Vermietete US-Immobilie teilweise selbst bewohnt
Es gibt erste Erkenntnisse über den umstrittenen Vertrag zwischen SNP und ihrem verstorbenen Gründer Andreas Schneider-Neureither.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Die US-Immobilie, die der verstorbene Andreas Schneider-Neureither an das von ihm gegründete Heidelberger Softwareunternehmen SNP langfristig vermietet hatte, wurde zumindest teilweise von ihm selbst bewohnt. Das bestätigte eine Unternehmenssprecherin am Montag in Heidelberg. Es handele sich um eine neu gebaute Immobilie in Irving nahe Dallas im amerikanischen Bundesstaat Texas, die SNP im März 2019 von einer Gesellschaft Schneider-Neureithers angemietet habe. Mit seinem Tod ging das Eigentum an eine Erbengemeinschaft über.
Der Fall hatte in der vergangenen Woche für gehörigen Wirbel gesorgt. In einer Pflichtmitteilung an die Börse hatte SNP am Mittwochabend eingeräumt, dass die für eine Dauer von zehn Jahren von Schneider-Neureither angemietete US-Immobilie als Bürogebäude von Anfang an ungeeignet gewesen sei. Das habe sich aber erst jetzt herausgestellt. Die Heidelberger müssen deshalb millionenschwere Wertberichtigungen in der Bilanz von 2019 vornehmen und wollen die Angelegenheit "im Hinblick auf Compliance-Themen" überprüfen. Auch werde man gegebenenfalls Ersatzansprüche geltend machen, hieß es. Es geht um Mietzahlungen von 4,2 Millionen Dollar (3,6 Millionen Euro).
Das obere Stockwerk der Immobilie sei von dem früheren Verwaltungsratsvorsitzenden Schneider-Neureither bei Aufenthalten in den USA privat bewohnt worden, sagte die Sprecherin am Montag. Im übrigen Teil des Gebäudes seien Besprechungsräume und ein sogenanntes "Innovation Center" gewesen, in dem er privat organisierte Termine mit amerikanischen Kunden der SNP abgehalten habe. Schneider-Neureither war Anfang November 2020 unerwartet an einem sogenannten "anaphylaktischen Schock" gestorben, also an einer besonders starken allergischen Reaktion.
Nach seinem Tod war eine Wiederverwendungsprüfung der US-Immobilie durchgeführt worden, heißt es in der Pflichtmitteilung weiter. Dabei sei festgestellt worden, dass das Objekt bereits seit Mietbeginn nicht als Bürogebäude für SNP nutzbar gewesen sei. Die Sprecherin begründete das am Montag auch damit, dass die Immobilie in einem Teil von Irving liege, in dem keine Ansiedlung von Gewerbe vorgesehen sei.
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SNP muss aufgrund der neuen Erkenntnisse rückwirkend in seiner Bilanz für 2019 den Wertansatz für die Nutzungsrechte aus dem Mietvertrag neu bewerten und um die geleistete Miete von 3,6 Millionen Euro nach unten korrigieren. Auf die Bilanz des laufenden Geschäftsjahres und das operative Geschäft hätten die Anpassungen aber keinerlei Auswirkungen, versicherte SNP. Dennoch verschiebt sich die Vorlage des Konzernabschlusses für 2020 auf den 21. April. Aufgrund der neuen Erkenntnisse habe der Verwaltungsrat die Prüfungsschwerpunkte für den Konzernjahresabschluss 2020 erweitert "und eine vollständige Prüfung der US-Gesellschaften veranlasst, insbesondere im Hinblick auf Compliance-Themen".
