Personalabbau und Restrukturierung bei Odenwald-Chemie (Update)
90 Arbeitsplätze werden bis 2022 gestrichen - Schaumstoff-Verarbeitung wird nach Tschechien verlagert

Das 2018 errichtete Verwaltungsgebäude der Odenwald-Chemie in Neckarsteinach. Foto: Odenwald Chemie
Von Barbara Klauß und Christoph Moll
Schönau/Neckarsteinach. "Harte Einschnitte bei der Belegschaft" hat der Automobilzulieferer Odenwald-Chemie mit Sitz in Schönau angekündigt. Bis Ende 2022 sollen am Standort in Neckarsteinach 90 der knapp mehr als 300 Arbeitsplätze abgebaut werden, wie das Unternehmen gestern mitteilte. Noch in dieser Woche werde 32 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. Als Gründe wurden die Automobilkrise, die Herausforderungen durch den Brexit und der drastische Geschäftseinbruch in der Corona-Krise genannt.
Einen Teil der Produktion, die PE-Schaumstoffverarbeitung, plant Odenwald-Chemie bis Ende November nahezu vollständig von Neckarsteinach zur Tochtergesellschaft nach Tschechien zu verlagern. "In Deutschland ist der Betrieb aufgrund der Kostensituation nicht mehr wirtschaftlich", hieß es. "Die Alternative wäre, das gesamte Unternehmen in die Insolvenz gehen zu lassen," wurde der kaufmännische Geschäftsführer Andreas Störmann zitiert. Zudem ind laut Mitteilung "harte Einschnitte bei den Mitarbeitern in Produktion und Verwaltung sowie Vertrieb" vorgesehen.
Dieser Restrukturierungsplan sei in enger Abstimmung mit Kapitalgebern, dem Betriebsrat und Beratern entstanden, hieß es in der Mitteilung. Bereits seit November 2019 werde die natürliche Fluktuation in der Belegschaft genutzt – Stellen, wenn etwa ein Kollege in Rente ging, also nicht nachbesetzt. Zudem kündigte Odenwald-Chemie am Standort Neckarsteinach erhebliche organisatorische Änderungen an.
Über diese Änderungen hat die Geschäftsführung die Belegschaft am Dienstag in einer Betriebsversammlung informiert. "Die Stimmung bei den Mitarbeitern war sehr gedrückt", erklärte der zuständige Gewerkschaftssekretär Max Nothaft von der IG BCE Mannheim. Auch er selbst sei erschüttert. Die 32 betriebsbedingten Kündigungen nannte er "eine katastrophal hohe Zahl". Die restlichen 60 Stellen werden ihm zufolge etwa über Renteneintritt oder Auflösungsverträge abgebaut. Vier Wochen hätten sie nun über Sozialplan und Interessenausgleich verhandelt "und es geschafft, die Lösung so sozialverträglich wie möglich" zu gestalten. Nun führe er Gespräche mit anderen Unternehmen in der Umgebung – um eventuell Lösungen für die Gewerkschaftsmitglieder zu finden.
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Für Herold Pfeifer kam die Hiobsbotschaft des Stellenabbaus nicht ganz überraschend. Der Neckarsteinacher Bürgermeister hatte bereits von Plänen zur Verlagerung der Produktion nach Tschechien gehört. "Odenwald-Chemie ist für Neckarsteinach und die Umgebung ein sehr wichtiges Unternehmen", betonte der Rathauschef. Sowohl was Arbeitsplätze als auch Gewerbesteuerzahlungen angehe, sei Odenwald-Chemie eines der größten Unternehmen am Ort. Pfeifer hofft nun, dass möglichst viele Arbeitsplätze in Neckarsteinach erhalten bleiben – zumal hier erst vor anderthalb Jahren ein neues Verwaltungsgebäude eingeweiht wurde.
