Stadt sagt Sommertagszug und weitere Veranstaltungen bis 19. April ab
Vorfahrt für die Gesundheit aller: Auch der Pflänzeltag und Blütenwegfest finden wegen Corona nicht statt.

Von Philipp Weber
Weinheim. Egal ob Sommertagszug, Pflänzeltag, Blütenwegfest oder Streetfood-Tour: Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung hat die Stadt Weinheim bis Sonntag, 19. April, alle größeren und die allermeisten kleineren Veranstaltungen abgesagt. Zuvor war ein Krisenstab im Rathaus zusammengetreten. Diesem gehörten auch Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Feuerwehr an. Einen Teil der betroffenen Events kann die Stadt selbst absagen, da sie Veranstalterin ist. Bei Aktionen wie dem Pflänzeltag oder der zunehmend beliebten Streetfood-Tour gab es Absprachen mit den Veranstaltern. "Die Gesundheit der Menschen geht vor", so OB Manuel Just im Anschluss an die Sitzung. Die Stadt fahre einen klaren Kurs, um der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus entgegenzuwirken.
Dass es massive Einschnitte geben würde, war Beobachtern spätestens am Mittwochabend klar: Bereits zu Beginn der Gemeinderatssitzung deutete OB Manuel Just an, wie ernst er die Lage nimmt und wie unklar der weitere Verlauf der Corona-Krise auch in Weinheim ist. Spätestens nach diesen Sätzen galt als sicher, dass der für Sonntag, 22. März, geplante Sommertagszug nicht zu halten sein würde. Dennoch ist Just keineswegs allein für die Absage verantwortlich. Im Gegenteil: Dieses Vorgehen entspricht einem Erlass des Landesministeriums für Soziales und Integration, der sich an die Gesundheitsämter richtet.
Das Ministerium ist als oberste Gesundheitsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass bei Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern oder Zuschauern keine effektiven Schutzmaßnahmen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des Erregers möglich sind. "Deshalb muss eine solche Veranstaltung abgesagt werden beziehungsweise ist die Durchführung der Veranstaltung ohne Zuschauer notwendig." Die Gesundheitsämter müssten die Ortspolizeibehörden dahingehend "beraten".
Die Stadt Weinheim werde den Erlass nicht infrage stellen, betonen die örtlichen Verantwortlichen. Betroffen ist also zunächst der Sommertagszug am übernächsten Sonntag, 22. März. In Absprache mit der Stadt hat auch der Verein Lebendiges Weinheim den Pflänzeltag am Sonntag, 29. März, abgesagt. Das für Sonntag, 5. April, angesetzte Blütenwegfest zwischen Großsachsen und Weinheim findet ebenso wenig statt wie die Osterwiese im Schlosspark. Ob die Streetfood-Tour im Schlosshof (17. bis 19. April) die letzte Veranstaltung bleibt, die auf direktes Betreiben der Stadt abgesagt wird, ist noch völlig offen.
Die Stadt stuft aber auch Veranstaltungen, die unterhalb der 1000-Personen-Grenze liegen, als riskant ein. Denn auch diese bergen Gefahren, vor allem wenn vorrangig ältere Menschen zu den Teilnehmern gehören. Das Land hält bei kleineren Veranstaltungen eine individuelle Einschätzung für notwendig: "Hinsichtlich der Risikobewertung gelten die Kriterien des Robert-Koch-Instituts. Je größer die Zahl der Teilnehmenden, desto wahrscheinlicher ist davon auszugehen, dass das Risiko eines nicht mehr kontrollierbaren Infektionsherds besteht", heißt es in dem Erlass, der übrigens unbefristet gilt.
Die Stadt Weinheim hat daraus die Konsequenz gezogen, praktisch alle Veranstaltungen und Treffen innerhalb der eigenen Zuständigkeit ebenfalls bis Sonntag, 19. April, einzustellen. Darunter fallen die Theatertermine der Kulturgemeinde in der Stadthalle sowie Veranstaltungen des Stadtjugendrings, der Stadtbibliothek und der Feuerwehr. Wo die Stadt nicht Veranstalterin aber Beteiligte ist, gilt die Absage ebenfalls.
Weiteren Veranstaltern im Stadtgebiet – ob Privatpersonen, Vereinen oder gewerblichen Veranstaltern – rät die Verwaltung dringend, genauso zu verfahren. In jedem Fall müssten die vom Robert-Koch-Institut herausgegebenen "Allgemeinen Prinzipien der Risikoeinschätzung" Beachtung finden. Die Stadt wolle mit gutem Beispiel vorangehen und vermeide auch Termine, bei denen wenige Menschen zusammenkommen und die nicht zwingend notwendig sind – etwa den Neubürgerempfang am Samstag oder die Bürger-Info-Veranstaltung zum Sanierungsgebiet "Westlich Hauptbahnhof" in der nächsten Woche. Dasselbe gilt für das Richtfest am Schulzentrum West, das für Freitag, 27. März, vorgesehen war sowie das Frühlingsfest für ehemalige Mitarbeiter der Stadt.
Von einer Schließung öffentlicher Dienststellen und Einrichtungen sieht die Stadt derzeit ab, rät aber dazu, "die Notwendigkeit von Behördengängen genau zu prüfen und Anliegen zunächst telefonisch vorzutragen". Die Verantwortlichen sind sich darüber im Klaren, dass sich die Lage derzeit täglich, wenn nicht gar stündlich ändern kann. Der Krisenstab unter Vorsitz von OB Just werde von jetzt an mindestens einmal pro Woche zusammentreten, um die Entwicklung engmaschig verfolgen und Entscheidungen treffen zu können.
Fällt also alles aus? Nicht ganz. Stadtführungen finden weiter statt, dies sei vertretbar, teilt die Stadt mit: "Die Teilnehmer können problemlos den empfohlenen Abstand von eineinhalb Metern einhalten."