"Der Hochwasserschutz ist ein Erfolgsmodell"
Abwasser- und Hochwasserschutzverband und Stadt Wiesloch stellen 4,3-Millionen-Maßnahme am Waldangelbach vor

Von Sebastian Lerche
Wiesloch. Große Bagger, tatkräftige Leute, eine klare Zielvorstellung und vor allem Hartnäckigkeit waren notwendig, um den bestmöglichen Hochwasserschutz am Waldangelbach in Wiesloch zu erreichen. Das wurde deutlich, als Josef Zöllner, technischer Geschäftsführer des Abwasser- und Hochwasserschutzverbands (AHW) mit Bürgermeister Ludwig Sauer und Meinrad Singler von der Fachgruppe technischer Service der Stadt den Bachausbau zwischen Freibad und Schwetzinger Straße vorstellte.
Seit Mai 2019 arbeitet der AHW hier, bis Mitte Oktober soll die Maßnahme fertiggestellt sein, wie Zöllner erläuterte. Das Wesentliche ist geschafft: Auf 450 Metern wurde der Waldangelbach fit gemacht für ein Hochwasser, wie es statistisch alle 100 Jahre vorkommt – inklusive "Klimawandelzuschlag" von 15 Prozent. Der Bach kann nun 25 Kubikmeter Wasser pro Sekunde sicher ableiten, früher wären etwa bei starken Regenfällen Freibad, Kleingartenanlagen, Wohngebiete und Firmengelände überschwemmt worden – so wie 1969 oder in den 1980er-Jahren geschehen.
Investiert wurden rund 4,3 Millionen Euro, wie Meinrad Singler erklärte. Vom Land gibt es Zuschüsse: 70 Prozent für den hochwassersicheren Ausbau und sogar 85 Prozent für die naturnahe Gestaltung und Zugänge für die Bürger, damit sie das Wasser erleben können. Rund 3,4 Millionen Euro erhält die Stadt Wiesloch also insgesamt an Fördermitteln.
Zu kämpfen hatte man laut Josef Zöllner mit Coronaverordnungen und Sicherheitsmaßnahmen, die kosteten Zeit. Geduld und Ausdauer waren bei den "nicht immer einfachen Grundstücksverhandlungen" gefordert, wie Bürgermeister Ludwig Sauer dankbar hervorhob: Josef Zöllner und sein Team hätten im Fall von Genehmigungen, Zuschuss-Anträgen, Zusammenarbeit mit den verschiedensten Behörden, etwa mit Naturschützern und Fischereisachverständigen, und nicht zuletzt bei der Einbeziehung der Bevölkerung hervorragende Arbeit geleistet.
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Direkt am Freibad verläuft der Bach nach wie vor in einem vergleichsweise engen Korsett aus schrägen, befestigten Uferwänden. Im Freibad, bis zum Olympiabecken, wurde jetzt eine Mauer aus Blocksteinen gezogen, um das Gelände vor Überflutungen zu schützen. Vom Gewerbegebiet Lempenseite aus führt hier ein Weg an den Bach und zu einer neu errichteten Brücke für Fußgänger und Radfahrer. Es handelt sich um eine "Messbrücke", die den Pegelstand elektronisch permanent an die AHW-Zentrale meldet.
Und ab hier in Richtung Schwetzinger Straße beginnt die größte Veränderung. Das Bachbett wurde vier bis fünf Meter verlagert: Es befand sich einst näher an der Kleingartenanlage, war laut Zöllner "steil und kerzengerade". Jetzt sind dort ein neuer Weg und ein naturnah gestaltetes Ufer. Der Bach hat dafür – dank der erwähnten Grundstückszukäufe, die teilweise noch laufen – Platz zum Mäandern erhalten. Die Schlingen sind nicht nur in der Lage, Hochwasser ohne Gefahr für den Menschen aufzunehmen, sie sind auch ein Lebensraum.
So hat Meinrad Singler beobachtet, dass Enten und andere Wasservögel den Bereich bereits in Beschlag genommen haben. Mehr Fische und andere Wasserlebewesen erwartet man hier ebenfalls, da Steine im Wasser, naturnahe Ufergestaltungen und Totholz – so war ein kürzlich angeschwemmter, hohler Baumstamm hochwillkommen – den Tieren Unterschlupf und Versteckmöglichkeiten bieten. Der um die Steine wirbelnde Bach reichert sich zudem mit Sauerstoff an, sodass die Wasserqualität steigt.
Ein Highlight dürfte der Spielplatz am Wasser werden: Klettergerüst und Wasserspiel (mit Trinkwasseranschluss) stehen bereits, aus Sicherheitsgründen ist das Areal aber noch gesperrt, auch wenn die Passanten, vor allem Kinder, die Eröffnung kaum erwarten können. "Bereits jetzt kommen die Leute gerne hierher", hat Ludwig Sauer beobachtet, "mit dermaßen großem Plaisir tummeln die Kinder sich am und im Wasser."
Nahe der Schwetzinger Straße, kurz bevor der Waldangelbach in den Leimbach mündet, sind die Verhältnisse zu eng für verschwenkte Bachläufe: Hier hat ein Schwerlastkran 39 Fertigwände aus Beton, jede 20 Tonnen schwer, platziert, sodass ein Hochwasser sicher eingedämmt wird. Sie wurden mit Naturstein verblendet, was besser aussieht und Kleintieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten kann.
Der Weg am Ostufer ist weit gediehen und Straßenlampen sind installiert, auf der Westseite, wo der Weg dann am Freibad endet, ist noch einiges zu tun. Dann aber können Fußgänger und Radler die neue Bachidylle direkt genießen – und die Mitarbeiter der Stadt Wiesloch können Ufer und Bach für Pflegemaßnahmen gut erreichen. Die Bepflanzung der Ufer soll jetzt im Herbst erfolgen: Laut Singler sind einige Bäume als Schattenspender geplant, dazu Sträucher, Stauden und Blühpflanzen, deren Auswahl man im Rahmen der ökologischen Aufwertung des Bachs mit den Behörden abstimmt. Die spontane Ansiedlung von Vegetation, ähnlich wie schon am Leimbach geschehen, ist erwünscht. Und schließlich sollen noch Sitzbänke aufgestellt werden, da hofft die Stadt wieder auf die Unterstützung von Spendern.
"Der Hochwasserschutz bei uns ist ein Erfolgsmodell", meinte Bürgermeister Sauer. Man könne sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass einst direkt am Bach eine Papierfabrik war, die ihr Abwasser hier einleitete (auf dem Gelände entstehen jetzt Wohnhäuser). Natürlich koste die Maßnahme viel Geld, biete aber auch mit der ökologischen Aufwertung und dem Erlebbarmachen des Wassers einen enormen Mehrwert, so Sauer, der Vergleiche zu den erfolgreichen Bachumgestaltungen in Rauenberg und Mühlhausen zog. In Baiertal starte demnächst in kleinerem Umfang eine ähnliche Hochwasserschutzmaßnahme, durch die der Bach in der Ortsmitte zudem besser zugänglich werde.