Weinlese beginnt schon Anfang September
Am Montag wurde in der Pfalz der erste Federweißer geerntet – Junge Rebstöcke leiden unter der Trockenheit

Symbolfoto: dpa
Weisenheim/Wiesloch. (lrs/cab) In der Pfalz hat bereits am Montag die Ernte von Federweißem begonnen. Die Winzer dort, aber auch ihre Kollegen von der Bergstraße und im Kraichgau, rechnen mit dem Start der Hauptlese Anfang September. Noch sind die Bedingungen für den Wein gut. Auch die Mengen stimmen. Doch der Winzer weiß: Es kann noch viel passieren.
Mit einem Traubenvollernter wurden in Weisenheim am Sand im Kreis Bad Dürkheim Trauben der Sorten Solaris und Ortega geerntet. Einen "Spitzenjahrgang" erwartet Winzer Michael Schwindt. "Die Trauben sind schön prall", sagte der 45-Jährige. Die Lese des Federweißen, der als Vorbote des neuen Jahrgangs gilt, begann auch wegen der zeitigen Vegetation der Rebe recht früh. Mit 100 Grad Oechsle war der Zuckergehalt des Mostes außergewöhnlich hoch für diese frühe Zeit.
Sorgen bereite den Winzern in der Pfalz vor allem die Trockenheit, sagte Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Im Februar und März seien die Wasservorräte der Böden zwar etwas aufgefüllt worden. Seitdem gebe es aber wieder viel zu wenig Niederschläge. Außerdem seien sie regional extrem unterschiedlich verteilt. "Insgesamt aber sind die Voraussetzungen für einen mengenmäßig und qualitativ guten Jahrgang gegeben", betonte Büscher.
Immer öfter sollen Tröpfchenbewässerungsanlagen gerade junge Reben am Leben halten, die unter der Trockenheit besonders leiden. "Wir haben den zweittrockensten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, das macht sich in den Weinbergen bemerkbar", sagte Büscher. Leichte Böden besäßen keine Wasserspeicherkraft wie etwa Tonböden.
Auch die Folgen der Corona-Pandemie trifft die Weinbauern. Winzer Schwindt sagte, Weinfeste und Gastronomie mit Ausschank von frischem heimischem Wein fielen weg. "Corona kostet uns 25 Prozent, auch vom Umsatz. Das kann man nicht komplett auffangen".
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"Im Vergleich zu anderen Branchen haben wir die Krise einigermaßen gut überstanden", so Büscher. Im Einzelhandel und im Direktverkauf habe es auch Absatzzuwächse gegeben, zudem sei der Onlinehandel zum Teil um 50 Prozent gewachsen. "Insgesamt ist die Branche mit einem blauen Auge davongekommen." Der Durchschnittsertrag von Wein lag in den vergangenen Jahren in Deutschland bei etwa 8,7 Millionen Hektoliter pro Jahr. Der rechnerische Pro-Kopf-Verbrauch beträgt derzeit rund 20,1 Liter.
Der neue Wein gibt einen ersten Vorgeschmack auf den neuen Jahrgang. Bei Temperaturen um die 25 Grad Celsius über die meiste Zeit des Sommers hätten sich die Reben optimal entwickeln können, sagte Büscher.
"Es sieht alles sehr gesund aus", sagte auf RNZ-Anfrage auch Werner Bauer, der Vorstandschef und Geschäftsführer der Genossenschaft "Winzer von Baden" mit Sitz in Wiesloch. Sicher bräuchten die Reben noch etwas Wasser: "Aber eigentlich ist es noch nicht dramatisch." Auch bei den "Winzern von Baden" geht man momentan von einem Start der Hauptlese frühestens in der ersten Septemberwoche aus. Am Montag nächster Woche wollen sie ihren Neuen Wein ernten – beim roten der Sorte Regent, beim weißen ebenfalls Solaris, eine pilzwiderstandsfähige Sorte. Bauer rechnet in der Hauptlese mit normalen Erträgen: "Das wird bei uns nicht übermäßig." Dabei könnte man Menge gut gebrauchen: "Unsere Keller sind recht leer."
Der frühe Start, so Bauer, habe auch sein Gutes. Bei der Lese im Oktober bestehe immer die Gefahr von Fäulnis und Pilzbefall, wenn es regnet. Sein Kollege Winfried Krämer, Aufsichtsratschef der Schriesheimer Winzergenossenschaft, ist schon mit dem Blick auf die kommenden Wochen zurückhaltender. "Wenn es wieder viel Regen gibt in den nächsten zwei Wochen, wie es bei uns so üblich ist, dann kann das die Pläne über den Haufen werfen, und wir bekommen Druck." Laufe alles nach Plan, dann werde auch die Schriesheimer WG in der ersten oder zweiten Septemberwoche loslegen. An der Badischen Bergstraße ist die Aussicht auf einen in Menge und Qualität hervorragenden Jahrgang etwas Trost für die spürbaren Folgen der Corona-Krise.