Heidelberg

Forstarbeiten im Mühltal "ökologisch sinnvoll"

Naturschutzverbände nehmen Stellung zu den geplanten und dann verschobenen Arbeiten im Wald - Das sind die Argumente dafür

22.02.2021 UPDATE: 23.02.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Hunderte Bäume im Mühltal oberhalb Handschuhsheims sind rot markiert und sollen gefällt werden. Dagegen hat sich Protest geregt, die Stadt verschob die Fällungen. Jetzt haben sich mehrere Naturschutzverbände zu Wort gemeldet, die sich für die Arbeiten aussprechen. Foto: kaz

Von Sarah Hinney

Heidelberg. Die umfangreichen Forstarbeiten, die noch vor dem Frühjahr im Mühltal geplant waren, sind verschoben. Zu groß war der Protest von Bürgerinnen und Bürgern gegen die geplanten Baumfällarbeiten im Wald oberhalb Handschuhsheims. Die Stadt plant nun erst eine Informationsveranstaltung.

Unterdessen haben sich jetzt mehrere Naturschutzverbände zu Wort gemeldet, die in einer gemeinsamen Erklärung begründen, warum sie die Forstmaßnahmen für ökologisch sinnvoll halten. Und zwar sowohl die Arbeiten, die direkt an Sommer- und Winterseite des Mühltals stattfinden sollten, als auch die Forstarbeiten an den umliegenden Hängen.

Unterschrieben wurde die umfangreiche Stellungnahme von Cornelia Wiethaler, Sprecherin und Vorstandsmitglied des Nabu Heidelberg, Rainer Zawatzky, Vorstand im BUND Heidelberg, Gerhard Kaiser, BUND-Kreisgruppe Heidelberg, Thomas Trabold vom Verein Heidelberger Biotopschutz, Gerhard Kaiser, Arbeitskreis Rhein-Neckar des Landesnaturschutzverbandes Baden-Württemberg, Heinz Kaltschmidt, Kreisjägermeister, Heidelberger Jägervereinigung, Volker Violet, Nabu-Arbeitskreis Botanik 1, Maria Hufnagel-Schwab, Nabu-Arbeitskreis Umweltpolitik, und der Geomorphologin Dorothee Hildebrandt. Die RNZ hat die wichtigsten Argumente der Naturschutzverbände zusammengefasst.

> Die Wiesen: "Offene Wiesen dienen dem Erhalt der Artenvielfalt", so die Verbände. Fotos von früher zeigten, dass der Wald im Mühltal in den sechziger Jahren lichter war, die Wiesen offener. Um 1995 breiteten sich immer mehr Büsche und Bäume in den Wiesen aus. Der Verein Heidelberger Biotopschutz übernahm daraufhin in Abstimmung mit dem Umweltamt und mit dem Englischen Institut als Projektpartner 1996 die Pflege und mähte die Wiesen 20 Jahre lang. Heute werden sie durch ein Unternehmen gepflegt, um die Hirschwiese kümmert sich der BUND.

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> Die Biotope: Sie waren früher Fischzuchtbecken, allerdings verlandet – also voll mit organischem Material. 1995 hat sie der Heidelberger Biotopschutz-Verein zu Laichgewässern umgestaltet. Um die Gewässer zu erhalten, mussten sie in den letzten 25 Jahren allerdings zweimal wieder ausgebaggert werden, so auch im vergangenen Herbst.

> Der Wald: Die Naturschutzverbände sind sich einig darin, dass die Durchforstung ökologisch sinnvoll ist und die Biodiversität im Wald fördere. Es handele sich um eine zu begrüßende und nicht zu beanstandende Durchforstung. Das Waldbild werde dadurch schöner, das Kronendach bleibe nicht ganz so dicht, es erreiche mehr Licht den Boden. Dadurch könne sich eine Kraut- und eine Strauchschicht entwickeln. Das sei wünschenswert und in vielen Teilen des Stadtwalds bereits durchgeführt. Die Durchforstungsmaßnahme betreffe auch einen großen Hangbereich, der dadurch mehr Licht erhalte. Dadurch könnten mehr Wildpflanzen und junge Bäume nachwachsen. Mehr Insekten und Vögel fänden Lebensraum. Überdies sei regelmäßige Holzentnahme wichtig für den Klimaschutz. CO2 binden und aus dem Kreislauf nehmen lasse sich nur, wenn insbesondere auch "gesunde, kräftige" Bäume zu langlebigen Produkten verwertet würden. Cornelia Wiethaler sagt dazu: "Ich bedauere, dass die Durchforstungs- und Naturschutzmaßnahmen aufgeschoben werden mussten." Sie wünscht sich aber mehr regionale Vermarktung des Holzes aus dem Heidelberger Stadtwald. "Dann steigt vielleicht auch die Wertschätzung der Forstarbeiten."

> Der Wiesengrund: Längs des Mühlbachs wachsen Bäume nach und nach in den Wiesengrund hinein. Dadurch würden die waldfreien Flächen zunehmend kleiner. So schwände der Lebensraum für viele Blühpflanzen. Für den Biotop- und Artenschutz, die kulturlandschaftliche Vielfalt und für den Erholungswert sei es wünschenswert, den Wald aus der Talaue zu verbannen. Es sei aus Naturschutzsicht deshalb sinnvoll, auch dort Bäume zu fällen.

> Das Wasser: Die Geomorphologin Dorothee Hildebrandt ist sich außerdem sicher: Das Fällen der Bäume werde an den Boden- und hydrologischen Verhältnissen voraussichtlich keine Veränderungen verursachen, soweit nicht alle Bäume flächig an exponierten Hängen gerodet werden.

> Die Menschen: Das aus Sicht des Heidelberger Biotopschutz-Vereins größte Problem, das in den vergangenen 25 Jahren auf dem Mühltal laste, sei neben der zunehmenden Verwaldung die wachsende Zahl an Menschen, die dort Erholung suchte. In diesem Zusammenhang appellieren alle Naturschutzverbände noch einmal intensiv an Hundehalterinnen und -halter, ihre Tiere vor allem jetzt von den Laichgewässern fernzuhalten.

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