Revision im Fall des Containerbrandes eingelegt (Update)
Verteidiger plädiert auf Beihilfe zur Brandstiftung

Waibstadt. (jou) Zwei Jugendliche (15 und 16 Jahre alt) sollen für fünf Jahre beziehungsweise vier Jahre und drei Monate in Haft, weil sie ein Feuer vor einem Wohncontainer gelegt haben, bei dem ein Mann ums Leben kam (wir haben berichtet). Nun hat der Pflichtverteidiger des 15-Jährigen Revision gegen das Urteil eingelegt. Seiner Meinung nach hätte das Gericht den jüngeren der beiden wegen Beihilfe zur Brandstiftung verurteilen müssen und nicht wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Solch eine Verurteilung hätte für seinen Mandanten zur Folge, dass er eine deutlich kürzere Haftstrafe bekommen würde.
Die zwei Jugendlichen hätten sich in dem Prozess gut verhalten, hätten zur Aufklärung beigetragen und sich in ihren Aussagen nicht widersprochen. Außerdem zeigten sie laut Rechtsanwalt Yalçın Tekinoglu Reue. Sie hätten sich bei den Angehörigen des Opfers, das bei dem Brand durch eine Rauchgasvergiftung im Schlaf starb, entschuldigt. Die jungen Männer hätten nicht die Absicht gehabt, "solch einen Schaden hervorzurufen" und den Mann zu töten, erklärte Tekinoglu. Das Feuer sei außer Kontrolle geraten.
Das sah die Jugendkammer des Heidelberger Landgerichts genauso. Daher blieb das Urteil auch unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die bis zu sieben Jahren Haft als angemessen sah. Wäre die Jugendkammer dem gefolgt, hätte nach Ansicht von Tekinoglu keine Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu Straftaten mit Tötungsabsicht geherrscht.
Seinen Mandanten habe er bereits im Vorfeld auf das mögliche Urteil vorbereitet, daher kam das für den 15-Jährigen nicht überraschend. "Wir waren darauf gefasst." Vier bis fünf Jahre Haft sei gerade für Jugendliche eine unglaublich lange Zeit. Sie kann aber auch als Chance gesehen werden, denn die beiden haben so die Möglichkeit, im Gefängnis eine Ausbildung zu machen. Das habe das Gericht in dem Urteil berücksichtig. Matthias Diefenbacher, der Strafverteidiger des Hauptangeklagten, sagte auf RNZ-Nachfrage, dass seine Mandanten bislang nicht vorhabe in Revision zu gehen.
Update: 11. März 2020, 19.30 Uhr
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Jugendliche erhalten Haftstrafe nach Brandstiftung mit Todesfolge im Waibstadt
Heidelberg/Waibstadt. (dpa) Weil sie einen Brand gelegt und dadurch den Tod eines Obdachlosen verursacht haben, wurden zwei Jugendliche zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht Heidelberg sah es am Dienstag als erwiesen an, dass die Angeklagten im Alter von 15 und 16 Jahren im September 2019 vor einem Wohncontainer in Waibstadt eine Wertstofftonne angezündet hatten. Damit hätten sie dem darin wohnenden 61-Jährigen einen Schreck einjagen wollen. Der Rauch war in das Innere der provisorischen Unterkunft gedrungen, wo der 61-Jährige an einer Kohlenmonoxidvergiftung starb.
Wegen Brandstiftung mit Todesfolge sollen der 16-Jährige und der 15-Jährige nach dem Willen der Jugendkammer fünf Jahre beziehungsweise vier Jahre und drei Monate in Haft (Az.: 3 KLs 301 Js 24030/19 jug.) Damit blieben die Richter unter dem von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenen Strafmaß von sieben Jahren und drei Monaten sowie sechs Jahren. Die Anklagebehörde hatte den Jugendlichen "Mordlust" attestiert. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren gefordert.
Einen Tötungsvorsatz der Minderjährigen konnten die Richter nicht erkennen. Aber sie sahen eine "leichtfertige Todesverursachung" der beiden. Die Angeklagten hatten den Tatablauf weitgehend eingeräumt.
