Unter der Autobahn über den Neckar radeln
Diese charmante Idee könnte bald Realität werden - Gemeindeverwaltung soll Machbarkeit prüfen

Von Doris Weber
Dossenheim. Vielleicht ist die Zeit endlich reif für eine neue Rad- und Fußwegverbindung über den Neckar hinweg. Schon lang ist man in der Bergstraßengemeinde der Ansicht, dass eine zusätzliche Querung über den Neckar sinnvoll wäre. Der Technische Ausschuss wählte jetzt hierfür einstimmig einen Favoriten: Die vorhandene Autobahnbrücke der Autobahn A5 soll genutzt werden, um mit einem angehängten Radweg von der Dossenheimer Neckarseite nach Wieblingen zu gelangen. Der Ausschuss beauftragte die Verwaltung, die Umsetzung einer solchen Neckarquerung für Radfahrer und ihre Bedingungen wie beispielsweise Fördergelder zu prüfen.
Den neuerlichen Impuls für eine Neckarquerung für Radfahrer hatten die in der Region geplanten Radschnellwege gegeben. Deshalb hatten die Freien Wähler beantragt, den schon 2013 vom Heidelberger Architekten Till Schweizer mit Hinblick auf die "Internationale Bauausstellung" entwickelten Radwegentwurf in einer Sitzung vorzustellen.
Parallel zu diesem Vorstoß hatte sich im örtlichen Arbeitskreis Mobilität eine Gruppe ebenfalls mit dem Thema beschäftigt und eine eigene Variante erarbeitet für eine Radwegverbindung über den Neckar hinweg. Sie basiert auf der Nutzung der Autobahnbrücke, die als Idee seit den 80er Jahren immer mal wieder durch Dossenheim geisterte, aber nie den Status loser Gedankenspiele überschritt. Florian Knappe und Albrecht Kern – beide sind Mitglieder im Mobilitätsarbeitskreis – stellten den Ausschussmitgliedern nun ein durchdachtes Konzept vor, in dem auch die An- und Verbindungen überzeugend dargestellt wurden. Flächenverbrauch, -versiegelung und Naturschutz hatten ebenfalls Berücksichtigung gefunden.
Der Radweg selbst würde dem Knappe-Kern-Vorschlag zufolge 3,30 Meter unterhalb der östlichen A5-Fahrbahn an die Brückenkonstruktion angedockt. Mit einer Breite von drei Metern, die eine Nutzung im Gegenverkehr erlaubt, wäre der per Geländer abgesicherte Radweg von der über den Neckar auskragenden Autofahrbahn überdacht.
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Entscheidend: Mithilfe einer Radwegnutzung der Autobahnbrücke könnten nach bislang vorliegender Planung die Radschnellwege Mannheim-Heidelberg und Darmstadt-Mannheim über Heidelberg auf Höhe der Bergstraßengemeinde miteinander verbunden werden. Das ist der praktische Vorteil in diesem Bereich. Mit dem Anheften an die Autobahn blieben außerdem die ausgewiesenen Naturschutzgebiete am Neckar unangetastet.
Kern stellte eine Streckenführung vor, die mit ihrer Anbindung an vorhandene Radwege überdies wenig Landschaft verbraucht. Sie schlägt keine neuen Schneisen, sondern nutzt oder schließt unmittelbar an Vorhandenes an.
Bilder zeigten zudem, dass derartige Radwegkonstruktionen an bestehenden Brücken real existieren und keine Fantasiegespinste sind: In Bremen geht es auf der Stephanibrücke unterhalb einer Bundesschnellstraße über die Weser, in Görlitz unter der Autofahrbahn der Stadtbrücke über die Lausitzer Neiße nach Polen. Und in Neckargemünd steht eine Eisenbahnbrücke, deren untere Ebene als Neckarquerung für Fußgänger und Radfahrer dient.
Für die Dossenheimer Konstruktion benannten Knappe und Kern im Ausschuss einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag als Kostenschätzung. Ein Großteil davon könnte durch Fördermittel des Bundes eingeholt werden – die Töpfe für Radprojekte sind üppig und in den vergangenen Jahren selten komplett abgerufen worden. Der Neubau einer gesonderten Radbrücke bewege sich dagegen im zweistelligen Millionenbereich.
Architekt Schweizer hatte zuvor seine Radwegvariante präsentiert. Sie führt am Wasserkraftwerk der Schleuse Schwabenheim vorbei und dann via neuer Brücke über Neckarkanal und Altneckar. Als Vorteil dieser Route nannte er die Unabhängigkeit von Bundesbehörden. Mit der anderen Variante hänge man an der Bundesautobahn mit noch unklarer Statik über der Bundeswasserstraße Neckar. Eine Kontaktnahme mit den hierfür zuständigen Stellen gestalte sich schwierig, sagte Schweizer. Das wisse er aus eigener Erfahrung.
"Die Kosten und das ganze Projekt stehen und fallen damit, ob die Brückenstatik mitspielt", bestätigt Knappe auf RNZ-Nachfrage. Bisherige Gespräche mit Gemeinde und Experten stimmten aber optimistisch. Und auch aus dem Heidelberger Rathaus hat sich Dossenheims Bürgermeister David Faulhaber für die Überlegungen grünes Licht geholt.