Hoffenheim gegen Mainz

Abstieg näher als Europa - TSG zeigt "schlechtestes Saisonspiel" (Update)

An Europa braucht die TSG 1899 Hoffenheim in dieser Form überhaupt nicht zu denken. Das 1:2 gegen Mainz 05 ist ein Tiefpunkt. Trainer Hoeneß, der auf eine Aufholjagd gehofft hatte, ist enttäuscht.

21.03.2021 UPDATE: 22.03.2021 12:34 Uhr 5 Minuten, 38 Sekunden
Personalmangel
Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß. Archivfoto: Torsten Silz/dpa

Sinsheim. (dpa) Das Pokalaus gegen Fürth, das Europapokal-Scheitern gegen Norwegens Außenseiter Molde: Hoffenheims Chefcoach Sebastian Hoeneß hatte in dieser Saison schon viel Grund für Frust. So bedient wie nach dem 1:2 (1:2) gegen den FSV Mainz 05 war der Neffe von Uli Hoeneß aber selten. "Wir haben unser schlechtestes Saisonspiel abgeliefert", stellte der Trainer am Sonntag unmissverständlich klar. Statt erhoffter Aufholjagd liest sich Hoffenheims Realität nach 26 Bundesliga-Spieltagen so: die Europapokal-Plätze (zehn Punkte) sind weiter entfernt als Relegationsrang 16 (sieben).

"Für mich ist es unerklärlich, wie wir heute aufgetreten sind. Natürlich hat es Mainz auch gut gemacht, aber von uns war es heute viel zu wenig. Es war ein schlechtes Spiel von uns", sagte Florian Grillitsch, der wieder den zentralen Part der Dreierkette spielte. Routiniers wie Kevin Vogt und Sebastian Rudy leisteten sich schwere Patzer, vorne hinkt Andrej Kramaric der Form aus dem Herbst weit hinterher. "So kann man ein Spiel in der Bundesliga nicht gewinnen", sagte Torschütze Ihlas Bebou, der selbst noch der beste Hoffenheimer Offensivakteur war.

Der mutige Abstiegskandidat aus Mainz belohnte sich derweil für eine starke Leistung und ist derzeit das Team der Stunde im Keller. Die Tore von Robert Glatzel (nach 28 Sekunden) und Dominik Kohr waren der Lohn für einen couragierten Auftritt von Beginn an. "Es ist für uns wichtig, dass wir unserem Weg treu bleiben. Das werden wir genießen, das werden wir auch feiern. In welche Richtung wir gehen wollen, ist aber wichtiger als die Momentaufnahme von der Tabelle", sagte Coach Bo Svensson, der seit Amtsübernahme im Januar mit Mainz mehr Punkte holte als Dortmund oder Leverkusen.

Der BVB und Bayer, das wären die Teams, die Hoffenheim noch abfangen müsste, wenn es mit Europa ein weiteres Mal klappen soll. "Das Spiel müssen wir schnell abhaken. Ich hoffe, dass uns die Pause guttun wird", sagte Bebou. Mit bereits zwölf Saisonniederlagen und 45 Gegentoren droht die TSG alle Saisonziele zu verpassen. Und im April wird das Programm nicht einfacher: Gegen Leverkusen, in Leipzig und gegen Gladbach stehen gleich drei Spiele gegen Europapokal-Starter an. Wenn im Mai dann Teams aus der Abstiegszone warten, dürfte es für die Hoeneß-Elf schon um nicht mehr viel gehen.

Update: Montag, 22. März 2021, 12.34 Uhr

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Hoeneß vergeht das Lachen

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Zwei Tage zuvor war Sebastian Hoeneß noch ein Lächeln übers Gesicht gehuscht. Nein, seine Schützlinge würden nicht um 5 Uhr morgens aus dem Bett gejagt, flachste der Hoffenheimer Trainer während der Pressekonferenz, als er auf die ungewöhnliche Anstoßzeit der Partie am Sonntag gegen Mainz 05 angesprochen wurde: "Sie stehen zu einer humanen Uhrzeit auf", hatte der Coach ganz normale Abläufe angekündigt vor der Verabredung mit dem Karnevalsverein, die auf 13.30 Uhr terminiert war.

Um 13.31 Uhr stand es bereits 1:0 für Mainz.

