe Auftragsbücher und kein Tagebuch", bitte der Vater um Nachsicht. Aber auch die Arbeiter können nicht bestätigen, dass es zu einem heftigen und lauten Wortgefecht zwischen dem Firmenchef und dem Mieter gekommen sei, wie Nikolas Löbel behauptet. Dieser sagt, er sei von seinem Vater noch am selben Tag angerufen worden, am darauffolgenden Wochenende hätten sich die beiden zusammengesetzt, um die angeblichen Verbalinjurien des unbequemen Mieters zu verschriftlichen. Dann wird es für Nikolas Löbel in dem Prozess allerdings eng.
Sein früherer Anwalt und Parteifreund Claudius Kranz formuliert Mitte Dezember 2019 ein Dokument, das an den Mieter geht. Darin stellt man ihm während der Sanierung eine Übergangswohnung in Aussicht. Das wird eine Drehscheibenwohnung der städtischen Tochtergesellschaft GBG sein, was zu politischen Kontroversen führt.
Einzugsdatum ist der 27. Januar 2020, zwei Tage später findet der Mieter die fristlose Kündigung in seinem Briefkasten. Nikolas Löbel erklärt den späten Zeitpunkt damit, er habe zuvor wegen Sitzungswochen des Bundestags häufig in Berlin sein müssen. Seltsam ist allerdings, dass er in einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll gibt, erst Ende Januar mit seinem Vater über die Vorfälle im Dezember 2019 gesprochen zu haben. "Mein Mandant äußert sich nicht dazu", beendete sein Anwalt Josef Piontek abrupt die Fragerunde von Alexander Sauer, dem Rechtsbeistand des Mieters.
Der Rest ist bekannt: Löbel lässt die Schlösser austauschen und vermietet die Wohnung an eine Studenten-WG. Der Mieter wehrt sich und bekommt schon vor dem aktuellen Verfahren vom Amtsgericht per einstweiliger Verfügung Recht. Das Landgericht bestätigt diese Einschätzung in dem noch von Kranz angestrengten Berufungsprozess. Eine freiwillige Zahlung von 5000 Euro lehnt der Mieter ab.
Der 67-Jährige wolle unbedingt in seine alte Wohnung zurück, in der er mehr als 30 Jahre gelebt hat – darauf beharren der Mann und Sauer auch am Montag. Richterin Bag will am 25. August ihre Entscheidung verkünden. Sie nennt die Aussagen der vier Zeugen vage. "Ob sie dazu ausreichen, zum Kündigungsrecht zu gelangen, ist fraglich", sagt Bag und macht Nikolas Löbel wenig Hoffnung.