Update: Montag, 22. März 2021, 20 Uhr
Verstorbener Chef kassierte Miete für nicht nutzbare Immobilie
Von Matthias Kros
Heidelberg. Große Aufregung bei dem Heidelberger Softwareunternehmen SNP: Grund sind Neuigkeiten zu einer US-Immobilie, die einer Gesellschaft des im Herbst 2020 verstorbenen Unternehmensgründers und Ex-Verwaltungsratsvorsitzenden Andreas Schneider-Neureither gehört. Sie wurde langfristig an SNP vermietet, aber offenbar gar nicht genutzt. Es habe sich herausgestellt, dass die Immobilie als Bürogebäude von Anfang an ungeeignet gewesen sei, teilte SNP am Mittwochabend in einer Pflichtmitteilung an die Börse mit.
Die Heidelberger müssen deshalb millionenschwere Wertberichtigungen in der Bilanz vornehmen und wollen die Angelegenheit "im Hinblick auf Compliance-Themen" überprüfen. Auch werde man gegebenenfalls Ersatzansprüche geltend machen, hieß es. Unter Compliance versteht man grundsätzlich die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen sowie interner Richtlinien durch Unternehmen und ihre Mitarbeiter.
Die fragliche US-Immobilie war noch zur Lebenszeit von Andreas Schneider-Neureither angemietet worden. Der Konzern hatte hierzu im März 2019 einen Mietvertrag mit der von Schneider-Neureither kontrollierten SNP Assets Americas geschlossen. Dabei wurden Mietvorauszahlungen über 10 Jahre in Höhe von 4,3 Millionen US-Dollar (rund 3,6 Millionen Euro) geleistet. Schneider-Neureither war Anfang November 2020 unerwartet an einem sogenannten "anaphylaktischen Schock" gestorben, also an einer besonders starken allergischen Reaktion.
Nach seinem Tod war eine Wiederverwendungsprüfung der US-Immobilie durchgeführt worden, heißt es in der Pflichtmitteilung weiter. Dabei sei festgestellt worden, dass das Objekt bereits seit Mietbeginn nicht als Bürogebäude für SNP nutzbar gewesen sei. Diese Formulierung deutet daraufhin, dass die Immobilie stattdessen privat genutzt worden sein könnte.
Die Angelegenheit hat auch Einfluss auf die Bilanz des börsennotierten Unternehmens. Deshalb erfolgte die Pflichtmitteilung am Mittwochabend. SNP muss aufgrund der neuen Erkenntnisse rückwirkend in seiner Bilanz für 2019 den Wertansatz für die Nutzungsrechte aus dem Mietvertrag neu bewerten und um die geleistete Miete von 3,6 Millionen Euro nach unten korrigieren – was wiederum entsprechend auf das operative Ergebnis (Ebit) durchschlägt. Statt der zunächst ausgewiesenen 7 Millionen Euro betrage das Ebit jetzt nur noch 3,4 Millionen Euro, hieß es vom Unternehmen in der Mitteilung weiter.
Auf die Bilanz des laufenden Geschäftsjahres und das operative Geschäft hätten die Anpassungen aber keinerlei Auswirkungen, versicherte SNP. Dennoch verschiebt sich die Vorlage des Konzernabschlusses für 2020. Aufgrund der neuen Erkenntnisse, die sich aus der Neubewertung der US-Immobilie ergäben, habe der Verwaltungsrat die Prüfungsschwerpunkte für den Konzernjahresabschluss 2020 erweitert "und eine vollständige Prüfung der US-Gesellschaften veranlasst, insbesondere im Hinblick auf Compliance-Themen". Die zusätzlichen Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers führten dazu, dass die Veröffentlichung des Konzernjahresabschlusses 2020 auf den 21. April 2021 verschoben werden müsse.
Vorläufige Zahlen für das vergangene Jahr hatte SNP bereits im Januar vorgelegt: Demnach war der Umsatz 2020 leicht auf rund 143 Millionen Euro zurückgegangen nach 145 Millionen ein Jahr zuvor. Für das Ebit stellte SNP rund eine Million Euro in Aussicht. Der verstorbene Schneider-Neureither hatte SNP 1994 gegründet. Das Unternehmen mit rund 1400 Mitarbeitern war im März 2020 in den SDax aufgerückt, in der kommenden Woche müssen die Heidelberg den Index aber wieder verlassen.