Autobahnlärm

Cuny sucht nach Lärmquellen (Update)

SPD-Landtagsabgeordnete hakte mit einem Brief an Landesverkehrsminister Winfried Hermann nach.

30.03.2021 UPDATE: 29.08.2021 19:30 Uhr 5 Minuten, 30 Sekunden
Nach Anwohnerprotesten und wohl auch politischem Druck reagiert nun die Autobahngesellschaft des Bundes: Sie will mit eigenen Messungen überprüfen, ob die neuen Waschbetonplatten auf der A 5 wirklich eine lärmmindernde Wirkung haben. Foto: Kreutzer

Ladenburg/Schriesheim. (RNZ) Seit der Fahrbahnsanierung der A 5 zwischen der Anschlussstelle Ladenburg/Schriesheim und Dossenheim mehren sich die Beschwerden von Anwohnern, dass es jetzt deutlich lauter sei als vorher. Die zuständige Autobahn-GmbH reagierte und veranlasste Messungen – und schließt seither die sanierte Fahrbahndecke sowie die neuen Betonleitwände zwischen den Fahrbahnen als Ursache für den Lärm aus.

Dieses Ergebnis will der SPD-Landtagsabgeordnete Sebastian Cuny jedoch nur als "Zwischenstation auf der Suche nach der oder den Ursachen für die erhöhte Lärmbelastung der Menschen" verstanden wissen. Der 42-Jährige hakte deshalb dieser Tage mit einem Brief an Landesverkehrsminister Winfried Hermann in der Sache nach. Mit fünf Fragen will der Abgeordnete möglichen Lärmquellen weiter auf die Spur kommen und zugleich Chancen für einen besseren Lärmschutz eruieren. So fragt der Sozialdemokrat beispielsweise an, ob dem Ministerium "anderenorts in Baden-Württemberg Beschwerden über erhöhte Lärmbelastungen an Straßen oder Autobahnen bekannt sind, bei denen eine kürzlich sanierte Fahrbahn als Ursache aufgeführt wird".

In der geplanten temporären Freigabe des Seitenstreifens zwischen Heidelberg und hessischer Landesgrenze sieht der Abgeordnete eine "konkrete Chance, die Lärmbelastung entlang der A 5 nochmals intensiv zu prüfen und entsprechende Schutzmaßnahmen zu realisieren". Der Schriesheimer will daher wissen, welche Lärmschutzmaßnahmen im Zuge der temporären Seitenstreifen-Freigabe im Bereich der A 5 umgesetzt werden sollen.

"Die Beschwerden über eine gestiegene Belastung durch den Verkehrslärm von der A 5 sind so zahlreich und aus unterschiedlichsten Bereichen, dass wir der Ursache nachgehen müssen, um die Menschen zu entlasten", versichert Cuny und will in dieser Angelegenheit am Ball bleiben.

Update: Sonntag, 29. August 2021, 19.36 Uhr

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Betreiber will doch den A5-Geräuschpegel messen

Schriesheim. (hö) Ja, am Ende waren es die A 5-Anwohner, die den Ausschlag gaben, dass nun am sanierten Abschnitt zwischen Dossenheim und Ladenburg gemessen wird (RNZ vom 31. März). Das bestätigte die Sprecherin der Autobahngesellschaft des Bundes, Petra Hentschel: "Wenn sich so viele melden und sagen, dass es nun lauter geworden ist, müssen wir darauf reagieren." Vor allem dann, wenn bisher die Autobahnbehörde davon ausging, dass es mit einem neuen Fahrbahnbelag leiser sein müsste als vorher. Aber das ist auch der Knackpunkt: Es geht ausschließlich um die Frage, ob der neue Waschbeton lärmmindernd wirkt – oder nicht. Alle anderen Fragen der Anwohner bleiben außen vor. Hentschel beantwortet die wichtigsten Fragen der RNZ zur Messung – und wann es erste Ergebnisse gibt.

Wo genau soll gemessen werden? Auf beiden Richtungsfahrbahnen? Nur die "problematische" in Richtung Süden? Der Geräuschmessanhänger fährt zwischen den Anschlussstellen Hirschberg und Dossenheim auf einer Gesamtlänge von etwa 3,3 Kilometern – und zwar in beiden Fahrtrichtungen. Für das Standmikrofon gibt es an beiden Fahrbahnrändern ebenfalls einen Messpunkt.

