Schulstart in Schwetzingen und Hockenheim mit Hindernissen
Die Lernplattformen brachen am Montag nach den Ferien zusammen. Wie die Schulen aus der Region nun den Fernunterricht organisieren.

Von Anna Manceron
Schwetzingen/Hockenheim. Eigentlich wollten Schüler, Lehrer und Eltern in der Region am Montagmorgen mit Vollgas in die nächste Runde des Homeschoolings starten. Doch statt sich im virtuellen Klassenzimmer zu treffen, saßen viele von ihnen sozusagen vor leeren Bildschirmen. Pünktlich zur ersten Stunde gab die digitale Lernplattform "Moodle" den Geist auf. Zu groß war die Zahl der Nutzer, die sich am ersten Tag nach den Weihnachtsferien einloggen wollten. "Moodle" wird vom Land Baden-Württemberg betrieben. Von dem Zusammenbruch seien landesweit rund 200 Schulen betroffen, erklärte das Kultusministerium am Vormittag.
Zu ihnen gehört auch das Schwetzinger Hebel-Gymnasium. Schulleiter Stefan Ade war angesichts der Softwarepanne wenig überrascht. "Was heute Morgen passiert ist, war absehbar", erklärte er. Er glaube nicht, dass sich dieses Problem innerhalb weniger Tage lösen lasse. Um das System ein wenig zu entlasten, setzt das Hebel-Gymnasium ab Dienstag auf einen entzerrten Stundenplan. "Die Klassenstufen sollen dann zu unterschiedlichen Zeiten auf ,Moodle’ zugreifen", berichtete Ade.
Derzeit befinden sich alle der rund 920 Schüler des Hebel-Gymnasiums im Fernunterricht. Statt gemeinsam vor Ort lernt nun jeder zuhause mit Computer, Tablet oder Smartphone. Nur die Schüler der Kursstufen 1 und 2 dürfen diese Woche in die Schule kommen, um Klausuren zu schreiben. "Eigentlich hätten diese Klausuren schon vor Weihnachten geschrieben werden sollen. Das ist die letzte Chance, um sie nachzuholen", sagte Ade.
Für alle anderen Klassen sind die Klausuren seit dem vorgezogenen Beginn der Weihnachtsferien am 17. Dezember ausgesetzt. Weil schriftliche Leistungen in Präsenz erbracht werden müssen, seien Online-Klausuren nicht möglich, erklärte Ade. Ob und wann die ausgefallenen Klassenarbeiten nachgeholt werden können, sei noch unklar.
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Mit "Moodle" habe seine Schule bisher gute Erfahrungen gemacht, so der Schulleiter. Für Online-Unterricht und Videokonferenzen nutzen Lehrer und Schüler außerdem das in die Software eingebettete Programm "Big Blue Button". "Das wurde von der Landesregierung als datenschutzrechtlich unbedenklich eingestuft", erklärte Ade.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass viele deutsche Schulen in puncto Digitalisierung noch weit zurückliegen. Im Frühjahr mussten sie quasi von heute auf morgen in den digitalen Fernunterricht wechseln. Die Herausforderungen sind enorm, die Defizite groß. Die größte Herausforderung bestehe darin, den digitalen Unterricht genauso qualitativ wertvoll zu gestalten, wie den Präsenzunterricht, meint Stefan Ade. Dabei komme es zum einen darauf an, die technischen Möglichkeiten optimal zu nutzen.
Doch auch organisatorische und soziale Aspekte spielen eine wichtige Rolle. "Man braucht eine Mischung aus Videokonferenzen und selbstständigem Arbeiten", sagte Ade. Sechs Stunden Video-Unterricht am Stück würden viele an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen – sowohl Schüler als auch Lehrer. Vor allem das Zwischenmenschliche bleibe beim Digitalen auf der Strecke. "Lehrer lesen viel in der Mimik der Kinder oder spüren die Atmosphäre im Klassenraum. Das ist im digitalen Fernunterricht nicht möglich", betonte Ade.
Die Strukturen für das Homeschooling musste man am Hebel-Gymnasium in den vergangenen Monaten komplett neu aufbauen. Derzeit kümmert sich ein Lehrer um die IT-Angelegenheiten – neben dem Unterricht. "Er steht quasi 24 Stunden am Tag zur Verfügung", berichtete Ade. "Ohne ihn wäre bei uns schon mehrmals alles zusammengebrochen."
Ganz anders sieht es beim Privatgymnasium Schwetzingen aus, das am Montag nicht von dem Software-Crash betroffen war. "Wir verwenden unser schuleigenes System", erklärte Andrea Hahn vom Sekretariat der Schule. Derzeit arbeitet das Privatgymnasium mit der Software "Teams" von Microsoft. Im Gegensatz zum Hebel-Gymnasium werden alle Unterrichtseinheiten aus dem Stundenplan live per Video abgehalten. "Das kann den Präsenzunterricht natürlich nicht ersetzen, aber es klappt ganz gut", berichtete Hahn. Jeder Schüler verfügt über ein Tablet. Um technische Probleme kümmert sich die hauseigene IT-Abteilung mit zwei Mitarbeitern. Die gab es übrigens schon vor der Corona-Krise. "Als Privatschule sind wir da anders aufgestellt als staatliche Schulen", sagte Hahn. "Unsere Ausstattung war auch vorher schon sehr gut."
In Hockenheim gab es am Montag ebenfalls Schwierigkeiten beim Start der neuen Schul-App "Sdui". "Es gab Probleme beim Aufrufen der App-Funktion, die Anmeldung funktionierte teilweise nicht", berichtete Rathaussprecher Christian Stalf. Diese Probleme hätten aber nichts mit der App selbst zu tun, sondern mit der Belastung der Server durch die hohen Zugriffszahlen. Am späten Vormittag habe die App dann wieder funktioniert. "Davon abgesehen waren die Rückmeldungen auf ,Sdui’ bisher aber positiv", betonte Stalf.