Chris Richards ließ sich von Robert Glatzel überrumpeln. Und der FSV-Stürmer durfte nach handgestoppten 27 Sekunden zur Gästeführung einschieben. Der Tiefschlaf des jungen TSG-Verteidigers läutete eine Hoffenheimer Anfangsphase ein, die mit "verschlafen" noch freundlich umschrieben wäre.

120 Sekunden nach der Führung hatte Glatzel das 2:0 auf dem Fuß. Die anschließende Ecke köpfte St. Juste nur knapp neben den Kasten von 1899-Torhüter Oliver Baumann.

"Wir sind maximal schlecht in die Partie gestartet mit dem Fehler von Chris", begann Florian Grillitsch nach der 1:2 (1:2)-Niederlage seine schonungslose Analyse. Dem 20-Jährigen wolle er keinen Vorwurf machen. Dem Kollektiv dagegen umso mehr: "Wir waren richtig schlecht", schüttelte "Grillo", erneut als Abwehrchef aufgeboten, ungläubig den Kopf.

Hoffenheims Stürmer Ihlas Bebou jubelt über seinen Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1. Foto: dpa

Es kommt nicht allzu häufig vor im Bundesligazirkus, dass in der Manege hinterher Einigkeit herrscht. Grillitsch, Ihlas Bebou, der zwischenzeitlich ausgleichen konnte (39.), Dominik Kohr, der postwendend zur erneuten FSV-Führung traf (41.) – alle hatten einen verdienten Sieg des Kellerkinds gesehen.

Auch Sebastian Hoeneß. "Das ist für mich aktuell nicht zu erklären", grübelte der 38-Jährige über die weitere Entwicklung der Partie, in der sich seine Elf vom Gegner den Schneid abkaufen ließ.

Seinen Frust konnte Hoeneß dabei nur schwer verbergen. "Die Mainzer haben uns mit ihrer sehr aggressiven Haltung und Bereitschaft den Zugang zum Spiel verwehrt." Am Ende des Tages müsse man konstatieren, so der TSG-Trainer, "dass wir nicht vorbereitet waren auf das, was Mainz hier abgeliefert hat". Eine Aussage, die zutreffender, aber auch erstaunlicher nicht hätte sein können. Denn Hoeneß schob nach: "Ich kann nur sagen, dass wir genau damit gerechnet hatten."

Bestens vorbereitet sei man gewesen, bestätigte auch Bebou. Genau gewusst habe man, so der 26-Jährige, was auf einen zukomme. Nur die Umsetzung gelang überhaupt nicht. "Wir haben uns extrem beeindrucken lassen, von der Mainzer Spielweise und dem frühen Rückstand", haderte Hoeneß. Warum dies passierte? "Das würde mich auch interessieren."

Abwehrmann Richards erwischte einen gebrauchten Tag. Von Andrej Kramaric gingen keine Impulse aus. Christoph Baumgartner rieb sich in zahlreichen Zweikämpfen auf und agierte unglücklich. Sebastian Rudy und auch Torschütze Bebou spielten vor allem in der ersten Hälfte gefühlt jeden zweiten Pass in die Füße des Gegners.

Schlechter konnte es nach dem Seitenwechsel nicht werden. Viel besser wurde es allerdings auch nicht.

Zweimal St. Juste (53. und 82.) und zweimal der eingewechselte Quaison (75. und 82.) hätten für die Nullfünfer erhöhen können, eigentlich sogar müssen.

Gelegenheiten auf der anderen Seite? Fehlanzeige.

Dominik Kohr (Nummer 31 in Rot) köpft Mainz 05 mit seinem 2:1 nach einer Ecke abermals in Führung. Foto: APF

Doppelt so viele Abschlüsse, 9:1 Ecken, über 60 Prozent gewonnene Zweikämpfe und fast vier Kilometer mehr gelaufen – auch die Statistik sprach für die Rheinhessen, die sich mit dem Sieg von einem Abstiegsplatz schossen und bis auf sechs Zähler an Hoffenheim herangerückt sind. "Der einzige Makel war heute", freute sich 05-Sportdirektor Martin Schmidt, "dass das Spiel so lange offen war."

Grillitsch sah es ähnlich, räumte ein, dass man am Ende vielleicht sogar deutlicher hätte verlieren müssen. "Wenn wir so spielen, haben wir nichts verdient", sagte der 25-jährige Österreicher: "Da brauchen wir gar nicht nach oben schauen." Das Wort Europapokal nimmt im Kraichgau erst mal keiner mehr in den Mund.