Wird auch zum Vergleich mit dem Zustand im sanierten A5-Bereich auf einem unsanierten (beispielsweise in Hirschberg) gemessen? Nein. Bei den Messungen an der Fahrbahn wird der Korrekturwert der eingebauten Waschbeton-Deckschicht überprüft. Der bezieht sich auf einen Referenzwert "0" (für nicht-geriffelten Gussasphalt). Mit den Messdaten wird dann die bisherige Lärmberechnung überprüft. Den neuen Waschbeton mit dem alten Asphalt auf einem anderen Abschnitt der A 5 zu vergleichen, wäre "nicht zielführend". Denn das hieße, den Korrekturwert einer am Ende ihrer Nutzungsdauer angelangten Fahrbahndecke zu ermitteln, die aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden muss "und keinesfalls als Referenzbelag dienen kann."

Werden auch Messungen mit Lkw-Reifen gemacht, die die Anwohner als besonders lärmintensiv wahrnehmen? Ja. Hentschel: "Die beiden Messverfahren sind in entsprechenden Normen (DIN, EU, ISO) verbindlich geregelt. Ihre Kombination erlaubt eine zuverlässige Bestimmung der akustischen Eigenschaften einer Fahrbahndecke gemäß der Technischen Prüfvorschrift." Beim Anhänger wird mit zwei normierten Reifensätzen (für Pkw und Lkw) gemessen, anschließend wird ein Index für einen vorgegebenen Fahrzeugmix berechnet. Auch beim Standmikro wird nach Fahrzeugkategorien differenziert.

Wann genau wird gemessen? Die Messungen sind für kommende Woche geplant. Dann werden die Daten ausgewertet, um die Geräuscheigenschaften des Betons zu ermitteln. Der Bericht dauert drei bis fünf Wochen, ist also frühestens Mitte Mai fertig.

Ist es, Stand heute, denkbar, dass der Fahrbahnbelag in Fahrtrichtung Süden rauer ist als der in Fahrtrichtung Norden? Vor dem Bericht wären alle Aussagen dazu spekulativ.

Welche konkreten Auswirkungen könnten die Messungen haben? Wäre auch eine erneute Sanierung des Belags denkbar? "Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es verfrüht, über das weitere Vorgehen zu diskutieren", so Hentschel. Erst müssen die Ergebnisse der Messung vorliegen, "um dann anhand von belastbaren Daten weiter planen zu können".

Update: Freitag, 9. April 2021, 19.51 Uhr


Betreiber will doch den A5-Geräuschpegel messen

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Das war ein aufregender Tag am Dienstag für Winfried Plesch aus den Fensenbäumen. Denn völlig überraschend kündigte die neue Autobahngesellschaft des Bundes an, eigene Lärmmessungen an der A 5 machen zu wollen. "Ich bin komplett überrascht und erfreut. Die tun jetzt tatsächlich was", so Plesch. Im Herbst hatte er mit weiteren über 20 Anwohnern, meist auch aus den Fensenbäumen, eine Initiative gegründet, die auf die erhebliche Lärmbelästigung seit der Fahrbahnsanierung im letzten Jahr aufmerksam machte. Der einhellige Tenor, den mittlerweile auch Ladenburger bestätigen: Es wurde nicht nur lauter, sondern zeitweise war der Aufenthalt auf der Terrasse geradezu unerträglich.

Dabei geht es vor allem um die Fahrtrichtung Heidelberg, an der von April bis Juli 2020 gearbeitet wurde. Plesch untermauerte seine Beschwerden auch mit eigenen Messungen aus einer Handy-Lärmapp mit bis zu 72 Dezibel, allerdings blieb das bisher folgenlos. Sowohl vom Regierungspräsidium Karlsruhe als bis Ende Dezember zuständiger Autobahnbehörde wie auch später vom Verkehrsministerium kam immer dieselbe Antwort: Es könne nicht lauter sein als früher, der neue Betonbelag sei tendenziell leiser als der alte Asphalt. Auch der Forderung nach Messungen vor Ort erteilte das Regierungspräsidium eine Absage: Das werde bundesweit standardmäßig berechnet. Kurzum: kein Handlungsbedarf, schon gar nicht für Lärmschutzwände oder ein Tempolimit, was die A 5-Anwohner gefordert hatten – zumal die errechneten Lärmwerte das nicht hergeben würden.

