Gastronomie

Die "erweiterte Außenbewirtschaftung" kommt in Heidelberg gut an

Die Heidelberger Gastronomen würden Parkplätze und Ladezonen gerne auch nach der Corona-Zeit weiter bestuhlen. Wird aus der Not eine Tugend?

10.07.2020 UPDATE: 11.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden
Essen im Freien kann man derzeit an vielen Orten im Stadtgebiet. Die Gäste des Restaurants „Zum Roten Ochsen“ sitzen bei schönem Wetter auf dem Karlsplatz mit Blick auf die Schlossruine. Foto: Philipp Rothe

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Es wirkt in diesen Tagen fast so, als läge Heidelberg nicht am Neckar, sondern am Mittelmeer. Überall in der Stadt begegnen einem Stühle, Tische und Sonnenschirme – auch dort, wo früher keine standen, auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen und Ladeflächen. Der Grund: Viele Gastronomen haben ihre Außenbewirtschaftung erweitert oder bieten diese überhaupt zum ersten Mal an. Die Stadt hat dies kurzerhand und unbürokratisch möglich gemacht und verzichtet außerdem auf Gebühreneinnahmen von rund 400.000 Euro. Die Sonderregelung für die Außenbewirtschaftung gilt – Stand jetzt – aber nur für dieses Jahr.

Ginge es nach Gilbert Jakkomuthu, Geschäftsführer des Restaurants "Saffron" in der Bahnhofstraße, könnte diese Regelung ruhig länger Bestand haben. Seit Montag erstreckt sich unmittelbar vor seinem Restaurant eine kleine Terrasse mit sechs Tischen und zwölf Plätzen. Normalerweise parken hier Autos, nun hat Jakkomuthu Paletten zur Begrenzung aufgestellt, begrünt mit Pflanzen und Palmen – eine kleine Oase inmitten des sonst eher tristen östlichen Teils der Bahnhofstraße. "Es hat mich selbst überrascht, dass es so schön aussieht", sagt der 45-Jährige. Das Restaurant habe ein ganz anderes Flair bekommen. Und auch die Umgebung, findet Jakkomuthu, profitiert davon. "Viele Gäste und Passanten sagen mir: So etwas hat in dieser Ecke bisher gefehlt."

Jakkomuthu hat das Restaurant 2015 eröffnet. Fünf Jahre danach kann er seine Gäste erstmals auch draußen bewirten. Normalerweise laufe sein Lokal nur im Winter gut. Im Sommer sei wegen der fehlenden Außenbestuhlung kaum etwas los. Er habe schon länger über ein Konzept für eine Außenbewirtschaftung nachgedacht, sagt er. Die Umsetzung sei bislang auch an dem großen bürokratischen Aufwand gescheitert. Doch nun ging alles ganz unkompliziert und schnell. "Ich muss die Stadt da wirklich loben", sagt Jakkomuthu. Jetzt, da die Terrasse schon einmal da ist, will er sie nicht missen. "Ich würde mir wünschen, dass das bleibt." Jakkomuthu hat auch schon eine Idee, wie das gehen könnte: Im Winter parken wie gewohnt die Autos auf den Parkplätzen, im Sommer serviert er dort indisches Essen.

In der östlichen Bahnhofstraße in der Weststadt hat Gilbert Jakkomuthu, Inhaber des „Saffron“, auf einer Parkfläche eine kleine Oase geschaffen. Foto: Philipp Rothe

Italienisch statt indisch gibt es im "Casa Mia" in der Schillerstraße. Im Sommer 2019 speisten und tranken die Gäste dort auf dem Gehweg, jetzt haben sie dafür auch auf der Straße Platz. "Wenn es das Wetter zulässt, sitzen die Leute einfach gerne draußen", sagt Geschäftsführerin Monika Lenk. Auch sie ist froh über das Entgegenkommen der Stadt. Denn finanziell erlebe ihr Restaurant nicht gerade die besten Zeiten. Durch den neu gewonnenen Platz kann Lenk trotz geltender Abstandsregeln in etwa die gleiche Zahl an Außenplätzen wie im letzten Jahr anbieten. "Dieser Außenbereich ist für uns ein Geschenk." Noch sieht dieser Bereich mit seinen schilfrohrverzierten Absperrzäunen zwar etwas improvisiert aus. Das liege aber vor allem daran, dass nicht klar sei, ob man die eigentlichen Parkplätze nach Ende des Jahres wieder räumen müsse, sagt Lenk. "Es wäre natürlich toll, wenn wir das auch weiterhin nutzen könnten."

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Beim Café Nomad in Neuenheim frühstücken und brunchen die Gäste seit Mitte Juni auf einer Ladezone. Dort haben nun bis zu 20 Personen gleichzeitig Platz. Vor Corona durften die beiden Geschäftsführer Suna Aslan und Ellis Osabutey nur unmittelbar an der Hauswand des Cafés bestuhlen. Ohne die neu gewonnenen Sitzplätze, sagt Aslan, könnte man nur schwer überleben. "Der Raum wird super angenommen." Auch die Rückmeldung vieler Nachbarn sei positiv. Aslan wünscht sich, dass aus der Zwischen- eine Dauerlösung wird, denn: "Jetzt ist die Möglichkeit da, die Stadt noch lebenswerter zu machen."

Ob Provisorium oder nicht – die Lösung aller Probleme ist die erweiterte Außenbewirtschaftung für Philipp Spengel, den Inhaber des "Roten Ochsen" in der Altstadt, nicht. Zwölf Tische hat er nach städtischer Genehmigung auf dem Karlsplatz aufgestellt, wo die Gäste nun mit Blick auf die Schlossruine speisen können. Vor vielen Jahren schon habe er auf dem Platz Stühle und Tische gehabt, das Ganze irgendwann aber wieder eingestellt. "Es war zu kostenintensiv und abgelegen." Das Traditionslokal lebe in erster Linie von seinem Flair im Inneren, sagt Spengel. Die derzeitige Außenbestuhlung helfe zwar, einigermaßen über die Runden zu kommen. "Von unseren eigentlichen Umsätzen sind wir aber weit entfernt." Über eine Zukunft der Außenbewirtschaftung will Spengel deshalb noch nicht nachdenken. Die Frage, sagt er, sei gerade eine andere: "Wie kann man als Restaurant überhaupt überleben?"

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