Schönaus Bürgermeister Matthias Frick bestätigte, dass sich der Firmensitz trotz des Umzugs nach Neckarsteinach nach wie vor im Klosterstädtchen befindet, wo noch zeitweise in einer Halle produziert werde. Der Großteil des Areals sei allerdings vom Messtechnik-Unternehmen Schwarzbeck übernommen worden. "Auch Schönauer werden vom Stellenabbau bei Odenwald-Chemie betroffen sein", bedauerte Frick. "Das ist alles andere als eine positive Nachricht." Die Odenwald-Chemie GmbH ist ein Familienunternehmen mit mehr als 70-jähriger Tradition als Schaumkunststoff-Verarbeiter. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte die Gesellschaft mit 313 Beschäftigten in Deutschland einen Umsatz von 41,6 Millionen Euro.
Update: Mittwoch, 27. Mai 2020, 19.17 Uhr
Schönau. (RNZ/rl) 90 Arbeitsplätze will die Odenwald-Chemie GmbH bis Ende 2022 abbauen. Diese und weitere Maßnahmen seien notwendig, um den Bestand des Unternehmens zu sichern. Darüber informierte das Unternehmen am gestrigen Dienstag auf einer Betriebsversammlung die Mitarbeiter. Das Unternehmen befinde sich in einer dramatischen Lage, hieß es. Automobilkrise, Brexit-Herausforderungen und Corona-Krise hätten die Unternehmensgruppe schwer getroffen.
Hintergrund
Die Odenwald-Chemie GmbH mit Sitz in Schönau ist ein Familienunternehmen mit mehr als 70-jähriger Tradition als Schaumkunststoff-Verarbeiter. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte die Gesellschaft mit 313 Beschäftigten in Deutschland einen Umsatz von 41,6 Millionen
Die Odenwald-Chemie GmbH mit Sitz in Schönau ist ein Familienunternehmen mit mehr als 70-jähriger Tradition als Schaumkunststoff-Verarbeiter. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte die Gesellschaft mit 313 Beschäftigten in Deutschland einen Umsatz von 41,6 Millionen Euro. Die Odenwald-Gruppe bedient mit ihren Tochtergesellschaften, Beteiligungen und strategischen Partnern ihre Kunden, im Wesentlichen aus der Automobilindustrie, weltweit.
Der Restrukturierungsplan sei in enger Abstimmung mit Kapitalgebern, Betriebsrat und Beratern entstanden. Dabei soll es harte Einschnitte bei den Mitarbeitern in Produktion und Verwaltung sowie Vertrieb geben. Seit November werde die natürliche Fluktuation in der Belegschaft genutzt. Zudem soll es jedoch noch in dieser Woche weitere 32 betriebsbedingte Kündigungen geben. Außerdem soll die PE-Schaumstoff-Verarbeitung bis Ende November 2020 vollständig zu einer Tochtergesellschaft nach Tschechien verlagert werden.
Der Betrieb in Deutschland sei wegen des Kostendrucks der Kunden, der hohen Arbeits- und Energiekosten nicht mehr wettbewerbsfähig: "Die Alternative wäre, das gesamte Unternehmen in die Insolvenz gehen zu lassen", sagt der kaufmännische Geschäftsführer Andreas Störmann. Unternehmensleitung und Betriebsrat sehen in der Verlagerung eine realistische Chance, trotz der im Moment noch verschärften Wirtschaftslage aufgrund der Corona-Krise, den heimischen Standort nach den Sanierungsmaßnahmen erfolgreich weiterzuentwickeln.
Bereits 2014 standen die den beiden Standorte der Odenwald-Chemie in Schönau und Neckarsteinach teilweise zur Debatte. Geschäftsleitung und Eigentümer der Firma kündigten damals an, Teile der Produktion in Schönau an den schon bestehenden Standort Kadan in Tschechien zu verlagern. Grund war die "unbefriedigende Ertragslage" des Unternehmens, das seit 1949 Kunststoffteile vor allem für die Automobilindustrie fertigt.