Jetzt fällt auch noch die letzte Eiche für das Neubaugebiet
Erhalt des Baumes nicht möglich - Arbeiten für Neubaugebiet würden wohl Wurzeln verletzen - Befall durch giftige Raupenart

Von Nicolas Lewe
Gaiberg. Für die alte Eiche auf der Gaiberger Streuobstwiese gibt es keine Chance mehr. Auch der letzte noch stehende Baum, den Verfechter seines Erhalts wahlweise als "Naturdenkmal" oder "Bilderbucheiche" bezeichnen, muss für das Neubaugebiet weichen. Das bestätigte jetzt Gaibergs Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel auf RNZ-Nachfrage.
Sie habe versucht, die Eiche zu erhalten, sonst wäre diese bereits im Februar gefällt worden, betont die Rathauschefin und fügt hinzu: "Wir haben alle Möglichkeiten geprüft." Aber eine Umplanung im jetzigen Stadium sei nicht mehr möglich. Das setze nämlich voraus, den mühsam aufgestellten Bebauungsplan noch einmal zu ändern. "Es müsste alles neu geplant werden", meint Müller-Vogel. Unter anderem könnten die Schallschutzgrenzen nicht mehr eingehalten werden. "Zudem würden wir wieder allen Kritikern des Baugebietes Tür und Tor öffnen", da eine neue Offenlage auch eine neue Möglichkeit biete, Einwände zu erheben.
In den vergangenen Wochen habe sie es manchmal schon fast bereut, so Müller-Vogel, im Februar noch mit der Abholzung der Eiche gezögert zu haben. Nun erreichten sie wieder Briefe und E-Mails, in denen Gaiberger sie aufforderten, den Baum als Biotop zu erhalten. Die alte Eiche sei "mehrfach wertvoll: für Tiere, Menschen und Klima". Sie zu erhalten, sei eine Chance, "für ein wenig Versöhnung im Dorf zu sorgen".
Mit der neu aufgeflammten Hoffnung "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und Natur sollte eigentlich vorgehen" wandte sich Ursula Perino direkt an die RNZ. Die Eiche könnte "ein Mittelpunkt des neuen Wohngebietes werden, der im Sommer ein lauschiges Plätzchen unter Schatten spendenden Ästen bietet".
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Bürgermeisterin Müller-Vogel bemerkt allerdings auch, dass die Eiche trotz ihres auf den ersten Blick prächtigen Aussehens nicht gesund ist. Es seien viele Verletzungen erkennbar, außerdem ist der Baum vom Eichenprozessionsspinner befallen. Aktuell hält deshalb ein rot-weißes Absperrband davon ab, der Eiche zu nahe zu kommen. "Er ist nicht gefährlich für die Bäume – und kann entfernt werden", meint Ursula Perino. Gaibergs Rathauschefin weist jedoch darauf hin, dass diese Raupenart dafür bekannt ist, immer wieder dieselben Bäume zu befallen. In einem künftigen Baugebiet, in dem viele Kinder herumtollen, sei das "bedenklich". Sie erinnert an die giftigen Brennhaare der Tiere, bei denen schon ein kleiner Windstoß genügt, um diese bis zu 100 Meter durch die Luft zu transportieren. Bei der Berührung mit der Haut kommt es zu juckenden Ausschlägen.
"Ich habe mich wirklich schwergetan", betont Müller-Vogel. Da aber im Endeffekt auch kaum zu vermeiden sei, dass bei den Grabarbeiten für den Erdwall des Neubaugebiets Wurzeln verletzt werden, könne die alte Eiche nicht erhalten werden. Den Kritikern des Vorhabens begegnet die Bürgermeisterin mit einer innovativen Idee: Sie habe sich bereits mit dem regionalen Holzsägekünstler Micha Reichert getroffen, der aus dem Holz der Eiche eine Bank mit einer Tierskulptur sägen kann, wie es sie in ähnlicher Form bereits rund um Heidelberg gibt – zum Beispiel in Mauer. Diese Bank soll über Spenden der Bürger finanziert werden. "Ich denke, viele Bürgerinnen und Bürger werden dafür gerne spenden", ist Müller-Vogel optimistisch. So bleibe den Gaibergern immerhin ein Teil der Eiche erhalten. Zudem verspricht die Bürgermeisterin nach Fertigstellung der Bauarbeiten wieder ein, zwei neue Eichen in diesem Bereich setzen zu wollen.
Die Eiche kann frühestens nach der Vegetationszeit im Oktober gefällt werden, informierte Müller-Vogel abschließend. Zuvor muss noch das Gesundheitsamt eine Freigabe zur Beseitigung des Eichenprozessionsspinners durch einen Schädlingsbekämpfer erteilen.
