Dielheims Finanzlage ist sehr ernst
Im Gemeinderat wurde der Etat eingebracht - Bis 2024 könnten die Schulden auf 27 Millionen Euro ansteigen

Von Timo Teufert
Dielheim. Wenn die Gemeinde Dielheim in den kommenden vier Jahren ihre Investitionen so umsetzt, wie bislang geplant, wächst die Verschuldung der Leimbachtalgemeinde von derzeit 6,2 Millionen Euro bis 2024 auf 27,4 Millionen Euro an. Das machte Rechnungsamtsleiter Tino Becker im Gemeinderat deutlich, als er die Zahlen für den Haushalt 2021 und die mittelfristige Finanzplanung vorlegte. Werden alle Investitionen umgesetzt, müsste die Gemeinde im kommenden Jahr zwölf Millionen Euro an Krediten aufnehmen, weitere 10,6 Millionen Euro in den beiden Folgejahren. Die Pro-Kopf-Verschuldung würde damit von 178 Euro im Jahr 2019 auf 3024 Euro im Jahr 2024 steigen.
"Es war selten so schwierig wie in diesem Jahr, einen Haushalt seriös zu planen", machte Bürgermeister Thomas Glasbrenner in seiner Haushaltsrede deutlich. Denn noch nie musste ein Budgetplan unter Pandemiebedingungen erarbeitet werden. Die Coronakrise sei mit keiner früheren Rezession vergleichbar und mit vielen offenen Fragen verbunden: "Wie sehen die Unterstützungen von Bund und Land für die Jahre 2021 und später aus? Wie schnell kann sich die Wirtschaft erholen?", fragte Glasbrenner. Doch die mittelfristig angespannte Finanzlage der Gemeinde sei nicht nur Corona geschuldet: Sie resultiert auch zum Großteil aus dem Umbau und der Sanierung der Leimbachtalschule und aus dem Sanierungsstau an den gemeindeeigenen Liegenschaften.
"Eines ist klar: Die Corona-Folgen und unser Sanierungsstau werden uns weiter belasten. Wir können nicht mit rasch steigenden Einnahmen rechnen, müssen aber weiterhin hohe Ausgaben einkalkulieren", so Glasbrenner. Die Finanzlage sei aktuell belastet und werde vor allem auch in den Folgejahren sehr angespannt sein. "Deshalb kann ich Ihnen heute erneut keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Uns bleibt kein anderer Weg, als künftig Haushaltsdisziplin zu wahren.
Doch das heißt keinesfalls, dass wir um jeden Preis sparen wollen", so Glasbrenner. Man wolle und dürfe Dielheim nicht kaputt sparen. "Gerade jetzt in der Krise sind Investitionen unverzichtbar. Die Gemeinde muss und will ihren Beitrag dazu leisten, dass die Wirtschaft wieder wächst und Dielheim seine Stärken ausbauen kann", machte der Bürgermeister deutlich.
Auch interessant
Doch ein auf die Zukunft ausgerichtetes Haushaltskonzept aufzustellen, werde eine Gratwanderung. "Ich sage es gleich: Für die kommenden Jahre wird dies einige bittere Pillen bedeuten", so Glasbrenner. Aufgrund der Finanzlage müssten sich die Verwaltung und der Gemeinderat immer wieder fragen, was für Dielheim dringend notwendig sei, was aufgeschoben werden könne und wo Einsparmöglichkeiten lägen. "Das sind keine leichten Fragen und das werden keine leichten Entscheidungen", so Glasbrenner.

Allein neun Millionen Euro investiert die Gemeinde 2021 in den Neubau des Kindergartens in Horrenberg sowie die Sanierung der Leimbachtalschule. "Das sind Projekte, bei denen der größte Handlungsbedarf besteht sowie Vorhaben, die nachhaltig sind und uns zukunftsfähig machen", ist Glasbrenner überzeugt. Man wolle, dass alle Dielheimer Kinder und Jugendlichen bestmöglich gefördert würden. "Bildung, Betreuung und Förderung unseres Nachwuchses steht deshalb nach wie vor ganz oben auf unserer Agenda", so der Bürgermeister. Aber auch in anderen Bereichen müsse Geld in die Hand genommen werden: Etwa bei der Wasserversorgung oder beim Abbau des Investitionsstaus bei den Sport- und Kulturstätten.
