Rettigheimer Initiative näht Mund-Nase-Masken
"Hilfsbereitschaft ist überwältigend" - Seniorenheime und Supermärkte dankbare Abnehmer

Rettigheim. (seb) "Zuerst hieß es: brauchen wir nicht." Aber jetzt sind Interesse an und Dankbarkeit für das ehrenamtliche Engagement von Ulrike Biesel-Weidig und ihren Mitstreiterinnen groß. Die Rektorin der Rotenberger Schlossbergschule hat in Rettigheim, wo sie wohnt, vor gut zwei Wochen eine Initiative gestartet, um Mund-Nase-Masken zu nähen.
In der Corona-Krise sind die üblichen Einwegmasken ein rares Gut geworden – und teuer, hat nicht nur Ulrike Biesel-Weidig beobachtet: Statt wenigen Cent seien es jetzt mehrere Euro. Sie stellt gleich klar, dass ihre Masken eine medizinische Ausstattung sicher nicht ersetzen könnten: "Aber auch das Robert-Koch-Institut bestätigt, dass sie einen gewissen Schutz darstellen: Vor allem den der anderen Menschen, falls man selbst ansteckend sein sollte." Wenn jeder eine trage, sei schon viel gewonnen. Dafür plädiert Ulrike Biesel-Weidig: für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.
Mit Nähen ist es übrigens nicht getan: Das Team legt wert darauf, Drahtbügel für einen besseren Sitz der Maske einzubetten, die aber sorgfältig eingearbeitet werden müssen, damit sie sich nicht lösen oder beim Waschen herausrutschen und womöglich die Maschine beschädigen. Ein Tipp ist auch, Zellstoff oder Kaffeefilter in die Maske zu legen, damit sie durch die Atemluft nicht zu schnell feucht wird.
In Seniorenheimen in Mühlhausen und Malsch sowie auch in Supermärkten habe sie dankbare Abnehmer gefunden, berichtet Biesel-Weidig. Auch Arztpraxen, Apotheken, Physiotherapeuten oder Privatpersonen, die wegen ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören, wolle man damit versorgen.
Natürlich kostenlos, betont Biesel-Weidig, die aber bei Spenden nicht Nein sagt, an die 300 Euro seien bereits zusammengekommen "und ich habe noch gar nicht alles erfasst". Das Geld will sie natürlich nicht behalten, auch das Material für die Masken wird ihr gespendet: Nein, die Einnahmen sollen beispielsweise an "Ärzte ohne Grenzen" fließen, die derzeit vor der Herausforderung stehen, in Flüchtlingslagern für die Eindämmung der Corona-Pandemie zu sorgen.
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Es kommen nicht nur immer mehr Abnehmer hinzu: Auch die Zahl ihrer Mit-Näherinnen wächst. "Inzwischen sind es 22 Näherinnen, jung und alt, Schülerinnen ebenso wie Profis." Sie allein fertigte circa 80 Masken an, musste aber erkennen, dass es angesichts des Bedarfs so nicht weitergehen kann. Sie nahm Kontakt zu Mühlhausens Bürgermeister Jens Spanberger auf, der einen öffentlichen Aufruf startete und die Initiative zudem auf der Gemeinde-Homepage vorstellte.
Jetzt kann Ulrike Biesel-Weidig bereits auf über 1000 verteilte Masken zurückblicken. Eine Schülerin, die Erfahrung mit dem Nähen für Karnevals-Garden hat, habe ihre Freizeit genutzt, um über 200 Masken herzustellen, "das ist einfach toll". Ihre Initiative ruft sehr zur Freude aller Beteiligten eine überwältigende Hilfsbereitschaft hervor, kaum war eine Nähmaschine kaputt gegangen, wurde ein Ersatz gespendet, um Stoff muss sich das Team auch keine Sorgen machen, das geht oft auf dem ganz kurzen Dienstweg, per Handy.
"Eine ältere Dame brachte ihre kostbare Damast-Bettwäsche vorbei und bat nur darum, eine der daraus gemachten Masken zu bekommen, als Andenken." Da gebe es viele rührende Geschichten zu erzählen, so Biesel-Weidig. Mit einer professionellen Schneider-Nähmaschine will man demnächst noch mal effizienter in die Fertigung gehen.
Zu haben sind ihre Masken beispielsweise am Mühlhausener Rathaus, bei ihr zuhause in Rettigheim und am Tairnbacher Dorflädl. Weitere Spenden oder Unterstützer sind willkommen. Die Initiative ist nicht mehr per Telefon zu erreichen, so Biesel-Weidig, "das war ein einziges Dauergeklingel", daher informiert man sich am besten auf der Internetseite www.muehlhausen-kraichgau.de