Hoeneß sah im miserablen Auftritt, der nach der Niederlage in Stuttgart den Aufwärtstrend endgültig gestoppt hat, den vorläufigen Tiefpunkt erreicht: "Das war unsere schlechteste Saisonleistung." Darüber werde er mit seiner Mannschaft noch am Sonntag länger sprechen, kündigte er an. Schließlich stehen nun Länderspielreisen bevor: "Es kotzt mich an, dass wir nicht die Möglichkeit haben, es gemeinsam aufzuarbeiten, sondern erst einmal in aller Herren Länder verschwinden."

Das Lachen ist Sebastian Hoeneß lange vergangen.

Update: Sonntag, 21. März 2021, 22.28 Uhr


Hoeneß-Team verliert 1:2 gegen Mainz

Sinsheim. (dpa) Der FSV Mainz 05 setzt seine Erfolgsserie in der Rückrunde fort und hat erstmals seit November die Abstiegsplätze der Fußball-Bundesliga verlassen. Das Team von Trainer Bo Svensson gewann am Sonntag mit 2:1 (2:1) bei der TSG 1899 Hoffenheim und zog damit an den Rivalen 1. FC Köln und Arminia Bielefeld vorbei. Vor coronabedingt leeren Rängen schossen Robert Glatzel nach nur 28 Sekunden und Dominik Kohr (41. Minute) die Tore für die 05er. Mainz stand zuvor letztmals am achten Spieltag und auch davor nur ein einziges weiteres Mal in dieser Saison über dem Strich.

Während Hoffenheim und Torschütze Ihlas Bebou (39.) nach der zweiten Liga-Niederlage nacheinander wohl endgültig die Europa-Ränge abhaken können, sind die Mainzer in der Rückrunde beeindruckend stark. War man in der Hinrunde mit sieben Zählern noch gleichauf mit dem FC Schalke 04, punktet die Mannschaft in der Rückserie unter Svensson besser als Spitzenteams wie Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen.

Die Gäste aus Rheinhessen starteten auch zur ungewohnten Anstoßzeit am Sonntagmittag so, wie man sie in den vergangenen Wochen erlebt hat: engagiert und energisch. Glatzel störte Bayern-Leihgabe Chris Richards energisch und nutzte nach 28 Sekunden direkt die erste Chance zur Führung. Es war das zweitschnellste Tor der laufenden Bundesliga-Saison und der drittschnellste Treffer in der Mainzer Liga-Historie. Direkt im Anschluss hätte Glatzel (3.) gleich erhöhen können, doch Keeper Oliver Baumann verhinderte das frühe 0:2.

Die Hoffenheimer, denen nach den bitteren Pokal-Niederlagen gegen Fürth und Molde die tabellarische Bedeutungslosigkeit droht, lieferten einen laschen Auftritt. Von Vize-Weltmeister Andrej Kramaric war wenig zu sehen, gestandene Profis wie Kevin Vogt oder Sebastian Rudy leisteten sich heftige Fehler in der eigenen Hälfte. Baumann verhinderte gegen Jonathan Burkardt (18.) mit einer starken Fußabwehr ein weiteres Gegentor.

Umso überraschender schaffte die Elf von Sebastian Hoeneß den Ausgleich, auch an diesem Tor war Richards beteiligt: Der 20-Jährige spielte von links einen starken Ball in die Schnittstelle auf Bebou, der der wuchtigen Mainzer Abwehr einmal entwischte und mit seinem siebten Saisontreffer für einen eigenen Bundesliga-Bestwert sorgte. Bebou war schon zuvor als agilster Angreifer der Hoffenheimer aufgefallen.

Doch die TSG-Freude währte nur kurz, bis Kohr nach einer einstudierten Eckball-Variante vollkommen freistehend zur erneuten Führung einköpfen konnte. Der Mittelfeldarbeiter, dem erstmals nach 1289 Tagen wieder ein Bundesliga-Tor gelang, packte den Ball unter sein Trikot, steckte den Daumen in den Mund und schickte schöne Grüße an die Familie am Fernseher.

Auch nach dem Wechsel war nicht zu erkennen, wer der Abstiegskandidat und wer der Europa-League-Teilnehmer ist. Mainz verteidigte die Führung mit großem Einsatz und taktischer Finesse. Hoffenheims Attacken waren fast durchgehend harmlos, die für ein Remis nötige Schlussoffensive blieb aus.

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