Dann am Dienstag die Kehrtwende: Per Pressemitteilung informierte die Autobahngesellschaft darüber, jetzt doch vor Ort die Lage zu überprüfen. Das geschieht auf zweierlei Weise: mit einem mikrofongespickten Anhänger, der mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten verschiedene jeweils 20 Meter lange Strecken die Rollgeräusche misst, und mit einem Mikrofonständer am Fahrbahnrand, der den Lärm der vorbeifahrenden Autos erfasst. Dabei geht es vor allem darum herauszufinden, ob der neue Betonbelag wirklich zwei Dezibel leiser ist als der alte Asphalt – was wissenschaftliche Studien ergeben hätten. Plesch sieht in ihm eher "Brüllbeton".

Plesch führt den neuen Kurs der Autobahngesellschaft auf den Druck der Anwohner, vielleicht auch den Einsatz der drei Landtagsabgeordneten zurück: "Offenbar hat man nun wirklich begriffen, dass an unserem Eindruck, dass es lauter geworden ist, tatsächlich etwas dran ist." Allerdings hat er, was die angekündigten Messungen angeht, ein paar Fragen: Offenbar wird ja nur der Ist-Zustand überprüft. Wäre es nicht sinnvoller, man würde auch den vorherigen Zustand messen? Deswegen schlägt Plesch vor, den Anhänger auch über die Autobahn bei Hirschberg fahren zu lassen, deren Sanierung geplant ist und die denselben Asphalt wie früher der Abschnitt bei Schriesheim hat. Erst dann könnte man erfassen, was sich durch den neuen Betonbelag verändert hat.

Außerdem, so sagt Plesch, konzentriert sich die Autobahngesellschaft nur auf den neuen Belag. Und was ist mit den ebenso neuen Betongleitwänden? Er hat den Verdacht, dass diese den Schall zusätzlich – zumindest wenn der Wind von Westen kommt – in die Fensenbäume tragen. Erfassen denn überhaupt die Mikrofonständer am Fahrbahnrand den Wind?

Und drittens: Was sind die konkreten Folgen, wenn herauskommt, dass die neue Betondecke doch keinen lärmmindernden Effekt hat? Plesch vermutet, dass dann auch weiterhin die gemessene Geräuschbelastung unter den Grenzwerten für eine Lärmschutzwand liegen wird (64 Dezibel am Tag und 54 in der Nacht). "Man wird vielleicht daraus ableiten, dass wir weiter keinen Anspruch auf Lärmschutz haben."

Plesch vermutet, dass die Autobahngesellschaft den jetzigen Zustand nach der Sanierung "auf eine solidere Datenbasis stellen will" – was an sich ja schon mal positiv sei. Allerdings werde sich zeigen, "wie transparent nachher auch die Messergebnisse veröffentlicht werden". Zumindest erklärte die Autobahngesellschaft am gestrigen Dienstag, sie habe die Beschwerden der Anwohner anerkannt – und reagiere nun mit diesen Messungen. Sie setze nun "auf einen konstruktiven Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern aus benachbarten Ortschaften, die von einer Zunahme des Autobahnlärms nach dem Ende der Baumaßnahme berichten". Zugleich sei man "offen für den Austausch mit Fachexperten und der Öffentlichkeit".

Das hört sich gut an, aber Plesch hat andere Erfahrungen gemacht: Denn seine Anfragen bei der neuen Behörde laufen seit einigen Wochen ins Leere, erst in dieser Woche wandte er sich hilfesuchend an die drei Landtagsabgeordneten, die die Autobahngesellschaft zur Antwort auf seine Fragen drängen sollten. Daher sagt er: "Ich hätte die gute Nachricht mit den Messungen gerne auch von ihr selbst gehört."

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