"Der Zustand unserer Sporthalle, unseres Lehrschwimmbeckens und der Kulturhalle in Dielheim sowie der des Spielfeldes auf dem Sportplatz in Horrenberg sind ja hinlänglich bekannt", erklärte Glasbrenner. Und er ist überzeugt: "Mit den im Haushalt vorgesehen Investitionen werden wir unserer Verantwortung gerecht, Dielheim durch die aktuelle Krise zu führen." Denn wenn die Kommune investiere, stärke dies nicht nur die heimische Wirtschaft, es bringe auch allen Bürgern mehr Lebensqualität. "Ich bin überzeugt, dass wir mit diesem Entwurf die richtigen Schwerpunkte setzen und die richtigen Impulse geben, damit es in Dielheim weiter aufwärts geht", so Glasbrenner.
Auch wenn zu Beginn des Jahres niemand mit einer Krise wie der Corona-Pandemie gerechnet hatte, warnte Becker bei den Haushaltsberatungen im Januar vor einer Konjunkturabkühlung. "Schon beim Aufstellen des Haushaltes im Januar habe ich festgestellt, dass die finanzielle Situation der Gemeinde schwierig ist und eine hohe Neuverschuldung droht, weil die Einnahmen- mit der Ausgabensituation nicht ganz mithalten kann", so Becker. Trotzdem habe man 2020 einen stabilen Haushalt präsentieren können, mit dem man sich auch in der Krise behaupten konnte. Nicht zuletzt auch wegen der Hilfe des Landes und des Bundes. "Doch wenn man die Zahlen anschaut, muss man sagen: Die Lage ist ernst", wurde der Rechnungsamtsleiter deutlich.
Allein bei einer der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinde, dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, muss Dielheim einen deutlichen Einbruch im kommenden Jahr hinnehmen: Die Zuweisungen werden um rund 600.000 Euro niedriger ausfallen, als geplant. Im letzten Jahr betrug der Anteil 5,8 Millionen Euro, in diesem Jahr rechnete man mit über sechs Millionen Euro, bekommt aber nur 5,4 Millionen Euro. Im kommenden Jahr sieht es nicht besser aus: Becker hatte mit deutlich über sechs Millionen Euro gerechnet, jetzt wird es nur 5,6 Millionen Euro geben.
"Auch mittelfristig tut uns der Einbruch des Einkommenssteueranteils sehr weh", sagt Becker. Auf Grundlage der Orientierungsdaten für die Novembersteuerschätzung muss Dielheim mit noch einmal über 200.000 Euro weniger über die nächsten vier Jahre rechnen. "Das Gewerbesteueraufkommen zeigt sich dagegen robust und stabil und ich hoffe, dass es so bleibt", sagte Becker. Auch wenn ein höheres Steueraufkommen im Gegenzug weniger Landeszuweisungen bedeutet.
Während die Einnahmen sinken, "zeigen sich die Aufwendungen unbeeindruckt von der Corona-Krise und bleiben konstant auf geplantem Niveau", so Becker. Den Erträgen im kommenden Jahr von rund 20,52 Millionen Euro stehen Aufwendungen von insgesamt rund 22,13 Millionen Euro gegenüber. Allein die Ausgaben für Personalaufwendungen betragen 34 Prozent. Der Großteil dieser Aufwendungen fällt mit 55 Prozent im Kindergartenbereich an. "Auch bei der Grundstücks- und Gebäudeunterhaltung planen wir 2021 auf hohem Niveau", so Becker. Vor allem in den Unterhalt der Abwassereinrichtungen müsse investiert werden.
Auch im Finanzhaushalt sieht es nicht besser aus: "Wir müssen feststellen, dass in 2021 die Entwicklung so dramatisch ist, dass die Auszahlungen größer sind als die Einzahlungen. Allein für die laufende Verwaltungstätigkeit haben wir einen Zuschussbedarf von 172.000 Euro und müssen deshalb Geld aus der Rücklage entnehmen, um die laufendes Geschäft zu finanzieren", so Becker. Um die geplanten Investitionen mit einem Volumen von 14,5 Millionen Euro stemmen zu können, müsse man 2021 bis zu zwölf Millionen Euro neue Kredite aufnehmen. 2022 geht Becker von einer Kreditaufnahme von 6,8 und 2023 von 3,8 Millionen Euro aus. "Wenn wir nicht grundlegend etwas ändern, könnten wir in eine Überschuldung hineinlaufen", warnte Becker vor dem Hintergrund der langfristigen Perspektive.