Die Staatsanwaltschaft, die Verurteilten oder der Sohn des Verstorbenen als Nebenkläger können noch Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.
Update: 10. März 2020, 16.30 Uhr
Von Anjoulih Pawelka
Heidelberg/Waibstadt. Sie sollen einen Container angezündet haben, in dem ein Obdachloser wohnte, der bei dem Feuer starb. Seit Oktober sitzen sie deshalb in Untersuchungshaft. Am Montag hat nun der Prozess gegen die beiden damals 15 und 16 Jahre alten Jungen vor der Jugendkammer des Heidelberger Landgerichts begonnen. Die beiden Jugendlichen sind wegen Mordes angeklagt.
Sie könnten aber auch wegen Brandstiftung, fahrlässiger Tötung und vor allem wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt werden, wie einer der Pflichtverteidiger auf Anfrage unserer Zeitung erklärte. Da der Prozess, wie alle Verfahren vor der Jugendkammer, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, ist es auch der RNZ nicht möglich, aus dem Gerichtssaal zu berichten.
Im September vergangenen Jahres sollen die Jugendlichen frühmorgens eine abgestellte Mülltonne direkt vor der Tür des Wohncontainers angezündet haben. Dabei soll ihnen bewusst gewesen sein, dass sich im Container ein Mann aufgehalten hat. Das habe sich nun auch am ersten Verhandlungstag bestätigt, sagte der Pflichtverteidiger Yalçın Tekinoglu, der auch betonte, dass für ihn persönlich die Jugendlichen keine nachvollziehbare Erklärung abgegeben hätten, warum sie das taten. Es sei auch Alkohol im Spiel gewesen.
Die beiden Jungen hätten vor Gericht ausgesagt, sie hätten dem Mann einen "Schrecken einjagen wollen", sagte der Anwalt. Sie hätten wohl gedacht, in der Mülltone brenne nur ein kleines Feuer und versucht, den Mann auf eben dieses aufmerksam zu machen und gegen die Fensterscheibe geschlagen, bevor sie den Ort des Geschehens verließen.
Dadurch hätten sie nicht mitbekommen, dass sich das Feuer ausbreitete. Tekinoglu betonte auch, dass sich die beiden mutmaßlichen Täter vor Gericht in erhebliche Widersprüche verwickelt hätten. Bevor die Jugendlichen das Feuer legten, hätten sie wohl noch mit dem Opfer gesprochen. Der 61-jährige Mann, der auch von Zeugen als sehr freundlich beschrieben wurde, und der laut eines Gutachtens nicht alkoholisiert war, wollte das offenbar nicht.
Daraufhin hätten sie die Idee mit der Mülltonne gehabt. Die Frage nach dem Warum konnte dabei nicht geklärt werden. "Es gab keinen Grund, ihn umzubringen", sagte Tekinoglu. Er glaubt aber auch, dass die Jugendlichen nicht einschätzen konnten, was passiert. Auf ihn hätten die beiden Jungen wie Kinder gewirkt.
Ein dritter Junge, der wohl ebenfalls bei der Tat dabei war und gegen den die Polizei auch ermittelte, sagte am Montag als Zeuge aus. Er habe die Tat missbilligt, sich allerdings während der Verhandlung auch in Widersprüche verwickelt, berichtete der Rechtsanwalt. Ein Grund, warum die Verhandlung, die bereits um 8.30 Uhr begonnen hatte, bis in den späten Nachmittag dauerte.
Was geschieht nun mit den beiden Jungen, die laut dem Verteidiger eine "relativ normale Biografie" haben und bisher nicht schwerwiegend in Erscheinung getreten sind? Der maximale Strafrahmen, sagte Tekinoglu, seien sechs Jahre. Das Gericht sei bei der Tat nicht dabei gewesen, daher könne man nur versuchen, sich der Wahrheit zu nähern. "Vielleicht wird man nie herausfinden, was passiert ist."
Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt. Das Urteil könnte am 19. März verkündet werden.
Update: Montag, 24. Februar 2020, 19.41 Uhr